Hitzewellen haben in diesem Sommer gleichzeitig drei Kontinente der nördlichen Hemisphäre heimgesucht. In den bei Touristen besonders beliebten Mittelmeerländern wie Spanien, Italien und Griechenland stiegen die Temperaturen teilweise auf über 40 Grad Celsius, weitere Hitzewellen werden erwartet. Der Mittelmeerraum wird vom Zwischenstaatlichen Sachverständigenrat für Klimaänderungen der Vereinten Nationen (IPCC) schon seit langem als ein Hotspot des Klimawandels eingestuft.
Laut Experten der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und des Europäischen Dienstes für Klimawandel Copernicus soll der Juli der heißeste Monat seit Tausenden von Jahren werden. Dies belegen die ausgewerteten Daten bis zum 23. Juli.
„Wir müssen nicht auf das Ende des Monats warten, um das zu wissen. Wenn es in den nächsten Tagen nicht zu einer Mini-Eiszeit kommt, wird der Juli 2023 alle Rekorde brechen“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres und fügte hinzu: „Die Ära der globalen Erwärmung ist vorbei, die Ära des globalen Siedens ist da.“
Die Ära der globalen Erwärmung ist vorbei, die Ära des globalen Siedens ist da.
UN-Generalsekretär António Gu
Wissenschaftler der Initiative World Weather Attribution erklärten, dass die Hitzewellen, die Teile Europas und Nordamerikas im Juli heimgesucht haben, ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel kaum möglich gewesen wären.
„Überall auf der Welt erleben wir beispiellose Veränderungen“, sagte der führende NASA-Klimatologe Gavin Schmidt, wobei sowohl an Land als auch auf See Temperaturrekorde gebrochen werden.
Im vergangenen Jahr seien in Europa mehr als 60.000 Menschen an extremer Hitze gestorben, so Hans Kluge, der Direktor der Weltgesundheitsorganisation für Europa und fügte hinzu, dass die Zahl der Todesfälle durch extreme Hitze „von Jahr zu Jahr steigen wird“.
Europa zwischen zwei Extremen
Obwohl das Wetter in Deutschland und Nordeuropa in diesem Juli weniger warm war als in anderen Sommern, haben die Hitzewellen in Nordamerika, Asien und Südeuropa den weltweiten Durchschnitt in die Höhe getrieben.
Griechenland kämpft mit verheerenden Waldbränden auf den Inseln Evia, Korfu und Rhodos, die durch die große Hitze verursacht wurden. Tausende von Menschen wurden evakuiert. Nach Angaben der Europäischen Kommission haben die Länder der Europäischen Union Griechenland mit fast 500 Feuerwehrleuten und sieben Flugzeugen unterstützt, die in verschiedenen Gebieten des Landes eingesetzt wurden.
„Gemeinsam setzen wir die verfügbaren Ressourcen ein, um die Brände zu bekämpfen und unsere Bürger und Landschaften zu schützen“, sagte EU-Krisenkommissar Janez Lenarčič in einer Erklärung. Länder auf der ganzen Welt können im Katastrophenfall Hilfe von EU-Mitgliedern anfordern, wobei die Europäische Kommission den Einsatz von Katastrophenschutzausrüstung und Experten koordiniert.
Neben Griechenland sind auch andere Länder in Europa wie die Türkei, Spanien, Portugal, Italien und Frankreich mit ungewöhnlich hohen Temperaturen konfrontiert. In der Türkei liegen die Temperaturen an der Ägäis und am Mittelmeer nach Angaben des Wetterdienstes bis zu 8 Grad über dem für diese Jahreszeit üblichen Wert. In der Nähe der südkroatischen Stadt Dubrovnik explodierten durch Brände Landminen, berichteten lokale Medien.

Bislang ist Spanien in diesem Sommer von größeren Bränden verschont geblieben, aber das Land leidet unter einer Dürre, die durch hohe Temperaturen und einen monatelangen Mangel an Regen verursacht wird. Nach dem zweittrockensten Frühjahr seit 62 Jahren sind mehrere Gebiete, wie die beiden bevölkerungsreichsten Regionen Andalusien und Katalonien, von kritisch niedrigen Wasserständen in Stauseen und anderen Speicherstätten betroffen. In Andalusien erreichten die Stauseen in der vergangenen Woche nur 24 Prozent ihrer Gesamtkapazität, während in Katalonien in dieser Woche kaum 27 Prozent erreicht wurden.
Unterdessen erlebten viele europäische Länder und Regionen andere extreme Wetterereignisse, wie Stürme mit extremen Niederschlägen und Wind.
So kam es in Bosnien und Herzegowina im Mai und Juni durch starke Regenfälle zu Überschwemmungen und Sturzfluten, auf die eine erste Hitzewelle folgte. Stürme und starke Winde haben vor allem im Norden, aber auch in den südlichen Teilen Bosniens schwere Sachschäden verursacht.
Während Slowenien letztes Jahr um diese Zeit mit den schlimmsten Bränden seiner Geschichte zu kämpfen hatte, wurde es 2023 mit extrem schweren Unwettern mit starken Regenfällen, Hagel und Sturmböen konfrontiert. Auch Serbien wurde von Stürmen und Hagel heimgesucht, die Ernten, Infrastruktur, Autos und Wohnhäuser beschädigten.
Italien erlebte „einen der kompliziertesten Tage der letzten Jahrzehnte – Regenstürme, Tornados und riesiger Hagel im Norden und sengende Hitze und verheerende Brände in der Mitte und im Süden“, sagte der italienische Katastrophenschutzminister Nello Musumeci. Das Land kämpfte mit tödlichen und zerstörerischen Bränden im Süden und ebenso tödlichen Stürmen im Norden, die mindestens sieben Menschenleben forderten und schwere Schäden an Eigentum, Infrastruktur und Ernten verursachten. Die meisten Brände wurden durch Brandstiftung verursacht, so die Staatsanwaltschaft.
Extreme Temperaturen beeinträchtigen Wirtschaft, Infrastruktur und die Sicherheit
Angesichts der extrem hohen Temperaturen hat der Bedarf an Klimaanlagen den Stromverbrauch in die Höhe getrieben, was in einigen Ländern zu tagelangen oder wiederholten Stromausfällen sowie zu Schäden an unterirdischen Kabeln geführt hat.
Der maltesische Hotel- und Gaststättenverband berichtete, dass frustrierte Gäste wegen der Stromausfälle aus den Hotels ausgecheckt hätten. Restaurants und Supermärkte im Land mussten aufgetaute Lebensmittel wegwerfen, während schlecht funktionierende Klimaanlagen die Mitarbeiter von McDonald’s in Italien zum Streik veranlassten. Sie beklagten sich, dass sie bei den „unerträglichen“ Temperaturen von über 40 Grad in den Filialen ersticken würden. In Italien sind bereits mehrere Landarbeiter an den Folgen der Hitzewelle gestorben.
CGIL, die größte italienische Gewerkschaft, forderte die Behörden auf, ihre Bemühungen zum Schutz der Arbeitnehmer vor den Auswirkungen der tropischen Temperaturen im Land zu verstärken. Maurizio Landini, der Vorsitzende der CGIL, erklärte, die Hitzewelle erhöhe die Risiken für die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Er fügte hinzu, dass „dies völlig inakzeptabel“ sei. Infolgedessen arbeitet die italienische Regierung nun an einem Protokoll über Hitzerisiken und -probleme an italienischen Arbeitsplätzen.
In Deutschland beeinträchtigen die Regenfälle die Ernte von Getreide, Obst und Gemüse. Während die Getreidebauern durch die Regenfälle immer wieder gezwungen sind, ihre Ernte zu unterbrechen, sind die Obst- und Gemüsebauern zufrieden. Torsten Krawczyk, Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes, sprach von der teuersten Ernte aller Zeiten. Die Kosten für Dünger beispielsweise seien doppelt bis dreimal so hoch gewesen. Auch für Arbeit und Energie musste deutlich mehr Geld bezahlt werden.
Bewältigung des Klimawandels, Aufbau von Widerstandsfähigkeit und Schutz
Die jüngsten extremen Wetterbedingungen haben die Regierungen in ganz Europa dazu veranlasst, ihre Katastrophenschutzbemühungen zu verstärken und geeignete Maßnahmen zum Schutz ihrer Bürger zu ergreifen. UN-Generalsekretär Guterres forderte die Politiker auf, sofortige und drastische Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels zu ergreifen, und auch Papst Franziskus rief angesichts der extremen Wetterereignisse erneut zum Handeln auf, um die Klimakrise zu bewältigen.
Als Reaktion auf die Wasserknappheit in Spanien hat die Regionalregierung von Katalonien für den größten Teil ihrer Region den „Wasserausnahmezustand“ ausgerufen. In den fast 500 von der Wasserknappheit betroffenen Gemeinden, in denen sechs Millionen Menschen leben, wurde eine Beschränkung von 230 Litern Wasser pro Einwohner und Tag für den Hausgebrauch verhängt. Eine 40-prozentige Reduzierung des Wassers für die Landwirtschaft und eine 15-prozentige Kürzung für die Industrie sind ebenfalls in Kraft getreten.
Im Mai genehmigte die spanische Regierung Maßnahmen zur Verhinderung von Unfällen und Todesfällen bei Arbeiten im Freien, die durch ungünstige Wetterbedingungen wie Hitzewellen beeinträchtigt werden können. Die maltesischen Behörden gaben eine Hitzewarnung heraus, in der die Menschen aufgefordert wurden, ihre Häuser zwischen 11 und 16 Uhr, den heißesten Stunden des Tages, nicht zu verlassen. Auch die rumänische Arbeitsaufsichtsbehörde hat die Arbeitgeber verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu ergreifen, zum Bespiel die Intensität körperlicher Aktivitäten zu verringern, für eine gute Belüftung am Arbeitsplatz zu sorgen, körperlich anstrengende Arbeiten mit weniger aktiven Aufgaben zu verbinden und mehr Pausen außerhalb der heißen Sonne während der Arbeitszeit einzuführen.

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) legte Ende Juli einen Hitzeschutzplan vor, der darauf abzielt, die Zahl der hitzebedingten Todesfälle in diesem Jahr zu halbieren. Dabei wird besonders auf mehr öffentliche Informationen zum Verhalten bei Hitze gesetzt. Während einige den Plan für einen guten Anfang hielten, warf der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge Lauterbach unangemessenen Alarmismus vor. Bei Schutz und Vorsorge sollte der gesunde Menschenverstand Richtschnur sein.
Slowenien erwärmt sich aufgrund seiner geografischen Lage schneller als der globale Durchschnitt, mit einem durchschnittlichen Temperaturanstieg von 2,2 Grad zwischen 1980 und 2021. Mehr Investitionen in die Vorbeugung seien definitiv notwendig, sagte der slowenische Umweltminister Uroš Brežan. Er betonte, dass insbesondere die Wasserversorgung gesichert werden müsse. Wirtschaftsführer und Politiker wiesen auf die Notwendigkeit systemischer Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Bewältigung der Folgen hin.
Der italienische Minister für Umwelt und Energiesicherheit, Gilberto Pichetto, erklärte, dass die Regierung bereits daran arbeite, eine enge Koordinierung zwischen allen Durchführungsstellen zu gewährleisten, sowohl „in Notfällen als auch in normalen Zeiten“. Er betonte jedoch, dass „das Hauptproblem nicht die Finanzierung, sondern der Ausgabemechanismus und die Verfahren“ seien.
Rekordverdächtige Wetterextreme reichen nicht aus, um einige von Klimawandel-Realität zu überzeugen
Trotz des extremen Wetters in Italien glauben 34,7 Prozent der Italiener, dass es eine übertriebene Beunruhigung über den Klimawandel gibt, so der Bericht von Ital Communications-Censis „Desinformation und Fake News in Italien“. Der Bericht zeigt auch, dass 16,2 Prozent der Gesamtbevölkerung die Existenz des Klimawandels leugnen, wobei der Prozentsatz unter den älteren Menschen auf 18,3 Prozent und unter den weniger gebildeten auf 18,2 Prozent ansteigt.
Dieser Artikel wird freitags veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.