Eine Koalition aus führenden Vertretern der Industrienationen und der vom Klimawandel bedrohten Länder forderte am Mittwoch auf der UN-Klimakonferenz (COP29) in Baku (Aserbaidschan) mehr Ehrgeiz bei der Klimafinanzierung.
Die UNO sagt, dass das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, bereits im Jahr 2024 überschritten werden wird.
Auf dem Gipfeltreffen kam man der Einführung eines von den Vereinten Nationen unterstützten globalen CO2-Marktes einen Schritt näher: Die Regierungen haben neue Standards für Treibhausgas-Emissionen genehmigt – ähnlich dem Emissionshandelssystem (ETS) der Europäischen Union. Nach fast einem Jahrzehnt komplexer Verhandlungen über die Regeln für den Handel mit Emissionsgutschriften wurde die Einigung als Durchbruch gefeiert.
Die Staats- und Regierungschefs vertraten jedoch gegensätzliche Ansichten darüber, wie der Klimawandel zu bewältigen sei, und auch die Finanzierung des Klimaschutzes stelle immer noch eine große Herausforderung dar.
Überschattet wurde die Konferenz von der Wiederwahl des Republikaners Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, der zuvor angekündigt hatte, die Verpflichtungen der USA zur Reduzierung der CO2-Emissionen aufzuheben, sollte er die Wahl gewinnen. Trump, der 2017 bis 2021 bereits US-Präsident war, beabsichtigt, dass die USA sofort wieder aus dem Pariser Abkommen aussteigen, sobald er im Januar 2025 die Präsidentschaft offiziell übernommen hat.
Deutliche Warnungen vor Emissionen
Die den Planeten erwärmenden CO2-Emissionen aus Öl, Gas und Kohle sind in diesem Jahr auf ein Rekordniveau gestiegen. Dies geht aus einer vorläufigen Studie eines internationalen Wissenschaftsnetzwerks des Global Carbon Projects hervor, die kurz vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Baku veröffentlicht wurde.
Um das ehrgeizige Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, muss die Welt nun bis Ende der 2030er Jahre – und nicht erst 2050 – einen Netto-CO2-Ausstoß von Null erreichen, so die Autoren der Studie.
Die Forscher erklärten zudem, dass der Anstieg der CO2-Emissionen in Indien und das Wachstum des internationalen Luftverkehrs die Emissionswerte in die Höhe trieben, während sie in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten sogar zurückgegangen seien.
Dieses Jahr wird „mit ziemlicher Sicherheit“ das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen werden. Die Experten rechnen mit einer Erwärmung von über 1,5 Grad Celsius, sagte der Copernicus Climate Change Service der EU in der vergangenen Woche. Die Welt überschreite einen „neuen Meilenstein“ bei den Temperaturrekorden, was ein Weckruf an die UN sein sollte, beim Gipfel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen schneller zu handeln.
Die EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Iliana Ivanova, berichtete, dass die Dekarbonisierung der Volkswirtschaften um das Sechsfache beschleunigt werden müsse, um die Klimaziele zu erreichen. Sie fügte hinzu, dass 35 Prozent der Mittel der Initiative Horizon Europe für die Klimaforschung vorgesehen sind. Für die siebenjährige Laufzeit der Initiative sind 93 Milliarden Euro vorgesehen.
Druck für mehr Klimafinanzierung
Eine kleine Gruppe von Industrieländern, die derzeit arme Länder bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützt, möchte, dass andere reiche Länder und große Umweltverschmutzer, darunter China und die Golfstaaten, sich ihnen anschließen. Nach der 30 Jahre alten UN-Logik gelten China und die Golfstaaten als Entwicklungsländer – und sind daher Empfänger von Klimahilfen.
Während die Staats- und Regierungschefs sprachen, legten die Unterhändler einen neuen Entwurf für eine Vereinbarung über die Finanzierung vor. Der Entwurf beinhaltet unter anderem eine Reihe von Vorschlägen zur Klimafinanzierung. Zugleich bleiben immer ungelöste Streitpunkte offen, die eine Einigung lange verzögert haben.
Die meisten Entwicklungsländer haben sich dafür ausgesprochen, dass sich die reichen Länder zu einer jährlichen Zahlung in Höhe von mindestens 1,3 Billionen Dollar verpflichten, um Entwicklungsländer finanziell zu unterstützen. Diese Zahl wäre mehr als das Zehnfache der 100 Milliarden Dollar, die eine kleine Gruppe von Industrieländern – darunter die USA, die EU und Japan – bisher jährlich zahlt.
Im Namen der EU drängte der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, darauf, den Kreis der Geber für die Klimafinanzierung zu vergrößern und auch Schwellenländer wie China darin aufzunehmen.
Die Premierministerin der Karibikinsel Barbados, Mia Mottley, deren Land unter Wasser zu stehen droht, forderte Steuern auf fossile Brennstoffe, den Seeverkehr und den Luftverkehr zur Finanzierung der Klimapolitik.
Der kroatische Premierminister Andrej Plenković sagte, dass die Länder, die schon länger industrialisiert sind, finanziell dazu beitragen sollten, dass die Schwellenländer nicht so viele Treibhausgase ausstoßen. Auch er verwies auf das diesjährige Ziel, den aktuellen Zuschuss von 100 Milliarden Dollar der Industrieländer an die Entwicklungsländer weiter zu erhöhen.
„Das Ziel ist nun, diesen Betrag in etwa zu verdoppeln, damit diese Zuweisungen der Industrieländer, dazu beitragen können, dass den weniger entwickelten Ländern der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen gelingt“, sagte Plenković.
Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen betonte, dass privates Kapital erforderlich sei, damit die Entwicklungsländer ausreichend Unterstützung erhalten. Auf dem Gipfeltreffen lieferte Dänemark ein konkretes Beispiel dafür, wie öffentliche Gelder aus dem Westen in größere private Summen umgewandelt werden können. Mit einer Garantie in Höhe von 700 Millionen Dänischen Kronen (DKK) wird Dänemark private Investitionen in Höhe von über drei Milliarden DKK (400 Millionen Euro) in den asiatischen Entwicklungsländern sicherstellen.
Deutschland hat zugesagt, ab 2025 jährlich sechs Milliarden Euro (6,4 Milliarden Dollar) für die Klimafinanzierung bereitzustellen. Frühere Haushaltspläne haben jedoch gezeigt, dass die Zuweisung dieser Mittel unzureichend ist. Daher warnen Klimaschützer, dass Deutschland Gefahr läuft, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn es seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Die Präsidentin von Nordmazedonien, Gordana Siljanovska Davkova, sagte, dass die „nachhaltige Energiewende ökologisch und sozial gerecht sein muss“. Sie betonte, dass die Länder vor ihrer EU-Mitgliedschaft dauerhaften Zugang zur Klimafinanzierung haben sollten, und verwies auf die Mittel, die für die Umsetzung der EU-Klimagesetze als Teil des anspruchsvollen Clusters „Grüne Agenda und nachhaltige Konnektivität“ in den EU-Beitrittsverhandlungen benötigt werden.
Nordmazedonien wurde im Dezember 2005 als EU-Beitrittskandidat ernannt. Die Beitrittsverhandlungen wurden bereits im Juli 2022 eröffnet.
Weltpolitiker uneins über Klimaschutzmaßnahmen
Einige Staats- und Regierungschefs verteidigten während des zweitägigen Gipfels in Baku immer noch die Nutzung fossiler Brennstoffe, während andere aus Ländern, die stark von Klimakatastrophen geplagt sind, warnten, dass ihnen die Zeit davonläuft.
Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev, dessen energiereiches Land Gastgeber der COP29-Klimakonferenz ist, betonte erneut, dass Öl, Gas und andere natürliche Ressourcen ein „Geschenk Gottes“ seien.
Der Premierminister von Tuvalu, Feleti Penitala Teo, sagte, dass für pazifische Inselnationen wie seine „keine Zeit zu verlieren“ sei. Er forderte die Länder auf, „ein klares Signal zu geben, dass die Welt unverzüglich aus den fossilen Brennstoffen aussteigt“.
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez verwies auf die Tragödie in Valencia, die durch die jüngsten Überschwemmungen verursacht wurde, um an das Gewissen der internationalen Gemeinschaft zu appellieren. Die Tragödie sei auch der Beweis, dass „der Klimawandel tötet“. Er forderte die Gipfelteilnehmer auf, „nicht länger zu zögern“ und Klimaleugner stärker zu bekämpfen. Und er erinnerte daran, dass die Überschwemmungen in Spanien bislang 222 Todesopfer gefordert haben.
Deutliche Worte kamen auch vom albanischen Premierminister Edi Rama, der kritisierte, dass „unsere Reden voller guter Worte über den Klimawandel nichts ändern“. Rama übte außerdem Kritik an vielen Staats- und Regierungschefs, die der Klimakonferenz ferngeblieben waren, und sagte, ihre Abwesenheit mache die Sache nur noch schlimmer.
Die slowenische Chefunterhändlerin für Klimafragen auf der COP29, Tina Kobilšek, warnte, dass sich „das Zeitfenster für das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens rapide schließt“, wie aus den neuesten Erkenntnissen von Experten über Treibhausgasemissionen hervorgeht. „Wir wissen, dass dieses Jahr wahrscheinlich das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird und dass sich Slowenien doppelt so schnell erwärmt“, sagte sie und fügte hinzu, dass alle Alarmglocken läuten sollten.
Der serbische Präsident Aleksandar Vučić forderte die reichen Staaten auf, den Frieden in der Welt zu sichern und vor allem die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten zu lösen, damit die Welt das Problem des Klimawandels in Angriff nehmen kann. In seiner Rede auf dem Gipfeltreffen in Baku sagte Vučić, die Wiederherstellung des Friedens sei eine der „Voraussetzungen, um das Problem der Bekämpfung des Klimawandels in Angriff zu nehmen“.
Je länger wir mit dem Kampf gegen den Klimawandel warten, desto mehr könnten wir in Bezug auf unseren Lebensstil, unser Ökosystem und unsere Wirtschaft verlieren, betonte der Präsident der Slowakei, Peter Pellegrini. Er wies darauf hin, dass sich die Emissionen in der Slowakei seit 1990 halbiert haben und das letzte Kohlebergwerk 2023 geschlossen wurde. Und er fügte hinzu, dass die Slowakei ihren Fokus künftig neu ausrichtet auf emissionsarme Energieträger – insbesondere Kernenergie und erneuerbare Energiequellen.
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni unterdessen mahnte die Teilnehmer, eine „realistische globale Perspektive“ einzunehmen: Ihrer Meinung nach dürfe, die Dekarbonisierung keinen Vorrang vor der „Nachhaltigkeit unseres Produktions- und Sozialsystems“ haben. Italiens rechte Regierungschefin wies darauf hin, dass „wir die Natur schützen müssen, wobei der Mensch im Mittelpunkt steht. Ein zu ideologischer und nicht pragmatischer Ansatz in dieser Frage birgt die Gefahr, dass wir vom Weg des Erfolgs abkommen.“
Die UN-Klimakonferenz findet jährlich und abwechselnd in den verschiedenen Weltregionen statt. Nächstes Jahr wird Belém in Brasilien Gastgeber der COP30 im Namen der Region Lateinamerika und Karibik sein.
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