Kiruna – Die EU kann Satelliten künftig von ihrem eigenen europäischen Territorium ins All schicken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eröffnete dafür am Freitag im nordschwedischen Raumfahrtzentrum Esrange gemeinsam mit Schwedens König Carl XVI. Gustaf und Ministerpräsident Ulf Kristersson einen neuen Startplatz, der den EU-Weltraumbahnhof bei Kourou im zu Frankreich gehörenden Französisch-Guayana in Südamerika ergänzen soll. Auf dem Weg zu einer stärkeren Unabhängigkeit von Russland wird dem Komplex in der Nähe von Kiruna große Bedeutung beigemessen.
«Die aktuelle geopolitische Lage – nicht zuletzt natürlich der russische Einmarsch in die Ukraine – hat demonstriert, wie wichtig es ist, dass die Europäische Union Zugang zum Weltraum hat», sagte Kristersson bei der Einweihung. Dort schnitt er zusammen mit dem König und der Kommissionspräsidentin symbolisch ein Band in den Farben Blau-Gelb durch – passenderweise sind das nicht nur die schwedischen Nationalfarben, sondern auch die der Ukraine.
«Das ist ein großer Augenblick für Europa, ein großer Augenblick für Europas Raumfahrtindustrie», sagte von der Leyen. Der Weltraumbahnhof biete ein unabhängigen europäischen Zugang zum Weltraum und liefere genau die Infrastruktur, die benötigt werde.
Esrange soll nach Angaben des schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC einen neuen Zugang zum All bieten und damit den EU-Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana auf der anderen Seite des Atlantiks ergänzen. Zum einen sollen vom dünn besiedelten und stark bewaldeten Nordschweden aus kleinere Satelliten ins All geschossen werden, zum anderen sollen dort auch wiederverwendbare Raketen getestet werden. Der erste Satellitenstart ist nun für Ende 2023 geplant. (13. Januar)
Justizreform in Polen wird geändert – Hoffnung auf EU-Gelder
Warschau – Polens Parlament hat einem Gesetzentwurf zur Änderung der umstrittenen Justizreformen zugestimmt. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Freitag für den Entwurf der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Der Schritt soll das Land näher an eine Freigabe von milliardenschweren Corona-Finanzhilfen bringen, die die EU-Kommission wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingefroren hat. Nach der Verabschiedung durch den Sejm, der ersten Kammer des Parlaments, muss der Gesetzentwurf nun noch den Senat, die zweite Kammer, passieren.
Die seit 2015 regierende PiS hatte das Justizwesen des Landes umgestaltet. Die EU-Kommission nahm besonders Anstoß an der 2018 eingeführten Disziplinarkammer am Obersten Gerichtshof, die jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen konnte. Im Juli 2021 urteilte der Europäische Gerichtshof, dass Polen damit gegen europäisches Recht verstößt. Im Juli 2022 wurde die Disziplinarkammer schließlich aufgelöst. Stattdessen wurde eine «Kammer für berufliche Verantwortung» am Obersten Gericht eingerichtet.
Diese Änderung erfüllte jedoch nicht alle Bedingungen der EU-Kommission. Der nun vom Parlament in Warschau verabschiedete Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass für Disziplinarangelegenheiten künftig statt des Obersten Gerichts das Oberste Verwaltungsgericht zuständig sein soll. Die EU-Kommission hat sich bislang nicht klar zu der Frage geäußert, ob der neue Gesetzentwurf ihre Kriterien für eine Freigabe der Corona-Hilfsgelder entspricht. In einer ersten Stellungnahme am Freitag sprach sie von einem «wichtigen Schritt». (13. Januar)
Defizit in der Handelsbilanz der Eurozone geht weiter zurück
Luxemburg – Das Handelsdefizit der Eurozone hat sich im November den dritten Monat in Folge verringert. Gegenüber dem Vormonat sei das saisonbereinigte Defizit um 12,9 Milliarden auf 15,2 Milliarden Euro geschrumpft, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg mitteilte. Noch im August war das Defizit mit knapp 46 Milliarden Euro so hoch ausgefallen wie noch nie seit Bestehen des Währungsraums. Seitdem ist das Defizit kontinuierlich geschrumpft.
Der Saldo der Handelsbilanz ergibt sich aus der Differenz zwischen Exporten und Importen. In der Regel verzeichnen die Eurozone und die EU Überschüsse im Außenhandel. Die aktuelle Entwicklung geht darauf zurück, dass die Importe gesunken und die Exporte gestiegen sind. (13. Januar)
EU-Gesundheitsbehörde: Niedriges Risiko durch Corona-Sublinie XBB.1.5
Stockholm – Die Sublinie XBB.1.5 der Omikron-Variante des Coronavirus stellt nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC für die meisten Menschen in Europa kein größeres Risiko dar. Das von XBB.1.5 ausgehende Risiko für die allgemeine Bevölkerung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) werde als niedrig eingestuft, schrieben die Gesundheitsexperten in einer am Freitag veröffentlichten Bewertung. Ein mäßiges bis hohes Risiko bestehe dagegen je nach Immunität gegen das Coronavirus für gefährdete Personen wie Ältere, Nicht-Geimpfte und Immungeschwächte.
Trotz eines derzeit noch geringen Anteils an den Corona-Fallzahlen rechnet die in Stockholm ansässige Behörde mit einer schnellen Ausbreitung der Sublinie. Mathematische Modelle deuteten darauf hin, dass XBB.1.5 im EWR schon nach ein bis zwei Monaten dominant werden könnte, hieß es in der Bewertung. Es gibt demnach derzeit keine Anzeichen dafür, dass eine Infektion mit XBB.1.5 einen schwereren Krankheitsverlauf nach sich zieht als eine mit vorherigen Omikron-Sublinien. Zum EWR zählen neben den 27 EU-Mitgliedstaaten außerdem noch Norwegen, Island und Liechtenstein. (13. Januar)
EuGH: Pauschalreisende können wegen Corona Geld zurückverlangen
Luxemburg – Pool und Strand gesperrt, Essen im Zimmer, Ausgangssperren – die Corona-Maßnahmen konnten den Urlaub unter Umständen ziemlich vermiesen. Aber dürfen Pauschalreisende deswegen unter Umständen ihr Geld zurückverlangen? Ja, sagt der Europäische Gerichtshof (EuGH) und stellt sich recht deutlich auf die Seite von Pauschalurlaubern.
Hintergrund des Urteils vom Donnerstag ist ein Fall aus Deutschland. Die zwei Kläger buchten für März 2020 eine zweiwöchige Reise auf die Kanarischen Inseln. Zwei Tage nach ihrer Ankunft wurden dort wegen der Corona-Pandemie die Strände gesperrt und eine Ausgangssperre verhängt. Im Hotel war der Zutritt zu Pools und Liegen verboten, das Animationsprogramm wurde komplett eingestellt. Nach sieben Tagen endete die Reise – also deutlich früher als geplant. Die Kläger wollten daraufhin nur noch 30 Prozent des Preises für den Urlaub zahlen. Der Reiseveranstalter verweigerte dies mit der Begründung, dass er nicht für ein solches «allgemeines Lebensrisiko» einstehen müsse. Daraufhin klagten die beiden vor dem Landgericht München.
EU-Gesetzen zufolge haben Urlauber einen Anspruch darauf, dass der Preis reduziert wird, wenn die Reise nicht vertragsgemäß erfüllt wird – es sei denn, der Reiseveranstalter belegt, dass das Problem an den Reisenden lag. Reisende, die Flug und Unterkunft auf eigene Faust buchen, sind generell nicht so gut abgesichert wie Pauschalurlauber. Für sie gelten nicht dieselben Regeln. Der EuGH sollte nun klären, ob die Corona-Maßnahmen auf Gran Canaria gegen die vereinbarte Buchung verstoßen haben.
Die Luxemburger Richter nehmen die Reiseveranstalter nun in die Pflicht: Corona-Maßnahmen können einen Verstoß gegen den bei der Buchung abgeschlossenen Vertrag darstellen. Dafür müssten die Reiseveranstalter haften, unabhängig davon, ob ihnen die Probleme zugerechnet werden könnten. Ob der gesperrte Pool, das fehlende Animationsprogramm oder der fehlende Zugang zum Strand Gründe für eine Minderung sind und wie hoch der Betrag ausfällt, muss nun das Landgericht München entscheiden. (12. Januar)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.