Berlin – Die Bürger wählen im Frühjahr die Abgeordneten für das Europäische Parlament – in Deutschland ist die Stimmabgabe am 9. Juni. Dazu stellen die Parteien auf europäischer und auf nationaler Ebene Spitzenkandidaten auf. In Deutschland sind dies Folgende:
SPD: Katarina Barley führt die SPD als Spitzenkandidatin in die Europawahl. Für die Juristin ist es die zweite Spitzenkandidatur nach der Europawahl 2019. Bislang ist die 55-Jährige Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Vor ihrer Karriere beim Europäischen Parlament war Barley Bundesjustizministerin, zuvor Familienministerin und SPD-Generalsekretärin sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht. Die zweifache Mutter ist seit 1994 Mitglied der SPD. «Ich bin Europäerin durch und durch», versichert Barley auf ihrer Internetseite. Die Mutter der gebürtigen Kölnerin ist Deutsche, der Vater Brite. Studiert hat Barley unter anderem in Paris.
FDP: Mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann ziehen die deutschen Liberalen in den Europawahlkampf. Die 65-Jährige ist seit 2017 Abgeordnete des Bundestags, seit 2021 auch Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Die gebürtige Düsseldorferin und Mutter dreier Kinder ist dafür bekannt, leidenschaftlich für ihre Ziele zu argumentieren – wie bei der Waffenhilfe für die Ukraine. Studiert hat sie Publizistik, Politik und Germanistik, samt Promotion. Unter anderem war Strack-Zimmermann mehr als 20 Jahre Repräsentantin im Vertrieb für einen Jugendbuchverlag. Privat fährt sie gerne Motorrad.
Grüne: Für die deutschen Grünen geht die EU-Abgeordnete Terry Reintke als Spitzenkandidatin ins Rennen. Ein Parteitag schlug Reintke aber auch als Spitzenkandidatin für die europäischen Grünen vor – die Wahl ist am 2. Februar im französischen Lyon. Reintke kommt aus Gelsenkirchen und ist Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament. Sie gilt als selbstbewusste Feministin, ehrgeizig und Verfechterin einer starken Sozialpolitik. Die 36-Jährige könnte auch Deutschlands nächste EU-Kommissarin werden. Die Ampel-Parteien haben festgehalten, dass die Grünen das Vorschlagsrecht haben, sollte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Brüssel verlassen.
Union: Bei der CDU heißt es vorerst noch: Warten. Nämlich, bis von der Leyen bekanntgibt, ob sie als Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) antritt. Generelle Unterstützung für die Christdemokratin hat ihre heimische Union schon seit längerem signalisiert. Bei der CDU steht am 19. Februar eine Präsidiumssitzung an, zu der auch von der Leyen erwartet wird. In die Europawahl geht die CDU jeweils mit Landeslisten, an der Spitze der CSU-Liste in Bayern steht EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Der 51-Jährige war bereits bei der Europawahl 2019 als Spitzenkandidat angetreten – damals für die gesamte EVP und das Amt des Kommissionspräsidenten, das er aber am Ende nicht bekam.
AfD: Die AfD-Liste zur Europawahl führt Maximilian Krah (47) an, der die Unterstützung des Rechtsaußen-Flügels der Partei genießt. Der gebürtige Dresdner ist seit 2019 Europaabgeordneter. 2023 veröffentlichte der Rechtsanwalt ein Buch mit dem Titel «Politik von rechts. Ein Manifest». Es erschien im Verlag von Götz Kubitschek, der nach Einschätzung des Verfassungsschutzes zu den wichtigsten Akteuren der sogenannten Neuen Rechten zählt. Krah war früher in der eigenen Partei wegen seiner Nähe zu China kritisiert worden und musste sich wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei einer Ausschreibung rechtfertigen – er selbst spricht von einer anonymen Schmutzkampagne.
Linke: Spitzenkandidat auf der Liste für die Europawahl ist Parteichef Martin Schirdewan zusammen mit der parteilosen Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete. Schirdewan ist Bundesvorsitzender der deutschen Linken und Co-Chef der Linksfraktion GUE/NGL im Europaparlament. Der promovierte Politikwissenschaftler wurde 1975 in Ostberlin geboren und war 2019 schon einmal Spitzenkandidat zur Europawahl. Carola Rackete ist parteilose Aktivistin. Die 35-jährige Kapitänin wurde 2019 international bekannt, als sie mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen auf dem Schiff «Sea Watch 3» trotz eines Verbots der italienischen Behörden die Insel Lampedusa anlief.
Bündnis Sahra Wagenknecht: Für die Wagenknecht-Partei treten der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi und der ehemalige SPD-Politiker Thomas Geisel als Spitzenkandidaten an. Der 43-jährige De Masi saß von 2014 bis 2017 für die Linke im Europaparlament, bevor er für die Linke in den Bundestag nach Berlin wechselte. 2021 schied er aus dem Bundestag aus und erklärte 2022 seinen Austritt aus der Partei die Linke. Der studierte Volkswirt machte sich einen Namen als Aufklärer in Finanzskandalen, darunter der Cum-Ex-Skandal. Der 60-jährige Geisel war von 2014 bis 2020 Oberbürgermeister von Düsseldorf.
EVP-Chef Weber fordert Aufbau eines «europäischen Atomschutzschirms»
Berlin – Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, hat eine europäische atomare Abschreckung gefordert. «Ich bin dafür, mit Großbritannien und Frankreich zu reden, wie wir einen europäischen Atomschutzschirm aufbauen», sagte der CSU-Politiker im «Interview der Woche» von BR24. Die atomare Drohung sei die Lebensversicherung für jeden Staat, deshalb müsse die EU das Angebot des französischen Präsidenten Emmanuel Macron aufgreifen, den Atomschutzschirm seines Landes in europäische Strukturen einzubetten. Es müsse alles getan werden, um Verteidigung zu stärken und Abschreckung zu praktizieren.
Macron fordert seit langem, dass sich Europa in dem Bereich unabhängiger etwa von den USA machen sollte. In der Vergangenheit bot er Deutschland und anderen EU-Partnern bereits mehrfach Gespräche zur atomaren Abschreckung in der EU an. Dabei könnte es um die europäische Dimension der nuklearen Abschreckung Frankreichs gehen, erklärte der Staatschef im vergangenen Jahr auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Krieg betonte er, welch wichtige Rolle Atomwaffen in der Europäischen Union hätten und weiter haben müssten. Frankreich ist seit dem Austritt Großbritanniens 2020 die einzig verbliebene Atommacht der EU.
Weber pochte zudem erneut auf einen europäischen Raketenschutzschirm sowie einer Cyberabwehrbrigade. Dafür gemeinsame Schulden aufzunehmen, wie es die EU in der Corona-Pandemie getan hat, lehne der CSU-Politiker allerdings ab. «Wenn wir mehr für Verteidigung tun, müssen wir uns ehrlich machen und den Menschen sagen, das wird uns etwas kosten», sagte er BR24.
Deutschland hatte zuletzt den Aufbau einer weitreichenden Raketenabwehr in Europa etwa durch den Kauf des israelischen Luftverteidigungssystems Arrow 3 vorangetrieben. (26. Januar)
EU fordert von Israel Umsetzung von Gerichtsentscheid
Brüssel – Die EU-Kommission von Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell haben Israel zur Befolgung der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zum Gaza-Krieg aufgerufen. «Die EU erwartet, dass die vom IGH angeordneten Maßnahmen vollständig, sofort und wirksam umgesetzt werden», teilten sie am Freitag mit. Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs seien für die Vertragsparteien verbindlich, das heißt die Vertragsparteien müssten ihnen nachkommen.
Inhaltlich äußerten sich Borrell und die EU-Kommission nicht zu dem Richterspruch. Man nehme die Entscheidung zur Kenntnis, hieß es lediglich. Die EU sichere dem Internationalen Gerichtshof als wichtigstem Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen weiterhin seine Unterstützung zu. Das Recht jeder Vertragspartei, Argumente in Bezug auf die Zuständigkeit, die Zulässigkeit oder die Begründetheit vorzubringen, bleibe von der Entscheidung über den Antrag Südafrikas auf Anordnung vorläufiger Maßnahmen unberührt.
Der Internationale Gerichtshof hatte kurz zuvor die Gefahr von Völkermord im Gazastreifen festgestellt und Israel verpflichtet, alles zu tun, um das zu verhindern. Die Richter entsprachen damit zumindest teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte. Israel muss nun Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. (26. Januar)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl der dpa-Europaberichterstattung. Die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung liegt bei der dpa.