Am Mittwoch hat Bundeskanzler Olaf Scholz der ukrainischen Regierung in Kiew 14 Leopard-2-Panzer aus Bundeswehrbeständen versprochen. Kurz darauf kündigte US-Präsident Joe Biden an, dass die USA 31 ihrer M1-Abrams-Panzer liefern werde.
Die Bundesregierung wird auch die erforderlichen Ausfuhrgenehmigungen für die Lieferung der in Deutschland hergestellten Panzer in andere Länder erteilen. Da die Leopard-2-Panzer in Deutschland produziert werden, muss die Bundesregierung jede Weitergabe genehmigen – egal in welches Land. In der Regel findet sich eine entsprechende Klausel in den Kaufverträgen der Leopard 2. Damit sitzt Scholz am Schalthebel, wenn es um die Lieferung dieser Panzer in die Ukraine geht.
Mit seinem Schritt hat Scholz den Weg für andere europäische Nationen freigemacht, Leopard-Panzer aus ihren eigenen Beständen der Ukraine zu liefern und so das kombinierte Waffenarsenal auszubauen,das nach Angaben Kiews benötigt wird, um Gegenoffensiven zu starten.
Insbesondere Polen, Finnland und die baltischen Staaten hatten auf die Lieferung von Panzern gedrängt. Derzeit sind mindestens elf EU-Länder sowie die Türkei und Norwegen im Besitz von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion. Insgesamt verfügen sie über mehr als 2.000 Stück. Deutschland, die Vereinigten Staaten und andere Verbündete wollen die Ukraine im Krieg gegen Russland mit deutlich mehr als 100 Kampfpanzern westlicher Bauart unterstützen.
Laut der deutschen Regierung könnten die ersten Leopard-2-Kampfpanzer aus Deutschland in rund drei Monaten in der Ukraine eintreffen. Berlin verfolgt das Ziel, binnen kurzer Zeit zwei Panzerbataillone mit Leopard 2 aufzustellen, die durch Panzer aus anderen europäischen Ländern ergänzt werden.
Selbstverpflichtungen zur Entsendung von Leopard-2-Panzern in die Ukraine
Zu den Ländern, die öffentlich angekündigt haben, dass sie bereit sind, Panzer in die Ukraine zu entsenden, gehören Polen, Spanien, Norwegen und Finnland.
Polen hatte in der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern erheblichen Druck auf Deutschland ausgeübt. Das mitteleuropäische Land, das unmittelbar an die Ukraine angrenzt, verfügt laut seinem Verteidigungsministerium über nicht weniger als 247 Leopard-Panzer. Bereits letzte Woche hatte der polnische Präsident Andrzej Duda angekündigt, dass 14 davon an die Ukraine gehen würden.
Spanien sagte, man sei bereit einige seiner Leopard-Panzer aus deutscher Produktion in die Ukraine zu entsenden, sobald die entsprechende Genehmigung für deren Weitergabe innerhalb Europas aus Berlin vorliege. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles äußerte am Mittwoch, Spanien sei im ständigen Austausch mit den Bündnispartnern bereit, Leopard-Panzer in die Ukraine zu entsenden und Schulungen für deren Nutzung durchzuführen.
Spanien verfügt über 347 Leopard-Kampfpanzer, von denen 108 bereits in den 1990er Jahren aus Deutschland bezogen wurden und aus der ältesten derzeit noch im Einsatz befindlichen Modellreihe 2A4 stammen. Diese Panzer müssen überholt werden, was rund anderthalb Monate dauern werde, wie spanische Verteidigungsquellen berichten, die außerdem darauf hinweisen, dass für die anschließende Schulung der ukrainischen Armee ein weiterer Monat zu veranschlagen sei. Bei den übrigen 239 Panzern handelt es sich um Modelle aus der sogenannten Baureihe 2E, die spanische Version und eine der modernsten.
Norwegen werde ebenfalls im Rahmen der westlichen Hilfsleistungen Leopard-2-Kampfpanzer in die Ukraine entsenden, sagte Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram, und schloss sich damit anderen europäischen Ländern an. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums habe Norwegen 2001 aus den Niederlanden 52 gebrauchte Leopard 2A4 erworben, von denen jedoch nicht alle einsatzbereit seien.
Überlegungen für weitere militärische Hilfen
Während die Debatte über die Lieferung effizienterer militärischer Ausrüstung an die Ukraine anhält, halten sich einige europäische Regierungen zurück, um ihre nächsten Schritte sorgfältig abzuwägen. Andere distanzieren sich von der Debatte.
Von französischer Seite wird es „begrüßt“, dass Deutschland grünes Licht für die Entsendung von Leopard-Panzern in die Ukraine gegeben hat. Dies „erweitere und verstärke“ die Unterstützung durch Waffen, zu der sich Paris bereits verpflichtet habe, hieß es am Mittwoch aus dem Élysée-Palast. Die französische Regierung selbst hat noch nicht entschieden, ob sie eigene schwere Leclerc-Panzer entsenden wird. Präsident Emmanuel Macron schließt diese Möglichkeit nicht aus. Am 4. Januar hatte Paris die Entsendung von „leichten Kampfpanzern“ angekündigt, gefolgt von einer ähnlichen Entscheidung Deutschlands und der Vereinigten Staaten.
Am Sonntag versicherte Präsident Macron, dass „nichts auszuschließen“ sei, stellte jedoch drei Kriterien für jede potenzielle Maßnahme auf: Sie dürfe nicht eskalierend sein, sie müsse die Ukrainer und Ukrainerinnen tatsächlich effektiv unterstützen und dabei die für Schulungen benötigten Zeiträume berücksichtigen, und sie dürfe die französische Verteidigungsfähigkeit nicht schwächen. In jedem Fall, so warnte Paris, sei sehr kurzfristig nicht mit einer Entscheidung zu diesem Thema zu rechnen.
Italien sei nicht Teil der Debatte um die ukrainische Forderung, deutsche Leopard-2-Panzer zu entsenden, um das Land im Kampf gegen die russische Invasion zu unterstützen, sagte der italienische Außenminister Antonio Tajani am Montag im Rat für Auswärtige Angelegenheiten in Brüssel. Das Land habe sich zusammen mit Frankreich darauf festgelegt, Raketenabwehrsysteme an die Ukraine zu liefern, fügte der Außenminister hinzu.
Slowenien besitze keine Leopard-2-Panzer, unterstütze jedoch die Ukraine auf jede mögliche Weise, ließ die slowenische Außenministerin Tanja Fajon Montag am Rande des Rats für Auswärtige Angelegenheiten verlauten. Slowenien hatte schon im vergangenen Herbst 28 Panzer vom Typ M55S in die Ukraine entsandt, die 1991 nach dem Rückzug der jugoslawischen Truppen im Land verblieben und später modernisiert wurden. Dies war Teil eines Abkommens über den Austausch von Militärfahrzeugen mit Deutschland, in dessen Rahmen Slowenien 28 Panzer in die Ukraine schickte und im Gegenzug 40 Transportfahrzeuge aus deutscher Produktion erhielt.
Auch Kroatien zählt zu den EU-Mitgliedsstaaten, die nicht über deutsche Leopard-2-Panzer verfügen. Bereits ganz zu Beginn des Krieges in der Ukraine hatte die kroatische Regierung die Lieferung von Infanteriewaffen genehmigt: Maschinen- und Sturmgewehre, Munition und Schutzausrüstungen in einem Gesamtwert von rund 16,5 Millionen Euro, genug um bis zu vier Brigaden auszurüsten.
Bulgarien verfügt hauptsächlich über militärische Ausrüstung aus der Sowjet-Ära und betreibt keine westlichen Panzer oder Kampfjets. Im vergangenen Dezember beschloss das Land, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Jede einzelne Lieferung muss dabei allerdings vom Parlament genehmigt werden.
Der Befehlshaber der bulgarischen Streitkräfte Admiral Emil Eftimov erklärte, dass auf der Grundlage von Erkenntnissen über den Verlauf der Feindseligkeiten in der Ukraine sowie Zustand und Kapazität der Verteidigungsindustrie in Bulgarien und derjenigen der EU- und NATO-Bündnispartner die Lieferung einer bestimmten Anzahl von Rüstungsgütern und Material vorgeschlagen worden sei.
Dieser Artikel wird freitags veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.