Brüssel – Zum europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer totalitärer und autoritärer Regime hat die Europäische Kommission schwere Vorwürfe gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin erhoben. Putin habe Krieg, Verfolgung und illegale Besetzung auf den Kontinent zurückbracht, schrieben Vizepräsidentin Věra Jourová und Justizkommissar Didier Reynders zu dem Gedenktag an diesem Mittwoch. Der russische Staatsapparat verfälsche zudem die Geschichte und verbreite Verschwörungstheorien, um die Demokratien in der EU mit bösartigen Falschinformationen zu vergiften.
„Wir werden in unserem Bemühen nicht nachlassen, das Geschichtsbewusstsein zu fördern und diese Geschichtsklitterung mit Tatsachen zu entlarven, wo immer sie uns begegnet“, erklärten die Spitzenpolitiker. Die von Russland angegriffene Ukraine werde man weiterhin und so lange wie nötig unterstützen.
Putin brought back war & illegal occupation to our continent. 🇷🇺’s state apparatus distorts history with malicious disinformation.
— Věra Jourová (@VeraJourova) August 23, 2023
We will continue our work to promote remembrance and provide facts; we will continue to support 🇺🇦 for this war is about defending our democracies. pic.twitter.com/Fis3Uh4zqC
Etwas Hoffnung macht nach Ansicht von Jourová und Reynders die Geschichte. „Nach dem Zweiten Weltkrieg haben wir ein friedliches Europa aufgebaut, eine Union der Demokratien. Wir haben stabile demokratische Institutionen in Ländern errichtet, die noch vor nicht allzu langer Zeit unter dem erdrückenden Joch des Autoritarismus standen“, schrieben sie.
Der europaweite Tag des Gedenkens an die Opfer totalitärer und autoritärer Regime wird seit 2009 am 23. August begangen. Damit wird auch an den sogenannten Hitler-Stalin-Pakt erinnert. Der am 23. August 1939 unterzeichnete deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag gilt als ein Dokument, das den Weg zum deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 ebnete. (22. August)
Deutschland und Estland wollen Klima-Zusammenarbeit vertiefen
Berlin – Deutschland und Estland wollen im Kampf gegen die Klimakrise und zunehmende Desinformationskampagnen Russlands enger als bisher zusammenarbeiten. Der Bericht des deutschen Expertenrats der Bundesregierung für Klimafragen zeige: „Wir müssen alle gemeinsam mehr tun. Dafür unsere Kräfte zu bündeln, ist absolut notwendig, gerade in der Europäischen Union“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag nach einem Treffen mit Estlands Außenminister Margus Tsahkna in Berlin. „Denn in diesem Jahrzehnt entscheidet sich, ob die Weltgemeinschaft das Schlimmste der Erderwärmung, der Klimaerwärmung noch verhindern kann.“
Nach Einschätzung des Expertenrats bewertet die Bundesregierung ihre eigenen Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung zu optimistisch. Selbst wenn das Klimaschutzprogramm der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP komplett umgesetzt würde, würden Treibhausgase wohl weniger stark reduziert als vorausgesagt, erklärte der Vorsitzende des unabhängigen fünfköpfigen Gremiums, Hans-Martin Henning, in Berlin.
Sie freue sich sehr, dass Estland am Dienstag der deutsch-dänischen Freundesgruppe für eine ambitionierte EU-Klimadiplomatie beigetreten sei, sagte Baerbock. Mit Tsahkna habe sie darüber gesprochen, wie die Ostsee „zu einem besseren Hauptmotor unserer gemeinsam erneuerbaren Energieversorgung“ gemacht werden könne. Beim Ausbau von Offshore-Windkraft gebe es ein riesiges Potenzial. (22. August)
Deutsches Seenotrettungsschiff „Aurora“ in Italien festgesetzt
Lampedusa/Rom – Die italienischen Behörden haben das deutsche Seenotrettungsschiff „Aurora“ vorübergehend festgesetzt. Wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa am Montag berichtete, ziehe die Küstenwache das Schiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch für 20 Tage aus dem Verkehr. Die Organisation bestätigte den Vorgang. Als Grund sei angegeben worden, dass das Schiff ein Regierungsdekret missachtet habe. Die Crew des 14 Meter langen Boots steuerte nach der Rettung von 72 Menschen aus dem Mittelmeer die Insel Lampedusa an – die Behörden hatten ihr allerdings zuvor den Hafen im weiter entfernt liegenden Trapani im Nordwesten Siziliens zugewiesen.
Wir hatten einfach keine andere Möglichkeit, als nach Lampedusa einzulaufen.
Sea-Watch-Einsatzleiterin Rebecca Berker
Die Seenotretter erklärten, der Hafen sei mangels Treibstoff für das Schiff nicht erreichbar gewesen, zudem sei an Bord das Trinkwasser ausgegangen. „Wir hatten einfach keine andere Möglichkeit, als nach Lampedusa einzulaufen“, erklärte Sea-Watch-Einsatzleiterin Rebecca Berker in einer Mitteilung. Die Organisation forderte zudem die sofortige Freilassung der „Aurora“. Neben der Festsetzung droht Sea-Watch eine Geldstrafe von bis zu 10 000 Euro. Die zivilen Seenotretter sind der rechten italienischen Regierung von Regierungschefin Giorgia Meloni ein Dorn im Auge.
Etliche Menschen versuchen immer wieder mit oft seeuntauglichen Booten aus Tunesien und Libyen Italien zu erreichen. Bei den hochgefährlichen Überfahrten kommt es mitunter zu verheerenden Bootsunglücken. Das Innenministerium in Rom zählte in diesem Jahr mehr als 105 440 Menschen, die auf Booten Italien erreichten – im Vorjahreszeitraum waren es knapp 50 760. (21. August)
Baerbock: Druck auf Putschisten im Niger aufrechterhalten
Berlin – Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat sich nach dem Putsch im Niger hinter die Vermittlungsbemühungen der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas gestellt. Was Ecowas „gerade leistet, ist nicht nur wichtig für die Menschen im Niger. Es ist wichtig für den Frieden in der Welt. Es ist wichtig für die Charta der Vereinten Nationen“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag nach einem Gespräch mit der Außenministerin von Senegal, Aissata Tall Sall, in Berlin. Zugleich sprach sich Baerbock dafür aus, den Druck auf den neuen Militärmachthaber im Niger, Abdourahamane Tiani, etwa über Sanktionen aufrechtzuerhalten.
Was im Niger passiere, „betrifft uns alle, alle demokratischen Länder auf der Welt“, sagte Baerbock. Schaue man einfach weg, „wenn in einem Nachbarland oder auf einem anderen Kontinent eine demokratisch gewählte Regierung weggeputscht wird, dann droht das eben zu einem Regelbruch auch in anderen Regionen der Welt zu werden“. Ausdrücklich verglich die Ministerin die Lage im Niger und der westafrikanischen Sahel-Region mit der Situation in Europa nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.
#Niger verdient eine demokratische Zukunft. Ich begrüße die Vermittlungsbemühungen der @_AfricanUnion und von @ECOWAS_CEDEAO. Die Aussetzung der Entwicklungszusammenarbeit ist eine erste Konsequenz. Wir stehen bereit, gemeinsam mit Partnern weitere Maßnahmen zu ergreifen. 1/2
— Außenministerin Annalena Baerbock (@ABaerbock) August 1, 2023
Die Bundesregierung stehe hinter den Entscheidungen von Ecowas, auf den Putsch mit Sanktionen zu reagieren, sagte Baerbock. Die Europäische Union habe ähnliche Sanktionen auf den Weg gebracht. Man unterstütze Ecowas bei deren diplomatischen Bemühungen, aber auch dabei, Druck aufrechtzuerhalten. Man müsse zudem alles dafür tun, dass die Lage nicht auf weitere Länder und die Region übergreife, dass der nigrische Präsident Mohamed Bazoum wieder in Freiheit und Sicherheit leben könne und dass die demokratisch gewählte Regierung des Landes zurück ins Amt komme.
Die Außenministerin von Senegal warnte vor neuen Fluchtbewegungen in Richtung Europa. Die Vorgänge im Niger würden mit Sicherheit Auswirkungen auf die Migrationsströme in der Region haben. Sie hoffe, dass die Junta im Niger zur Vernunft gebracht werden könne und so „die Option der Gewaltanwendung nicht mehr in Frage kommen muss“, sagte sie angesichts der Drohungen von Ecowas mit einem Militäreinsatz im Niger. (21. August)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.