Prag – Tschechien löst laut der Europäischen Kommission (EK) das Problem der Segregation von Roma-Kindern in Schulen nicht wirksam. Brüssel hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Prag eingeleitet, weil es gegen die EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Rassismus und ethnischer Diskriminierung verstößt. Die Organisation Romea stimmt der Kritik zu und ist der Meinung, dass die Einordnung von Roma-Schülern in spezielle Klassen sich negativ auf ihre Integration in die Gesellschaft auswirkt. Im Gegenteil, der Direktor einer Grundschule im Prager Stadtteil Mojžíř hält die Behauptungen über Diskriminierung für absurd. Das Bildungsministerium gab als Reaktion auf die Kritik der EK bekannt, dass es um die Probleme wisse und der Kommission sowohl bereits eingeführte Maßnahmen als auch den neuen Aktionsplan zur Desegregation vorstellen möchte. Laut dem Ombudsmann verbessert sich die Situation der Roma-Kinder in den Schulen nicht besonders.
Die Kommission wirft Tschechien vor, die Richtlinie zur Rassengleichheit nicht einzuhalten, die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft in wichtigen Lebensbereichen, einschließlich Bildung, untersagt. Bereits vor zehn Jahren forderte Brüssel Prag auf, das unverhältnismäßige und systematische Platzieren von Roma-Schülern in separaten Schulen für Kinder mit Behinderungen anzugehen. Nun hat die Kommission eine sogenannte Zusatzaufforderung gesendet, und Tschechien hat zwei Monate Zeit, um zu antworten und die Mängel zu beheben.
„Was zum Beispiel die Anzahl der Roma-Schüler in Klassen für Schüler mit besonderen Bildungsbedürfnissen betrifft, so sind diese im Vergleich zur Vertretung der Roma in der Bevölkerung wirklich konstant höher“, sagte heute auf Anfrage der ČTK die Sprecherin des Ministeriums Tereza Fojtová. Das Ministerium will laut ihr der Kommission sowohl bereits eingeführte Maßnahmen als auch den neuen Aktionsplan zur Desegregation vorstellen, den Tschechien umsetzt. Derzeit entwickelt das Ministerium zusammen mit anderen Institutionen und Partnern eine Methodik für Schulträger. Laut einer Umfrage vom letzten März gibt es in Tschechien fast achtzig Schulen, in denen die Mehrheit der Schüler Roma-Kinder sind. In knapp zwanzig Schulen der Republik gehen fast nur Roma-Schüler. Laut den Statistiken des Bildungsministeriums gab es im vergangenen Schuljahr in Tschechien insgesamt 4276 Grundschulen.
Aus den Daten des Bildungsministeriums geht laut dem Ombudsmann Stanislav Křeček hervor, dass sich die Situation der Roma-Kinder in den Schulen nicht besonders verbessert. „Etwa ein Viertel der Roma-Schüler wird in Programmen mit reduzierten Anforderungen unterrichtet“, sagte Křeček. Das Bildungsministerium empfahl er unter anderem, die schulischen Beratungsstellen zu einem häufigeren Einsatz moderner Diagnosetools zu bewegen. Überholte Diagnosen können bei Roma-Schülern möglicherweise die angeborenen geistigen Fähigkeiten und den Umwelteinfluss nicht richtig unterscheiden. (3. Oktober)