Wien/Brüssel (APA) – Österreichs Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer von der konservativen ÖVP hat in zwei Briefen an die EU-Kommission Konsequenzen gegen die in Ungarn erhobenen Sondersteuern für Lebensmittelketten gefordert. Die Binnenmarktregeln müssten für alle gelten, rief Hattmannsdorfer die Kommission zum „raschen Handeln“ auf. Betroffen sind unter anderem österreichische Handelsketten wie „Spar“ oder „Hofer“.
In dem im Herbst 2024 eröffneten Vertragsverletzungsverfahren wurde im Juni 2025 eine Stellungnahme an Ungarn übermittelt. Die EU sieht einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit. Sollte die Reaktion aus Ungarn unzureichend ausfallen, könnte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein nächster Schritt sein.
Hattmannsdorfer schickte nun Briefe an Exekutiv-Vizepräsident Stéphane Séjourné und Vizepräsidentin Teresa Ribera. Es müsse ein konsequentes Vorgehen gegen diskriminierende Maßnahmen geben, die den freien Binnenmarkt unterlaufen, hielt er darin fest. Außerdem verlangte er eine rasche Prüfung der anhängigen Beihilfebeschwerde.
Sondersteuer seit 2022
Ungarn hebt im Lebensmitteleinzelhandel seit 2022 eine Sondersteuer ein, die bis zu 4,5 Prozent des Nettoumsatzes ausmacht. Betroffen sind vor allem ausländische Handelsketten wie Spar und Hofer. Ungarische Franchiseketten bzw. nationale Anbieter sind hingegen von der Regelung ausgenommen oder bezahlen nur niedrige Steuern. So entstehe faktisch ein „Binnenmarkt-Aufschlag“ für europäische Unternehmen, kritisierte der Österreicher. Ungarn verteidigt seine Vorgehensweise mit einer angeblichen „Überwälzung der Inflation durch westliche Handelsketten“. „Wenn solche Praktiken Schule machen, droht der Binnenmarkt zu zerfallen – mit allen Folgen für Arbeitsplätze, Investitionen und Preisstabilität“, so Hattmannsdorfer.
Darüber hinaus forderte Hattmannsdorfer eine starke europäische Binnenmarktstrategie, die gleiche Wettbewerbsbedingungen in allen Mitgliedsstaaten sicherstellt – nicht nur beim Warenverkehr, sondern auch bei Steuern, Abgaben und Unternehmensrechten. „Der Binnenmarkt ist das größte Erfolgsprojekt Europas“, unterstrich er und verwies dabei auf weitere Markteingriffe in Ungarn, die ebenfalls schon Gegenstand von EU-Vertragsverletzungsverfahren sind. (12.10.2025)
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