Die von den USA geführten Friedensgespräche mit Russland zur Beendigung des Krieges in der Ukraine haben die Europäische Union nicht dazu veranlasst, Pläne zum schrittweisen Ausstieg aus den Importen russischer fossiler Brennstoffe aufzuschieben. Dies erklärte Dan Jørgensen, EU-Kommissar für Energie und Wohnungswesen, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem European Newsroom (enr).
„Der Plan wurde verschoben, aber die Bemühungen nicht“, sagte Jørgensen gegenüber Journalisten.
„Wir arbeiten jeden Tag daran, russisches Öl loszuwerden, aber es ist keine unkomplizierte Angelegenheit.“
EU-Energiekommissar Dan Jørgensen
Der Plan für den Ausstieg sollte ursprünglich am 26. März veröffentlicht werden. Er wurde jedoch von der Kommission verschoben, ohne dass ein neues Datum genannt wurde. Jørgensen hatte versprochen, die Roadmap in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit vorzulegen. Diese Frist wurde nun verfehlt.
Es gab Spekulationen, die EU wolle Irritationen bei den Friedensgesprächen zwischen Washington und Moskau zur Ukraine vermeiden und zukünftige wirtschaftliche Beziehungen zum Kreml nicht aufs Spiel setzen.
Nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine stellte die Europäische Kommission die Initiative RePowerEU vor, eine umfassende Energiestrategie. Ihr Ziel ist es, vor 2030 unabhängig von russischen fossilen Brennstoffen zu werden und dem Kreml damit Einnahmen zur Kriegsführung zu entziehen.
Um dies zu erreichen, plant die EU, die Produktion erneuerbarer Energien auszuweiten, die Energieeffizienz zu verbessern und neue fossile Brennstoffe aus den USA, Norwegen und anderen Ländern zu importieren. Seitdem haben EU-Staaten den Import von Kohle sowie – mit einigen Ausnahmen – von Rohöl aus Russland verboten und sich verpflichtet, auch die Nutzung anderer fossiler Brennstoffe aus Russland zu reduzieren.
Wäre der Ausstieg aus russischen fossilen Brennstoffen einfach gewesen, „hätten wir es vor drei Jahren einfach gemacht“, sagte Jørgensen. Der Kommissar betonte, dass zwar kein neues Datum für den inzwischen zweimal verschobenen Plan bekannt gegeben wurde, die Verzögerung jedoch nicht monatelang andauern werde.
Putins Kriegskasse wird weiterhin gefüllt
Neben der globalen geopolitischen Lage müsse die Kommission auch die EU-Mitgliedstaaten berücksichtigen, „die am stärksten direkt von einem vollständigen Stopp russischen Gases betroffen wären“, sagte Jørgensen. Dabei verwies er auf Deutschland: Die größte Volkswirtschaft des Blocks ist weiterhin ein bedeutender Importeur russischer fossiler Brennstoffe wie verflüssigtes Erdgas (LNG).
Die Union hat ihre Importe von russischem Gas erheblich reduziert. Der Anteil der Gaslieferungen an die EU aus Russland – einschließlich Pipeline-Gas und verflüssigtem Erdgas (LNG) – ist von 45 Prozent im Jahr 2021 auf 15 Prozent im Jahr 2023 gesunken.
Die EU-Länder verbrauchen insgesamt auch weniger Gas – was bedeutet, dass der verbleibende Anteil von 15 Prozent aus Russland an einem deutlich kleineren Gesamtverbrauch gemessen wird. Norwegen und die USA sind inzwischen die größten Lieferanten der Union geworden.
Dieser Energieumbau sei zwar erfolgreich gewesen, sagte der Kommissar, wies aber darauf hin, dass die EU im gleichen Zeitraum „in Europa mehr Geld für den Kauf russischer fossiler Brennstoffe und Energie ausgegeben hat, als wir der Ukraine an Hilfe und Subventionen gewährt haben.“
„Wir haben eine Summe ausgegeben, die dem Preis von 2.400 neuen F-35-Kampfflugzeugen entspricht“, sagte er und betonte, dass die EU „indirekt dazu beiträgt, die Kriegskasse von [Russlands Präsident Wladimir] Putin zu füllen. (…) Wir müssen mehr tun, um unabhängig von russischen Importen zu werden.“
Streit um den Gastransit durch die Slowakei
Jørgensen betonte sein Engagement für die Lösung des Streits zwischen der Slowakei und der Ukraine über den Transit von russischem Gas. Seit Jahresbeginn steht der slowakische Premierminister Robert Fico im Konflikt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser stoppte den Transit von russischem Gas, auf das die Slowakei angewiesen ist.
Die Ukraine hat Länder, die weiterhin russische Energie kaufen, beschuldigt, Moskaus Kriegsmaschinerie zu unterstützen. Laut Fico sei Ukraines Entscheidung zum Transitstopp nicht nur eine leere politische Geste, sondern eine äußerst kostspielige Maßnahme, die die EU Milliarden Euro kosten werde.
Jørgensen sagte, die von der Kommission berechneten Zahlen zu den Kosten der ukrainischen Entscheidung seien „nicht dieselben“ wie die Daten der slowakischen Regierung. Er betonte jedoch, dass die Brüsseler Behörde stets bereit sei, EU-Mitgliedstaaten zu unterstützen, sollten sie sich mit einem Problem an sie wenden.
Dieser Artikel wird zweimal pro Woche veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf den Nachrichten der am European Newsroom beteiligten Agenturen.