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Die jüngsten Krisen haben selbst sparsame Länder wie Deutschland oder die Niederlande dazu veranlasst, sich in großem Umfang zu verschulden. Dies hat den Ruf nach Reformen laut werden lassen. Die strengen Schulden- und Defizitregeln der EU, bekannt als Stabilitäts- und Wachstumspakt, wurden angesichts der Covid-19-Pandemie vorübergehend ausgesetzt, und diese Aussetzung wurde aufgrund der explodierenden Energiepreise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine verlängert.

Die seitherigen Regeln sollten eigentlich ab 2024 wieder gelten. Die Europäische Kommission hat jedoch vorgeschlagen, hoch verschuldeten europäischen Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden und Haushaltsdefiziten zu gewähren.

„Wir stellen gleichzeitig die Gleichbehandlung und die Berücksichtigung länderspezifischer Situationen sicher“, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni Ende April auf einer Pressekonferenz.

Nach den geltenden EU-Ausgabenregeln darf das Haushaltsdefizit von Mitgliedstaaten 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten, und die Staatsverschuldung sollte unter 60 Prozent des BIP bleiben. Nach diesen Regeln müssen die Staaten jährlich 5 Prozent der Schulden zurückzahlen, die die 60-Prozent-Marke überschreiten. Für hochverschuldete Länder wirkt sich dies verheerend auf das Wachstum aus. Die Regeln stammen aus den 1990er Jahren, wurden schon vor der Pandemie oft missachtet und sollten auch damals bereits reformiert werden.

Der aktuelle Reformvorschlag behält das seitherige Ziel der Schuldenbegrenzung bei, bietet aber mehr Flexibilität durch länderspezifische Pläne zum Schuldenabbau. Die Positionen zu den Schuldenregeln und dem neuen Vorschlag sind in den einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich. Die „sparsamen“ nördlichen Länder, darunter Deutschland, wollen die strengen Regeln beibehalten, während südliche Staaten wie Italien sagen, dass sie ihre Investitionsmöglichkeiten einschränken. Die Schulden der EU-Mitgliedstaaten sind in den letzten 15 Jahren in die Höhe geschossen. Die EU will bis Ende dieses Jahres eine Einigung erzielen.

Berlin fordert verbindliche Zielvorgaben

Deutschland ist entschiedener Verfechter der Haushaltsdisziplin und befürchtet, dass die Reform die Haushaltsbeschränkungen der Europäischen Union zu sehr lockern und die Fairness innerhalb des Blocks untergraben wird.

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner wandte sich gegen die vorgeschlagenen Änderungen. „Deutschland kann keine Vorschläge akzeptieren, die auf eine Schwächung des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinauslaufen“, sagte er und fügte hinzu, dass „erhebliche Anpassungen“ erforderlich seien.

Ein Beamter der Europäischen Kommission kommentierte Lindners Einwände mit den Worten, sie erinnerten an ein „Rezept aus der Vergangenheit“.

Mit Blick auf die Reform der EU-Haushaltsregeln erklärte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis: „Wir leben in einer ganz anderen Welt als vor 30 Jahren. Andere Herausforderungen, andere Prioritäten“. Die neuen Regeln müssten diese Veränderungen widerspiegeln, fügte er hinzu.

Frankreich und Deutschland uneins

Es scheint, als versuche die Kommission, Deutschland mit einem Vorschlag zufrieden zu stellen, der besagt, dass die Mitgliedsstaaten ihr Defizit um 0,5 Prozent pro Jahr reduzieren müssen, wenn es 3 Prozent des BIP übersteigt.

Frankreich zeigte sich jedoch wenig erfreut über diese Modifikation. Der Schuldenstand des Landes beträgt aktuell rund 110 Prozent des BIP.

„Einige Punkte widersprechen dem Geist einer Reform … Wir sind gegen einheitliche automatische Regeln zum Abbau von Defizit und Schulden“, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire Ende April. Die von der Kommission vorgeschlagenen Kompromisse sehen weiterhin eine „allgemeine Ausweichklausel“ für den Fall einer schweren Wirtschaftskrise vor.

Mehrheit begrüßt länderspezifischen Ansatz

Der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem erklärte, er begrüße den Vorschlag sehr, insbesondere den länderspezifischen Ansatz. Er sagte, es sei wichtig, die Schulden zu reduzieren und sich gleichzeitig auf Investitionen und Reformen zu konzentrieren. Die derzeitige belgische Regierung will wieder auf Kurs kommen und das Haushaltsdefizit von 2024 bis 2026 um jeweils 0,8 Prozent pro Jahr auf 2,9 Prozent senken.

Die niederländische Finanzministerin Sigrid Kaag sagte, ihr Land sei von den Plänen „ziemlich angetan“, betonte aber die Bedeutung eines „glaubwürdigen Schuldenabbaus“, bei dem es gelte, den Überblick zu behalten. „Der Teufel steckt immer im Detail“, fügte sie hinzu.

Die spanische Finanzministerin Nadia Calviño, designierte Leiterin der Verhandlungen in der zweiten Jahreshälfte, sagte, sie werde „alles tun“, um die neuen Haushaltsvorschriften noch in diesem Jahr zu verabschieden. Spanien wird in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen und begrüßt den länderspezifischen Ansatz im Kommissionsvorschlag. Unterdessen sind sich Brüssel und Madrid uneinig über Spaniens Defizitprognosen. Die spanische Regierung hat errechnet, dass sie ihr Defizit bis 2024 auf 3 Prozent senken wird, wie es die EU-Budgetregeln vorschreiben, die dann wieder zur Anwendung kommen. Die Kommission geht allerdings davon aus, dass sich das Defizit des spanischen Staatshaushalts 2024 auf 3,3 Prozent erhöhen wird.

In Rom begrüßte Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti den Legislativvorschlag der Kommission als „einen Schritt nach vorn“, der es ermöglichen werde, nicht zum alten Pakt zurückzukehren. Giorgetti verhehlte jedoch nicht seine Enttäuschung über das Scheitern der so genannten „goldenen Regel“, die strategische Investitionen innerhalb der Haushaltsbilanz abzugsfähig gemacht hätte. „Wir hatten nachdrücklich gefordert, dass Investitionsausgaben – einschließlich der für die Nationalen Reformprogramme zur Digitalisierung und zum Grünen Deal typischen Ausgaben – bei der Berechnung des Ausgabenziels, an dem die Einhaltung der Parameter gemessen wird, nicht berücksichtigt werden. Wir stellen fest, dass dies nicht der Fall ist.“

Auf der Grundlage einiger technischer Simulationen, die in Brüssel kursieren, könnten die Anpassungen des italienischen Haushalts zu einer Verringerung des strukturellen Defizits um 0,85 Prozent pro Jahr im Falle eines 4-Jahres-Plans und um durchschnittlich 0,45 Prozent innerhalb eines 7-Jahres-Plans führen. Gleichzeitig ist Italien das einzige Land, das den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nicht ratifiziert hat und beabsichtigt, die Ratifizierung vom Ergebnis der Verhandlungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt abhängig zu machen. „Wenn man anfängt, alles mit allem zu verknüpfen, wird es schwieriger, Fortschritte zu erzielen“, warnte Kommissar Valdis Dombrovskis.

Der rumänische Finanzminister Adrian Câciu argumentierte, dass das Paket ein Gleichgewicht zwischen „Nachhaltigkeit (solide öffentliche Finanzen) und integrativem und nachhaltigem Wirtschaftswachstum (Bedarf an Reformen und Investitionen)“ herstellen sollte. Er fügte hinzu, dass der neue Rahmen ausreichende Bedingungen schaffen solle, um Investitionen in Mitgliedsstaaten mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder einem eingeschränkten finanzpolitischen Spielraum zu fördern.

Gegenwärtig beträgt die italienische Staatsverschuldung 144,4 Prozent des BIP und für Belgien wird Ende des laufenden Jahres ein Verschuldungsgrad von 106 Prozent erwartet – deutlich über den Zielvorgaben der Union.

Slowenien und Kroatien: Trifft die Methodik kleinere Staaten härter?

Währenddessen befürchtet Slowenien, dass es aufgrund der großen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten schwierig sein könnte, eine gemeinsame Methodik zur Messung des Schuldenstands zu finden. „In diesem Punkt ist der Basisvorschlag der Kommission nicht gerade nach unserem Geschmack“, sagte Finanzminister Klemen Boštjančič am 16. Mai in Brüssel. Das Land begrüßte jedoch den Ansatz des Vorschlags, sich auf die Überwachung der Schuldenentwicklung und nicht auf das strukturelle Defizit zu konzentrieren, vor allem weil letzteres sehr schwierig zu berechnen sei und die Ergebnisse je nach Methodik sehr unterschiedlich ausfallen könnten, sagte der Minister. Die größte Sorge Sloweniens ist, dass die Kommission bei der Methodik härter gegen kleine Mitgliedstaaten vorgehen könnte.

Der kroatische Finanzminister Marko Primorac erklärte, sein Land sei mit den aktuell geltenden Regeln zufrieden und unterstütze den neuen Vorschlag, der darauf abzielt, die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung zu verbessern und den Mitgliedstaaten mehr Autonomie bei der Gestaltung ihrer Finanzpolitik zu geben. Das vorgeschlagene Modell der Schuldentragfähigkeitsanalyse sei jedoch inakzeptabel, da es Kroatien unter die Hochrisikoländer einreihen würde. „Wir finden auch das derzeitige System absolut akzeptabel. Wir verstoßen nicht gegen die bestehenden Regeln, aber wir unterstützen jede Verbesserung, um die Transparenz und Einfachheit bei der Anwendung der Methodik zu erhöhen“, sagte Primorac am Dienstag in Brüssel nach dem Treffen der EU-Finanzminister. Laut Primorac handelt es sich bei der Schuldentragfähigkeitsanalyse um „ein sehr komplexes Modell, das auf einer Reihe von Annahmen beruht, die, wenn sie in das Modell einfließen, Kroatien in Bezug auf die Höhe der Staatsverschuldung als Hochrisikostaat einstufen. Angesichts unserer Haushaltslage trifft diese Einstufung jedoch nicht auf uns zu“. Er wies darauf hin, dass es angesichts der sehr guten Haushaltsergebnisse des Landes keinen Grund gebe, Kroatien in Bezug auf die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung als Hochrisikoland einzustufen.

Bulgarien arbeitet am Beitritt zur Eurozone

Bulgarien hofft nach wie vor, bis 2025 der Eurozone beizutreten und unter der Defizitgrenze von 3 Prozent zu bleiben. Im Jahr 2022 belief sich die Verschuldung des Landes auf 22,9 Prozent des BIP, wie aus vorläufigen Daten hervorgeht, die Ende April vom Nationalen Statistischen Institut veröffentlicht wurden. Der ehemalige stellvertretender Premierminister Nikolay Vassilev sagte, dass es Maßnahmen auf der Ausgabenseite des Haushaltsentwurfs geben müsse, um ein geringeres Defizit zu erreichen. Die fiskalische Reserve belief sich am 31. März auf umgerechnet über 6 Milliarden Euro.

EZB und IWF

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, spricht während eines informellen Treffens zwischen den EU-Finanzministern und den Zentralbankgouverneuren. Foto: Caisa Rasmussen/TT News Agency/AP/dpa

Die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) begrüßten die Vorschläge der EU zur Überarbeitung ihrer Budgetregeln zur Ankurbelung des Wachstum. Der IWF forderte allerdings stärkere Maßnahmen.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde sagte am 26. April, die Bank wisse „die Bemühungen der Kommission zu schätzen, einen Kompromiss mit den Mitgliedstaaten zu erreichen, da dies angesichts des Spagats, den man den Dokumenten entnehmen kann, bereits unsicher ist“. Außerdem äußerte Lagarde, es gebe „Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ländern, weil sie vor unterschiedlichen Herausforderungen stehen“.

Die nächsten Schritte

Die EU könnte den Pakt bis zum Ende des Jahres reformieren. Niemand möchte zur alten Regelung zurückkehren, und niemand möchte Zeichen der Unsicherheit in Bezug auf die EU-Vorschriften an die Märkte senden. Ein erster formeller Runder Tisch zum Pakt wird auf der Ecofin-Tagung Mitte Juni erwartet.

Dieser Artikel wird freitags veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.