Magdeburg – Die AfD hat die vorderen Spitzenplätze auf ihrer Kandidatenliste für die Europawahl ausnahmslos mit Politikern besetzt, die Europa in eine «Festung» gegen Migranten verwandeln wollen. Diese brauche man «zum Schutz unserer Heimat, und das machen wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern», sagte Co-Parteichefin Alice Weidel am Samstag auf der Europawahlversammlung der Partei in Magdeburg. Nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, wurden bei der Veranstaltung teils «rechtsextremistische Verschwörungstheorien» verbreitet.
Zum Spitzenkandidaten wurde mit 65,7 Prozent Zustimmung der sächsische Europaabgeordnete Maximilian Krah gewählt. Seine Kandidatur wurde auch vom Rechtsaußen-Lager der Partei unterstützt. Krah ist in der AfD umstritten. Im EU-Parlament gab es seinetwegen mehrfach Ärger. Die rechtsnationale Fraktion Identität und Demokratie (ID) hatte ihn zu Beginn des Jahres für drei Monate suspendiert. Dabei ging es um den Vorwurf, dass Krah die Vergabe eines PR-Auftrags der Fraktion manipuliert haben soll. Seinen parteiinternen Gegnern warf Krah vor, sie hätten eine monatelange anonyme Schmutzkampagne gegen ihn geführt. Der Jurist ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments.
Zwar seien Bewerberliste und Wahlprogramm noch nicht final abgestimmt, sagte Verfassungschutzpräsident Haldenwang der Deutschen Presse-Agentur. «Doch bereits jetzt zeigt sich, dass Personen, die in der Vergangenheit mit Positionen aufgefallen sind, die nicht mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind, der AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören werden.» Haldenwang sagte: «Die bisherige Europawahlversammlung der AfD, die wir als Verdachtsfall bearbeiten, belegt einmal mehr unsere Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt.»
Der AfD-Bundesvorstand hat das Ziel aufgerufen, insgesamt mindestens 30 Kandidaten zu wählen. Bis Sonntagabend wurden die ersten 15 Plätze besetzt, danach wurde die Europawahlversammlung unterbrochen. Fortgesetzt werden soll die Kandidatenaufstellung in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt dann am kommenden Freitag. Das Wahlprogramm soll erst nach der Listenaufstellung beschlossen werden.
Möglicherweise könnte das Programm erst bei einer zusätzlichen Versammlung diskutiert werden, die spätestens im Januar stattfinden müsste. Erst dann wird feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische Union radikal zu reformieren, so dass wieder mehr Entscheidungen national getroffen werden. Es könnte sich aber auch das «Dexit»-Lager durchsetzen, das eine Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Haltung zur Nato sein.
Das Bündnis «Solidarisches Magdeburg» protestierte am Samstag gegen die Versammlung der AfD in Magdeburg. Sie zogen in Richtung Messegelände und trugen Transparente mit Slogans wie «Gegenhalten! Solidarisch gegen die rechte Hetze der AfD». (30. Juli)
EU-Außenbeauftragter: EU erkennt neue Behörden Nigers nicht an
Brüssel – Die EU erkennt die aus dem Putsch im Niger hervorgegangenen Behörden nicht an und wird sie den Worten des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zufolge auch nicht anerkennen. Präsident Mohamed Bazoum sei demokratisch gewählt, erklärte Borrell am Samstag. «Er ist und bleibt daher der einzige rechtmäßige Präsident des Nigers», so der Spanier. Die EU mache die Putschisten für seine Sicherheit und die seiner Familie verantwortlich.
Am Mittwoch hatten Offiziere von General Omar Tchianis Eliteeinheit den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum festgesetzt und für entmachtet erklärt. Tchiani hat sich am Freitag selbst zum neuen Machthaber ernannt. Kurz nach Tchianis Machtübernahme als De-facto-Präsident setzten die Putschisten die Verfassung des westafrikanischen Landes außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf. Im Anschluss habe Tchiani begonnen, die Bildung einer neuen Regierung einzuleiten, hieß es vonseiten der Putschisten.
Borrell sprach davon, dass man bereit sei, künftige Entscheidungen des westafrikanischen Staatenbunds Ecowas – explizit auch die Annahme von Sanktionen – zu unterstützen. Ecowas hatte die Machtübernahme zuvor «auf das Schärfste» zurückgewiesen. Der EU-Außenbeauftragte betonte am Samstag zudem, dass sich der «inakzeptable Angriff auf die Integrität der republikanischen Institutionen Nigers» auf die Partnerschaft der EU mit dem Land auswirken werde. So würden die Budgethilfe sofort eingestellt und alle Maßnahmen der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Allein für den Zeitraum von 2021 bis 2024 waren über ein Mehrjahresprogramm Unterstützungszahlungen in Höhe von mindestens 503 Millionen Euro vorgesehen. Wie viel davon schon abgeflossen ist, war zunächst unklar. (29. Juli)
Brüssel genehmigt 40-Millionen-Hilfe für LNG-Terminal Brunsbüttel
Brüssel – Die EU-Kommission hat eine staatliche Beihilfe Deutschlands in Höhe von voraussichtlich 40 Millionen Euro für das LNG-Terminal Brunsbüttel genehmigt. Der Anlandepunkt für Flüssigerdgas werde die Gasversorgung und -infrastruktur in Deutschland verbessern und so auch zur Energiesicherheit der EU beitragen, sagte die für Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager am Donnerstag in Brüssel. «Die heute genehmigte Maßnahme enthält ausreichende Vorkehrungen, um etwaige Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen.» Von der Beihilfe werden das Energieunternehmen RWE und der niederländische Energienetzbetreiber Gasunie profitieren, wie die EU-Kommission mitteilte.
Konkret soll die staatliche Förderbank KfW den beiden Unternehmen einen Anteil an den vom Betreiber des LNG-Terminals gezahlten Dividenden gewähren, falls die Jahresrendite des Projekts unter einen bestimmten Prozentsatz sinkt. Die Betreiberfirma ist ein Gemeinschaftsprojekt der KfW, Gasunie und RWE. Wenn das Projekt hingegen genug Geld abwerfe, sollen keine Beihilfen gezahlt werden, hieß es. Den Angaben zufolge wird aber geschätzt, dass sich die Höhe der Hilfe auf 40 Millionen Euro belaufen dürfte. Der Mechanismus, über den das Geld verteilt werden soll, ist auf 15 Jahre angelegt.
Deutschland setzt unter anderem auf LNG (Liquefied Natural Gas), um russische Gaslieferungen zu ersetzen. Es baut dafür im Eiltempo eine eigene Infrastruktur auf. Ende März war Gas erstmalig in das Terminal in Brunsbüttel eingespeist worden, weitere LNG-Anlandepunkte gibt es in Wilhelmshaven und Lubmin.
Die Kommission wacht in der EU unter anderem darüber, dass die Mitgliedsstaaten ihren Unternehmen durch staatliche Unterstützung keine unangemessenen Vorteile verschaffen. So soll beispielsweise verhindert werden, dass ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland seinen Firmen dabei hilft, Konkurrenten aus anderen EU-Staaten aus dem Markt zu drängen. Deswegen müssen größere Beihilfen von der Kommission geprüft und genehmigt werden. (27. Juli)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.