Berlin/Brüssel (dpa) – Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) strebt eine schnelle Einigung im Streit mit der EU-Kommission über das geplante Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor an. Eine Sprecherin sagte am Mittwoch in Berlin, die Gespräche seien weit fortgeschritten. «Wir haben sehr viele rechtliche Fragen umfassend geklärt und können uns jetzt den nächsten Details zuwenden. Unser Ziel bleibt: schnellstmöglich eine Einigung zu erzielen. Die Verfahren sind außerordentlich kompliziert und bedürfen einer sorgfältigen Prüfung von beiden Seiten.»
Am Donnerstag beginnt in Brüssel ein EU-Gipfel. Wissing will, dass die EU-Kommission einen verlässlichen Weg aufzeigt, wie Pkw mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 neu zugelassen werden könnten, sofern sie nur mit sogenannten E-Fuels betrieben werden.
Ein Sprecher von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte mit Blick auf einen Lösungsvorschlag der EU-Kommission, dieser Entwurf erscheine so, dass den Bedenken der FDP Rechnung getragen werde und einer Einigung nichts mehr im Weg stehe. In dem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, definiert die Behörde Kriterien für die Zulassung neuer Fahrzeuge, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden können.
Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten bereits im Herbst darauf verständigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung des Deals durch die EU-Staaten wurde wegen Nachforderungen Deutschlands jedoch abgesagt. Weil auch Italien, Bulgarien und Polen das Verbrennerverbot ablehnen, hätte es ohne die deutsche Zustimmung nicht die nötige Mehrheit für das Gesetz gegeben.
In der deutschen Bundesregierung ist es vor allem die FDP, die darauf dringt, dass auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrenner zugelassen werden dürfen, die klimaneutrale E-Fuels tanken. Die Partei begründet dies mit einem sogenannten Erwägungsgrund in der Einigung vom Herbst, der bestimmte Ausnahmen für Verbrenner mit E-Fuels vorsieht. (22. März)
Reparieren statt wegwerfen: EU-Kommission will Verbraucher stärken
Brüssel (dpa) – Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa sollen einem Vorschlag der EU-Kommission zufolge ein sogenanntes Recht auf Reparatur bekommen. Ziel ist es, die Bürger so finanziell zu entlasten und die Umwelt zu schonen.
Als Beispiele nennt die EU-Kommission etwa Wasch- und Spülmaschinen, Fernseher, Tablets, Smartphones und Trockner. Allgemein heißt es: «Der Vorschlag gilt für Verbrauchsgüter.» Gemeint sind damit «bewegliche körperliche Gegenstände». Zudem sollen alle Mängel an solchen Gütern abgedeckt sein – unabhängig davon, ob sie noch der gesetzlichen Gewährleistung unterliegen oder nicht. Also sollen auch selbst verschuldete Schäden repariert werden können.
Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen sich auf eine konkrete Ausgestaltung der Regeln einigen. Dieser Prozess dauert in der Regel mehrere Monate – eine Frist, bis wann die Verhandlungen abgeschlossen sein müssen, gibt es nicht. Es kann auch noch zu Änderungen kommen. Die Vorsitzende des Binnenmarktausschusses im EU-Parlament, Anna Cavazzini (Grüne), betonte, sie werde sich dafür einsetzen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht auf den Kosten von Reparaturen sitzen bleiben.
Auch der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber begrüßte den Vorschlag der Kommission. Er machte aber deutlich, dass es aus seiner Sicht nicht darum gehen dürfe, Verbraucher von Neukäufen abzuhalten.
Wie reagiert die deutsche Wirtschaft?
«Viele Unternehmen stellt das vorgeschlagene „Recht auf Reparatur“ vor große Herausforderungen», sagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. Wenn etwa Ersatzteile länger gelagert und Reparaturen innerhalb von 15 Tagen durchgeführt werden müssten, bedeute dies zusätzliche logistische und finanzielle Belastungen. «Sehr viele Unternehmen sind derzeit betrieblich nicht in der Lage, den Anspruch auf Reparatur in der Praxis umzusetzen.»
«Scheinheilig und neokolonial» – Greenpeace greift Özdemir an
Berlin (dpa) – Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) bekommt wegen seiner Haltung zum geplanten EU-Mercosur-Freihandelsabkommen scharfe Kritik von Umweltschützern und Bauern. Die Handelsexpertin der Umweltorganisation Greenpeace, Lis Cunha, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es ist scheinheilig und neokolonial von Özdemir, ein Freihandelsabkommen durchzudrücken, mit dem Scheinargument, dass es den Hunger und die Waldzerstörung in Brasilien bekämpft.» Den Regenwald schütze man nicht mit einem Handelsabkommen, das den Import schädlicher Produkte wie Rindfleisch und Pestizide erhöhe.
Özdemir hatte bei einem Treffen mit seinen EU-Kolleginnen und -Kollegen am Montag gesagt, man unterstütze die EU-Kommission darin, Nachhaltigkeit in den Verhandlungen über ein Zusatzabkommen zu stärken. Es gehe um den Regenwaldschutz, aber auch darum, dass es klare Mechanismen zur Überprüfung brauche. Özdemir betonte, dass es klare Leitplanken beim Thema Nachhaltigkeit brauche. Der Minister erläuterte zudem, dass Auswirkungen von Mercosur auf die deutsche Landwirtschaft «doch sehr überschaubar» seien. Man habe dies durch das bundeseigene Thünen-Institut wissenschaftlich begleiten lassen.
Der Präsident vom Deutschen Bauernverband Joachim Rukwied sagte am Dienstag der dpa: «Minister Özdemir verharmlost die Auswirkungen des Mercosur-Abkommens auf die europäische Landwirtschaft.» Die EU-Pläne und das Mercosur-Abkommen zusammen setzten die Lebensmittelerzeugung in der EU massiv unter Druck. Im Ergebnis würde deutlich mehr aus Südamerika importiert. «Hier heben wir die Standards und verteuern unsere heimische Waren, und gleichzeitig importieren wir Dumpingware, die zu Standards aus dem vergangenen Jahrhundert erzeugt wird», warnte Rukwied.
Die EU verhandelt schon seit 1999 mit dem Mercosur, zu dem Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay, gehören über ein Abkommen. Entstehen würde eine der größten Freihandelszonen der Welt mit mehr als 700 Millionen Menschen. Das Abkommen liegt auch angesichts der Verweigerung des vorigen, rechtsradikalen Präsidenten Brasiliens, Jair Bolsonaro, beim Klimaschutz auf Eis. Umwelt- und Verbraucherschützer machen gegen das Abkommen mobil.
Greenpeace kritisierte nun, ein entsprechendes Freihandelsabkommen fördere den Export etwa von Rindfleisch und Zuckerrohr auf Kosten lokaler und nachhaltiger Landwirtschaft. «EU-Mercosur wird in Brasilien also nur den großen exportierenden Agrarkonzernen zugutekommen», sagte Greenpeace-Vertreterin Cunha. (21. März)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.