Obwohl seit langem ein wissenschaftlicher Konsens besteht, dass sich das globale Klima erwärmt, wird von Verschwörungsgläubigen immer wieder das Gegenteil behauptet. Als vermeintliche Beweise werden in den sozialen Netzwerken gerne alte Wetterkarten gepostet. Ein Beitrag auf Facebook etwa will anhand zweier Wettervorhersagen der Tagesschau und einer Schlagzeile der Bild am Sonntag aus dem Jahr 1957 zeigen, dass es „nicht heißer“ werde (archiviert).
Bewertung
Dass es vor Jahrzehnten bereits heiße Tage gab, sagt nichts über die aktuell messbare Erderwärmung aus. Sowohl weltweit als auch in Deutschland und anderswo in Europa ist die Klimaerwärmung wissenschaftlich erwiesen. Ein mit dem Klimawandel verbundener Anstieg extremer Wetterereignisse ist ebenfalls belegt.
Fakten
Die zwei Wetterkarten stammen aus Sendungen der Tagesschau vom 16. Juni 2002 und dem 16. Juni 2022. Zuvor wurden sie bereits auf Twitter geteilt. Tatsächlich waren die Temperaturen an den zwei Tagen ähnlich. Immer wieder stellen Leugner des Klimawandels solche vereinzelten anekdotischen Tatsachen als vermeintlichen Beweis gegen die Klimaerwärmung dar.
Betrachtet man die Temperaturen jedoch über einen längeren Zeitraum, zeigt sich der Klimawandel deutlich: Laut dem Deutschen Wetterdienst ist die Lufttemperatur im Jahresdurchschnitt in Deutschland zwischen 1881 und 2021 um 1,6 Grad gestiegen. In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Temperaturanstieg deutlich beschleunigt: Die fünf wärmsten Jahre in dem gemessenen Zeitraum sind in Deutschland alle nach dem Jahr 2000 aufgetreten.
Zusammen mit den Tagesschau-Screenshots wird eine Titelseite der Bild am Sonntag aus dem Jahr 1957 verbreitet. Als Überschrift steht da «56 Grad! Ganz Deutschland ein Brutofen!». Doch auch damals hat es sich schon gelohnt, mehr als nur die Überschrift zu lesen, wie ein dpa-Faktencheck zeigt. Im dazugehörigen Artikel steht, dass es sich bei den 56 Grad um die Temperatur in einem Uhrengehäuse gehandelt hat und nicht etwa um die Außentemperatur.
Die gleiche irreführende Schlagzeile tauchte kürzlich in Kombination mit einer Überschrift aus der österreichischen Kronen-Zeitung wieder auf, in der es hieß: „Temperaturen um die 35 Grad, das hat es früher nicht gegeben.“ Doch auch die Gegenüberstellung dieser beiden Texte in einer Collage macht die Aussage nicht richtiger.
Hinkende Vergleiche verschiedener Wetterkarten sind in sozialen Netzwerken weit verbreitet. Oft ist das mit der Behauptung verbunden, die Fernsehsender färbten die Karten mittlerweile orange und rot statt grün ein, um Angst vor dem Klimawandel zu schüren. Bei genauerem Hinschauen stellt sich dann häufig heraus, dass die Wetterberichte einfach von verschiedenen Medien stammen. Die Deutsche Presse-Agentur hat diese bewusste Irreführung mehrfach widerlegt, auch in den Niederlanden.
Auch vor plumpen Fälschungen schrecken die Leugner des Klimawandels nicht zurück. In Belgien und Frankreich kursierte während der jüngsten Hitzewelle ein viel geteilter Post in den sozialen Netzwerken, der nicht nur Wetterkarten verschiedener Medien miteinander verglich. Eine Karte vom Hitzesommer 2019 war auch auf das Jahr 2002 zurückdatiert.
Als falsch stellte sich in einem französischsprachigen Faktencheck zudem die Behauptung heraus, in Paris habe schon im Jahr 1895 wochenlang eine Hitze mit Durchschnittstemperaturen von 37 Grad geherrscht. Zwar stöhnten die Franzosen damals unter einer Hitzewelle, aber die Temperatur in der Hauptstadt kam nie über 36,2 Grad hinaus.
Links
Daten des Deutschen Wetterdienstes zum Klimawandel in Deutschland (archiviert)
Tweet mit Wetterkarten (archiviert)
Tagesschau vom 16. Juni 2002 (archiviert)
Tagesschau vom 16. Juni 2022 (archiviert)
dpa-Faktencheck zur Titelseite
dpa-Faktencheck (Niederländisch) I
dpa-Faktencheck (Niederländisch) II
dpa-Faktencheck zu Wetterkarten
Facebook-Post mit Falschbehauptung (archiviert)
dpa-Faktencheck zu falschem Datum (Französisch)
dpa-Faktencheck zum Sommer 1895 (Französisch)
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