Wien – Für eine Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine hat sich Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ ausgesprochen. Denn die Sanktionen „wirken da, wo sie wirken müssen, nämlich in Russland“. Die Maßnahmen seien eine „scharfe“, gleichzeitig aber auch die „gelindeste“ Option, auf den Völkerrechtsbruch seitens des Kremls zu reagieren, sagte die Ministerin.
Gleichzeitig dürfe nicht dem „russischen Narrativ“ aufgesessen werden, dass die „Sanktionen uns mehr schaden als Russland“. Daher sei es notwendig, die Menschen in Europa bestmöglich zu unterstützen, damit sie gut durch die Krise kommen. Evident sei, dass „auch wir betroffen“ seien, trotzdem sei es unabdingbar durchzuhalten, denn „wir sehen einen Despoten, der einen souveränen Staat angreift“ und sich auf diese Weise Land aneignen wolle.
Klar sei auch, dass die Eskalationsstufe mit der Drohung eines Atomwaffeneinsatzes derzeit nach oben gehe, meinte Edtstadler, die ergänzte, dass „jede Drohung ernst“ genommen werden müsse. Die „Stärke Europas zeigen“ sei das Gebot der Stunde, so die ÖVP-Politikerin, die sagte, dass sie „Europa noch nie so geeint wie jetzt“ erlebt habe.
Zur Aufnahme russischer Kriegsdienstverweigerer sagte sie, dass von Fall zu Fall einzeln abgewogen und ein Asylverfahren durchlaufen werden müsse. Aufgabe Österreichs in diesem Krieg sei vor allem humanitäre Hilfe, hier würden große Anstrengungen unternommen, erklärte Edtstadler. Positiv erwähnte die Europaministerin die Hilfsbereitschaft, gemeint ist hier auch die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen, der österreichischen Bevölkerung. (2. Oktober 2022)
Gewessler pocht auf Versorgungssicherheit bei Deckel
Brüssel – Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat im Fall einer Einführung eines Preisdeckels auf importiertes Gas Sicherheiten gefordert. Es müsse allen EU-Staaten klar sein, dass Österreich nach wie vor abhängig von Erdgasimporten aus Russland sei, sagte Gewessler Freitag vor einem EU-Sondertreffen in Brüssel. In den vorliegenden Vorschlägen sei nicht garantiert, dass „unsere Lieferanten weiter nach Europa ausreichend Gas liefern, wenn wir nicht den genannten Preis bezahlen“.
Es dürfe kein „Experiment auf dem Rücken der Versorgungssicherheit“ geben, betonte die Energieministerin weiter. Außerdem wäre die Einführung eines europaweiten Gaspreisdeckels eine sanktions- und keine energiepolitische Maßnahmen. Sanktionen müssten in der Europäischen Union mit Einstimmigkeit beschlossen werden, andernfalls reicht die Zustimmung von mindestens 15 Ländern mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung.
Bei dem heutigen Treffen wollen die EU-Staaten Maßnahmen gegen die hohen Strompreise beschließen, ein Gaspreisdeckel steht nur zur Debatte. Der Entwurf der EU-Kommission umfasst hingegen verbindliche Maßnahmen zum Senken des Stromverbrauchs in Spitzenzeiten, das Abschöpfen von sogenannten Zufallsgewinnen bei Stromproduzenten mit geringen Kosten sowie eine Solidaritätsabgabe von fossilen Energieunternehmen. Für Gewessler sind das „erste Schritte, es ist aber auch klar, wir brauchen einen Vorschlag zu Entkoppelung des Strom- und Gaspreises“. Auch wolle sie erneut einen gemeinsamen Gaseinkauf einfordern.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) forderte die EU-Kommission ebenfalls auf, „dringend ein Modell zur Entkoppelung des Strom- und Gaspreises“ vorzulegen. Die am Tisch liegenden Maßnahmen würden „zu kurz greifen“, kritisierte Nehammer. „Denn es müssen die Preise gebändigt werden und das geht nur auf europäischer Ebene.“ (30. September 2022)
EU-Militärchef: Keine militärische Antwort auf Atombombe
Brüssel – Ein russischer Atombombeneinsatz in der Ukraine wird nach Einschätzung des höchsten EU-Militärs nicht militärisch beantwortet werden. Es würde in diesem Fall auch nicht der Bündnisfall der NATO eintreten, sagte der Leiter des Militärausschusses der EU (EUMC), Robert Brieger, der Tageszeitung „Kurier“ (Sonntagsausgabe). „Eine militärische Antwort halte ich für ausgeschlossen, solange ein solcher Einsatz auf das ukrainische Territorium beschränkt bliebe.“
„Eine militärische Antwort halte ich für ausgeschlossen, solange ein solcher Einsatz auf das ukrainische Territorium beschränkt bliebe“
General Robert Brieger
Der Einsatz taktischer Atomwaffen sei schon seit dem Kalten Krieg Teil der russischen Militärdoktrin, sagte der frühere österreichische Generalstabschef. „Ich halte den Einsatz dennoch für unwahrscheinlich, weil er unkalkulierbare Risiken mit sich bringen würde. Ich glaube eher, dass es ein Versuch Putins ist, die Öffentlichkeit im Westen zu verunsichern“, so Brieger. Als Antwort auf einen Atomwaffeneinsatz erwarte er eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.
„Keine konkreten Angaben“ machen kann Brieger zu den möglichen Hintergründen der Lecks in den russisch-deutschen Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2. „Es gibt natürlich Vermutungen, aber entsprechende Beweise liegen nicht vor.“
Brieger steht seit Mai an der Spitze des EU-Militärausschusses. Diesem Gremium gehören die Generalstabschefs der 27 EU-Staaten an. Es handelt sich um das höchste militärische Gremium der Europäischen Union, doch hat es nur beratende Funktion. Die Entscheidungen über EU-Militäreinsätze treffen die Außenminister. (1. Oktober 2022)