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Scharm el Scheich – Die Weltklimakonferenz in Ägypten muss aus Sicht von Außenministerin Annalena Baerbock Signale für den Abschied von Kohle, Öl und Gas setzen. Es lohne sich, auf dem Treffen von etwa 200 Staaten «um jedes Zehntel Grad weniger Erderwärmung zu kämpfen», sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch. Baerbock leitet während der entscheidenden Schlussphase der Konferenz die deutsche Delegation. Rückenwind für das Mammuttreffen in Scharm el Scheich kam vom G20-Gipfel in Bali, dessen Beschlüsse zum Klimaschutz überraschend robust ausfielen. Bekräftigt wurde, dass die bei den UN eingereichten Klimaschutzpläne für die Jahre bis 2030 nachgeschärft werden müssen. Die G20 verantworten etwa 80 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit.

Ein Streitpunkt sind Forderungen armer Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika nach Schadenersatz. Sie wollen, dass die Industriestaaten über einen extra Geldtopf ihre Verluste ausgleichen – etwa nach Dürren, Überschwemmungen oder Stürmen, die sich wegen der Erderhitzung häufen. Die Welt hat sich schon um gut 1,1 Grad erwärmt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, Deutschland noch stärker. 2015 haben die Staaten vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Umweltaktivisten aus Afrika prangerten an, dass Energiekonzerne der Industriestaaten in ihrer Heimat etliche klimaschädliche Gas-, Öl- und Kohleprojekte planen. Auch Deutschland ist in Afrika aktiv: Bereits im Mai hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem Senegal während einer Afrika-Reise Unterstützung bei der Erschließung eines Gasfeldes vor der Küste versprochen. Der Gründer von Fridays for Future im Senegal, Yero Sarr, rief die Bundesregierung auf, das Gasvorhaben zu stoppen. «Tut nichts, was ihr nicht auch in eurem Heimatland tun würdet», sagte er.

Klimaaktivisten erwarten von der Klimakonferenz auch, dass der unumgängliche Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas klipp und klar ins Abschlussdokument aufgenommen wird – was nach einem ersten Entwurf der ägyptischen Leitung der sogenannten COP27 (kurz für Conference of the Parties) aber nicht vorgesehen ist. Die deutsche Aktivistin Luisa Neubauer empörte sich über diese Lücke und sagte: «Diese COP muss die COP sein, bei der die Ära der fossilen Brennstoffe zu Ende geht.» Außenministerin Baerbock sagte: «Wir machen uns dafür stark, dass diese COP ein klares Signal für den Abschied vom fossilen Zeitalter und eine schnellere Reduktion der Emissionen setzt.» (16. November)

EU-Kommission erwägt Gaspreisdeckel am Großhandelsplatz TTF

Brüssel – Die Europäische Kommission arbeitet an einem festen Gaspreisdeckel am Großhandelsplatz TTF. Der Deckel würde greifen, wenn der Preis am TTF einen vorher festgelegten Höchstwert erreicht und gleichzeitig die Preise am Weltmarkt für Flüssiggas (LNG) übersteigt, wie aus einem Entwurf der EU-Kommission hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Ab welchem Wert der Mechanismus ausgelöst würde, stand noch nicht fest. Um Engpässe bei der Versorgung zu vermeiden, sollte der Preisdeckel zudem regelmäßig überprüft und jederzeit außer Kraft gesetzt werden können, heißt es in dem Papier.

Der Mechanismus könnte der Kommission zufolge Preisspitzen vorübergehend eindämmen und so die Märkte beruhigen. Er ist demnach aber kein Instrument, um die Preise dauerhaft zu senken. Angesichts des drastischen Rückgangs russischer Gaslieferungen erreichte der Gaspreis am Großhandelsplatz TTF im August einen Höchststand. Dem Entwurf zufolge würde der Deckel den Preis für Gas betreffen, das einen Monat im Voraus gehandelt wird. Preise am sogenannten Spotmarkt für kurzfristige Kauftransaktionen wären nicht betroffen. Gas könnte zudem weiter außerhalb von Börsenplätzen wie TTF gehandelt werden. Die EU-Kommission mahnte jedoch, dass das zu weniger transparenten Käufen führen könnte.

Vorschläge für einen Gaspreisdeckel auf EU-Ebene sorgen in der EU für heftigen Streit. Auf einem EU-Gipfel im Oktober hatten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen beweglichen Gaspreisdeckel geeinigt, um extreme Preisausschläge im Großhandel einzudämmen. Länder wie Belgien, Italien und Griechenland fordern schnellstmöglich einen konkreten Vorschlag der EU-Kommission, während etwa Deutschland oder die Niederlande Vorbehalte haben. Ende nächster Woche treffen sich zudem die EU-Energieminister, um über Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise zu sprechen. Bis dahin könnte die Kommission noch konkretere Vorschläge machen. (16. November)

EZB warnt vor steigenden Risiken für Finanzstabilität im Euroraum

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main. Foto: Boris Roessler/dpa

Frankfurt/Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht wachsende Risiken für die Finanzstabilität im Euroraum. «Unserer Einschätzung nach haben die Risiken für die Finanzstabilität zugenommen, und eine technische Rezession im Euroraum ist wahrscheinlicher geworden», sagte der EZB-Vizepräsident Luis de Guindos anlässlich der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts der Notenbank am Mittwoch in Frankfurt. Schrumpft die Wirtschaft zwei Vierteljahre in Folge zum Vorquartal, sprechen Ökonomen von einer «technischen Rezession».

«Das Hauptrisiko für Finanzstabilität und Wachstum besteht derzeit darin, dass die Inflation auf einem sehr hohen Niveau bleibt», sagte de Guindos in einer Videoschalte. «Unser Hauptbeitrag zur Finanzstabilität ist jetzt, Preisstabilität herzustellen.» Die EZB sieht diese mittelfristig bei zwei Prozent Inflation im Euroraum gewährleistet. Davon ist die Teuerung seit Monaten weit entfernt: Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im Oktober um 10,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In Europas größter Volkswirtschaft Deutschland stieg die Inflationsrate im Oktober auf 10,4 Prozent.

Die EZB versucht nach langem Zögern seit Juli mit kräftigen Zinserhöhungen die extrem hohe Teuerung in den Griff zu bekommen. Der Leitzins im Euroraum, der jahrelang auf dem Rekordtief von null Prozent eingefroren war, liegt inzwischen bei 2,0 Prozent. Der anhaltende Krieg in der Ukraine sei nach wie vor ein erhebliches Risiko für Inflation und Wachstum, stellte die EZB fest. Insgesamt jedoch hält die Notenbank, die die größten Banken im Euroraum direkt beaufsichtigt, das Bankensystem im Währungsraum der 19 Länder für «gut aufgestellt, um vielen Risiken standzuhalten». (16. November)

Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.