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Die Europäische Union will gegen die illegale Migration über die Balkanroute vorgehen. Ein Aktionsplan soll vor dem Balkangipfel am 6. Dezember vorliegen, kündigte EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas nach dem Sonderrat der EU-Innenminister am Freitag in Brüssel an. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) erwartet fünf konkrete Maßnahmen. Karner lehnt die Schengen-Erweiterung weiter ab. „Aus jetziger Sicht kann ich mir diese Erweiterung nicht vorstellen“, sagte er.

Im Zentrum des Treffens stand ein Aktionsplan der EU-Kommission zur Mittelmeerroute. „Österreich wünscht sich auch einen Aktionsplan (zur Balkanroute, Anm.), das ist ein legitimer Wunsch, der kommt ja nicht von ungefähr“, sagte der tschechische Innenminister und amtierende Ratsvorsitzende Vit Rakusan. Schengen sei nach wie vor eine der höchsten Prioritäten der tschechischen EU-Präsidentschaft. Prag sei dafür, alle drei Schengen-Kandidaten – Rumänien, Bulgarien und Kroatien – aufzunehmen, dies sei aber bei dem heutigen Treffen nicht diskutiert worden, sondern soll am 8. Dezember diskutiert werden.

Auch Schinas forderte die Aufnahme aller drei Schengen-Kandidaten. Alle drei Länder hätten zur Vorbereitung „mehr gemacht als die jetzigen Schengen-Mitglieder“. Den Zweiflern rate er: „Denkt noch mal darüber nach“, so Schinas. Die Schengen-Erweiterung bringe mehr, und nicht weniger Sicherheit.

Karner forderte vor dem Sondertreffen in einem Brief an EU-Innenkommissarin Ylva Johansson und Schinas fünf konkrete Punkte: erstens ein Pilotprojekt für Asylverfahren in einem EU-Land an der EU-Außengrenze, zweitens eine „Zurückweisungsrichtlinie“, mit der Einzelfallprüfungen nicht mehr erforderlich wären, drittens Asylverfahren in sicheren Drittstaaten, viertens die leichtere Aberkennung des Schutzstatus nach der Verfahrensrichtlinie auch bei nicht-schweren Straftaten und fünftens mehr Unterstützung von EU-Staaten für Frontex an der EU-Außengrenze und in Drittstaaten. Von der EU-Kommission erwarte er auch eine weitere finanzielle Unterstützung für den Außengrenzschutz, so Karner.

Schinas nannte die österreichischen Vorschläge „konstruktiv“, „sie gehen in unsere Richtung“, so der EU-Kommissionsvize. Größtes Problem Österreichs sei die Westbalkanroute.

„Wir haben in Österreich eine unerträgliche Situation“, sagte Karner. Allein im heurigen Jahre habe Österreich über 100.000 Aufgriffe, davon 75.000 nicht-registrierte Migranten, „obwohl wir ein Binnen-EU-Land sind. Das heißt, da funktioniert etwas nicht am System.“ Es gebe insgesamt ein Problem mit der Westbalkanroute. 40 Prozent der Migranten kämen über den Flughafen Belgrad, weitere 40 Prozent über den Landweg über Rumänien, Bulgarien, Serbien und Ungarn und weitere 20 Prozent verteilt über andere Wege.

Durch die „Zurückweisungsrichtlinie“ will sich Karner die Einzelfallprüfung ersparen, für Länder, deren Angehörige keine Chance auf Asyl hätten, wie er sagte. Karner nannte Indien und Tunesien als Beispiel, aus denen heuer besonders viele Asylanträge kommen.

Zu der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Schengen-Erweiterung um Kroatien, Rumänien und Bulgarien bekräftigte Karner, „dass ich es für Österreich nicht für sinnvoll halte, dass man ein System, das nicht funktioniert – und Schengen funktioniert nicht, ist funktionslos – derzeit noch zu vergrößern.“ Karner: „Aus derzeitiger Sicht kann ich mir keine Zustimmung (zur Schengen-Erweiterung, Anm.) vorstellen, aber das steht heute nicht auf dem Programm.“ Er wiederhole seine Aussagen, wonach der Großteil der Ankommenden über die Balkanroute komme, „und dass Kroatien nicht das Problem ist“.

Der luxemburgische Außen- und Migrationsminister, Jean Asselborn, sprach sich dagegen aus, Bulgarien und Rumänien nicht in den Schengenraum aufzunehmen. „Die Kommission hat positiv geantwortet auf die drei Länder“, sagte er. „Wir können jetzt nicht sagen, wir nehmen nur ein Land.“ Er sei mit Österreich in diesem Punkt nicht einverstanden, „die Balkanroute ist ein anderes Problem“.

Karner ortete Unterstützung für seine Forderungen. Er habe zuletzt intensive Kontakte mit der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft sowie zu Griechenland, Polen und Litauen gehabt. Eine Erleichterung erwartet sich der Innenminister auch von der geänderten Visapolitik durch Serbien. Gegenüber Tunesien habe Belgrad bereits reagiert, bis Jahresende werde Serbien auch seine Visapolitik gegenüber Indien anpassen. Allein im heurigen Jahr habe Österreich 15.000 Anträge aus Indien, im Vorjahr seien es noch 200 gewesen.

Ex-Innenminister Schlögl: Österreich versagt bei Migration seit Jahrzehnten

Ex-Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) sieht jahrzehntelange Versäumnisse in Österreichs Migrationspolitik. Das Prinzip „Integration vor Neuzuwanderung“ habe er schon Ende der 1990er Jahre vertreten, sagte Schlögl im APA-Interview. „Und was war die Folge? In den folgenden Jahren sind hunderttausende Menschen neu nach Österreich zugewandert. Meine Kritik richtet sich an alle regierenden Parteien, die in den letzten 25 Jahren nichts weitergebracht haben in dieser Frage.“

Schlögl äußerte sich anlässlich des 25. Jahrestags des Beitritts Österreichs zum Schengen-Raum (1. Dezember). Diesen hatte der damalige Innenminister gegen heftige Widerstände erkämpft. „Das waren sehr schwierige Verhandlungen und sie waren gekennzeichnet dadurch, dass Deutschland nicht wollte, dass Österreich Schengen beitritt“, erinnerte sich Schlögl bereits in einem APA-Interview vor fünf Jahren.

Für Österreich sei der Beitritt zum Schengen-Raum ein „Quantensprung“ gewesen, weil damit das Reisen ohne Pass in der ganzen EU möglich geworden sei. „Nicht vorstellbar“ schien Schlögl damals, „dass es Situationen gibt, wo diese Grenzen wieder geschlossen werden“. „Das war für mich damals so unmöglich wie für mich vor der Brexit-Abstimmung möglich gewesen wäre, dass die Briten austreten“, so Schlögl, der von 1997 bis 2000 als bisher letzter SPÖ-Politiker im Innenministerium amtierte und danach bis 2018 Bürgermeister der niederösterreichischen Stadt Purkersdorf war.

In der aktuellen Debatte um die Schengen-Erweiterung stellt sich Schlögl klar an die Seite seines Landsmanns Gerhard Karner. „Ich gebe dem jetzigen Innenminister Recht. Bulgarien und Rumänien haben in keiner Weise ihre Hausaufgaben erfüllt“, sagte er. Abschreiben will Schlögl das Schengen-Abkommen aber nicht. „Ich sehe das nicht so kritisch. Schengen hat seine Bedeutung und seinen Sinn“, betonte er. „Ich bin froh, dass es in großen Teilen Europas keine Kontrollen gibt.“

Das Problem sei der fehlende konsequente EU-Außengrenzschutz und die Nichtanwendung der Asylregeln, kritisierte Schlögl. Bei getreuer Auslegung des Dublin-Abkommens dürfte es im EU-Binnenstaat Österreich nämlich „nie ein Asylverfahren geben“, betonte er. „Das Dublin-Abkommen ist tot, das ist eine Katastrophe.“

In dieser Frage sieht Schlögl die Existenz der Europäischen Union an sich auf dem Spiel. „Wenn man hier nicht bald einen Riegel vorschiebt, wird die EU selbst infrage gestellt“, verwies der SPÖ-Politiker auf den Zulauf für rechtspopulistische Parteien in vielen Mitgliedsstaaten. Es sei nämlich „eine Mär zu sagen, es kommen (durch Migration, Anm.) qualifizierte Leute, die wir integrieren können. Es ist zum Teil das Gegenteil der Fall.“

Dabei habe man nach dem Ende der Flüchtlingskrise 2016 eigentlich schon geglaubt, das Problem im Griff zu haben. Im Vergleich zu damals hätten sich die Herkunftsländer verschoben „und der Teil der Wirtschaftsflüchtlinge ist bedeutend höher“, sagte Schlögl. Dies habe mit wirtschaftlichen Problemen, aber etwa auch mit der Visapolitik einiger Länder wie Serbien zu tun.

„Viel zu wenig positioniert“ sieht Schlögl in der Migrationsfrage seine eigene Partei. „Ich hoffe, dass es demnächst zu einem Umdenken kommen wird“, sagte der Ex-Minister, der diesbezüglich vor allem auf die Bundesebene abzielt. Manche SPÖ-Landesparteien wie etwa jene im Burgenland, Niederösterreich oder Salzburg hätten sich nämlich schon entsprechend positioniert. Angesprochen auf das von den Landeshauptleuten Peter Kaiser und Hans-Peter Doskozil (beide SPÖ) im Jahr 2018 ausgearbeitete SPÖ-Migrationskonzept sagte Schlögl, er halte dies für „sehr, sehr gut“. „Ich höre die Botschaft wohl, allein mir fehlt der Glaube“, fügte er hinzu.

EU-Asylanträge um 17 Prozent gestiegen – Österreich pro Kopf führend

EU-weit sind die Asyl-Erstanträge im August um 17 Prozent gegenüber Juli gestiegen. Österreich liegt gemessen an der Bevölkerungsgröße an erster Stelle. In absoluten Zahlen verzeichnete Deutschland die meisten Anträge, im August waren es 16.950 oder 22 Prozent der EU, wie Eurostat am Freitag mitteilte. Es folgen Österreich mit 14.030 Anträgen im August oder plus 18 Prozent, Frankreich (11.900; 15 Prozent), Spanien (8.650; 11 Prozent) und Italien (5.985; 8 Prozent).

Diese fünf EU-Staaten nahmen zusammen fast drei Viertel aller Asylanträge in der EU entgegen. Mit insgesamt 77.595 Erstanträgen im August dieses Jahres verzeichnete die EU einen Zuwachs von 54 Prozent gegenüber August 2021. Mit 1.563 Anträgen pro einer Million Einwohner liegt Österreich gemessen an der Bevölkerungsgröße auf dem ersten Platz, gefolgt von Zypern (1.482) und Kroatien (351). Am niedrigsten sind die Asylanträge pro Einwohner in Ungarn: Auf eine Million Einwohner kommt lediglich ein Antrag.

Im August stellten laut Eurostat Syrer die größte Gruppe unter den Asylbewerbern (11.860 Erstanträge), gefolgt von Afghanen (10.675), Indern (4.170), Türken (4.105) und Venezolanern (3.565).

Österreich ist auch EU-Spitze bei Asylanträgen unbegleiteter Minderjähriger. Im August verzeichnete Österreich mit 1.885 Anträgen die höchste Zahl in der EU – ein Anstieg um 48 Prozent gegenüber Juli. Dahinter lagen Deutschland (585; plus 21 Prozent) und die Niederlande (580; plus 29 Prozent).

Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl der APA-Europaberichterstattung. Die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung liegt bei der APA. Sie wird montags und donnerstags veröffentlicht.