Straßburg – Die Europaabgeordneten haben heute in Straßburg 14 Vizepräsidenten des neuen Europäischen Parlaments gewählt, das aus den Wahlen im Juni hervorgegangen ist. Elf Vizepräsidenten konnten im ersten Wahlgang gewählt werden, im zweiten Wahlgang wurden dann drei weitere Europaabgeordnete gewählt. Die tschechische Europaabgeordnete der Fraktion Patrioten für Europa, Klára Dostálová, und ihr Kollege aus derselben Fraktion, Fabrice Leggeri, waren nicht darunter. Ebenso scheiterte die Kandidatin einer weiteren rechtsextremen Fraktion, Europa der souveränen Nationen (Europe of Sovereign Nations, ESN), Ewa Zajaczkowská-Herniková. Klára Dostálová erhielt 214 Stimmen, für die Wahl waren jedoch mindestens 333 erforderlich.
Christdemokraten, Sozialisten und Liberale hatten bereits zuvor erklärt, dass sie wie in der Vergangenheit das Prinzip des „cordon sanitaire“ anwenden wollen, eine informelle Vereinbarung zwischen den politischen Gruppen zur Isolierung rechtsextremer Fraktionen. In der Praxis bedeutet dies, ihnen keine hohen Positionen im EP zu ermöglichen. In der Vergangenheit galt dies für die Fraktion Identität und Demokratie (ID), nun ist es ähnlich bei den Patrioten für Europa, die eine ähnliche Zusammensetzung haben.
Beim ersten Wahlgang scheiterte tatsächlich keiner der Kandidaten der Patrioten für Europa oder einer weiteren neuen rechtsextremen Fraktion, Europa der souveränen Nationen (ESN). „Ich sehe es als Test der Demokratie. Wenn wir uns hier Demokraten nennen und demokratische Werte hochhalten, sollten wir die sogenannte d’Hondtsche Methode beachten, die die Anzahl der Sitze über die Fraktionen hinweg auch in der Führung des Europäischen Parlaments festlegt“, sagte Dostálová den tschechischen Journalisten in Straßburg. Angesichts der Tatsache, dass die Fraktion Patrioten für Europa die drittgrößte ist, sollte sie ihrer Meinung nach Anspruch auf zwei Vizepräsidentenposten und einen Quästor haben. „Jetzt zeigt sich in der Praxis, wie die einzelnen Fraktionen es tatsächlich mit der Demokratie meinen,“ fügte die tschechische Europaabgeordnete hinzu, die zugleich stellvertretende Vorsitzende der Fraktion ist.
Laut Kommentaren der Brüsseler Medien zeigte sich bei dieser Wahl eben jenes Prinzip des „cordon sanitaire“, von dem bereits vor ein paar Tagen auch der Sprecher der EVP-Fraktion, Pedro López de Pablo, sprach. „Wir verhandeln mit Renew und den Sozialisten über einen cordon sanitaire gegen die extreme Rechte und die prorussischen Abgeordneten,“ sagte er damals. „Wir wollen nicht, dass diese Europaabgeordneten das Europäische Parlament nach außen vertreten,“ fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich der tschechische Europaabgeordnete Luděk Niedermayer von der TOP 09, der ebenfalls in der EVP tätig ist. „Hier überwiegt die Meinung, dass sie so wilde, unannehmbare Ansichten zur Europäischen Union und zu deren Interessen vertreten, dass es nicht gut ist, wenn sie als Vertreter hoher Ämter auftreten,“ sagte er den Journalisten in Straßburg über die Vertreter der extremen Rechten.