Die Europäische Zentralbank (EZB) wacht über das Geld der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Aber wem gehört die EZB eigentlich? Immer wieder taucht in Sozialen Netzwerken die Behauptung auf, wonach die jüdische Familie Rothschild «fast jede Zentralbank der Welt» besitzen würden. Doch das ist ein antisemitisches Narrativ ohne jede Grundlage.
Bewertung
Die Europäische Zentralbank hat keine privaten Eigentümer. Sie gehört den Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten, die wiederum mehrheitlich in Staatsbesitz sind.
Fakten
Die Behauptung rund um den Besitz der Zentralbanken ist nicht neu. In der Vergangenheit verbreiteten sich ganze Listen mit Banken, die angeblich im Besitz der Familie Rothschild seien, darunter die Europäische Zentralbank. Mehrere dpa-Faktenchecks widerlegten das bereits für einzelne Länder (hier, hier).
Fest steht, dass die allermeisten Zentralbanken, die im Regelfall für die Währungspolitik und die Ausgabe von Banknoten verantwortlich sind, in Staatsbesitz sind. Dazu zählen Österreich, Deutschland, Frankreich, England oder Spanien.
Die Europäische Zentralbank (EZB) wiederum gehört den Zentralbanken der EU-Mitgliedsstaaten. Auf ihrer Webseite betonten sie: «(…) es gibt keine privaten Eigentümer. Dies bedeutet unter anderem, dass wir nicht von privaten finanziellen Interessen beeinflusst werden, die unsere Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten.»
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten noch etwa die Hälfte aller Notenbanken auch private Eigentümer. Mit dem Zweiten Weltkrieg sank die Zahl der Zentralbanken mit privaten Aktionären aber, mittlerweile sind es nur mehr einige wenige. Dazu gehören etwa Belgien, Japan, Griechenland, Südafrika, die Türkei und die Schweiz. Eine Auflistung findet sich auf dem zur Bank of England gehörenden Blog «Bank Underground» .
Die letztgenannten Zentralbanken haben der Aufstellung zufolge gemischte Eigentümermodelle, zu denen auch private Besitzer und Institutionen gehören. In Japan oder der Türkei ist der Staat Mehrheitsaktionär, in Belgien und der Schweiz ist der Staat zur Hälfte beteiligt. Die Zentralbanken der USA und Italiens sind demnach in «privatem» Besitz.
In Deutschland stellte das Bundesministerium der Finanzen auf die Anfrage «Wer ist der Eigentümer der Deutschen Bundesbank?» bereits im Jahr 2014 klar: «Gemäß § 2 Bundesbankgesetz (BBankG) ist die Deutsche Bundesbank eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihr Grundkapital steht dem Bund zu.» Die Deutsche Bundesbank habe keine privatrechtlichen Eigentümer, Anteilseigner oder Aktionäre. Ihr Gewinn werde daher gemäß § 27 BBankG dem Bund zugeführt.
Ähnlich sieht es in Österreich aus: Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) wurde allerdings erst im Jahr 2010 verstaatlicht. Seither ist sie als Aktiengesellschaft vollständig im Eigentum der Republik Österreich, wie sich auf deren Webseite nachlesen lässt. Das Nationalbankgesetz gewährleiste die Unabhängigkeit der Zentralbank, heißt es. Zuvor besaß der Bund aber bereits 70 Prozent an der OeNB.
Die Weltbank befindet sich übrigens im Besitz von 189 Mitgliedstaaten. Sie wird geführt von Vertretern der Regierungen und einem Direktorengremium, zu dem kein Rothschild gehört.
Im Jahr 2021 zeigte ein Bericht der EU-Kommission über Antisemitismus, dass über die Familie Rothschild und deren Namen regelmäßig antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet werden. Die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung beobachtet schon länger eine Zunahme antisemitischer Propaganda im Internet.
Links
Europäische Zentralbank (archiviert)
Über Familie Rothschild (archiviert)
dpa-Faktencheck zu früherer Behauptung
dpa-Faktencheck zu früherer Behauptung
Artikel des «Handelsblatts» (archiviert)
Artikel von «Neuer Zürcher Zeitung» (Paywall)
Artikel von «The Conversation» (archiviert)
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) (archiviert)
Nationalbankgesetz (archiviert)
Artikel von «Der Standard» (archiviert)
Die Europäische Zentralbank (EZB) (archiviert)
Weltbank Mitglieder (archiviert)
Weltbank Führungsgremium, (archiviert)
Bericht der EU-Kommission über Anstieg von Antisemitismus online während Corona-Pandemie (archiviert)
BpB zu Antisemitismus in Sozialen Netzwerken (archiviert)
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