In der Corona-Pandemie bestellte die Europäische Kommission hunderte Millionen Impfstoff-Dosen, das Volumen der Verträge mit großen Pharmakonzernen überstieg schon Ende 2021 die 70 Milliarden Euro. Diese Beschaffung zog viel Kritik auf sich; sie ist auch Gegenstand von Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft. Zusätzlich kursiert nun die Behauptung, der Ehemann von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen arbeite für eine Tochterfirma des Pharma-Riesen Pfizer. Heiko von der Leyen sei medizinischer Direktor des amerikanischen Biotech-Unternehmens Orgenesis, das dem Impfstoff-Lieferanten Pfizer gehöre. Stimmt das?

Bewertung

Nach US-Börsendaten ist ausgeschlossen, dass Pfizer Eigentümer von Orgenesis ist.

Fakten

Heiko von der Leyen ist der Ehemann der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen; sie heirateten 1986. Seit September 2020 ist er medizinischer Direktor des Biotech-Unternehmens Orgenesis. Bis dahin sind die weit verbreiteten Behauptungen zu Heiko von der Leyen in den Sozialen Netzwerken richtig. Die Behauptung, Orgenesis gehöre Pfizer, ist jedoch nachweislich falsch.

Orgenesis ist auf Zell- und Gentherapien spezialisiert und an der New Yorker Börse notiert. Informationen über die Aktionäre des Unternehmens sind daher größtenteils öffentlich einsehbar. Von dem Pharmakonzern Pfizer ist dort keine Spur zu finden.

Jeder Anteilseigner, der eine Beteiligung von mehr als fünf Prozent an einem börsennotierten US-Unternehmen hält, muss dies der US-Börsenaufsicht melden. Auch dort findet sich kein Hinweis darauf, dass Pfizer Aktionär von Orgenesis ist.

Es ist nicht auszuschließen, dass Pfizer Anteile von weniger als fünf Prozent hält. In diesem Fall besteht keine Verpflichtung, diese zu melden, da Pfizer nicht entscheidend an der Leitung von Orgenesis beteiligt wäre. Die Behauptung, Orgenesis „gehöre“ Pfizer, wäre bei einer Beteiligung von weniger als fünf Prozent sowieso hinfällig.

Auch ohne diese angebliche Verbindung ist Ursula von der Leyen stark in die Kritik geraten, zumal die Europäische Staatsanwaltschaft inzwischen wegen der Impfstoffbeschaffung der Europäischen Union gegen die EU-Kommission ermittelt. Ihr werden Unregelmäßigkeiten in den Verträgen mit Impfstoffherstellern vorgeworfen. Auch der Europäische Rechnungshof hat sich in einem Sonderbericht schon kritisch mit dem Impfstoffeinkauf der Kommission auseinandergesetzt.

Die falsche Behauptung, der Ehemann von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei für eine Pfizer-Tochterfirma tätig, wurde unterdessen auch im französischen Sprachraum eifrig verbreitet. Faktenchecks widerlegten diesen Claim auf Französisch ebenso wie auf Niederländisch. Auch die Aussage, Orgenesis liefere selbst einen Corona-Impfstoff, wurde bereits entkräftet.

Links

Leitung des Unternehmens Orgenesis (archiviert)

Informationen über Ursula von der Leyen (archiviert)

US-Börsenaufsichtsbehörde SEC (archiviert)

Wall Street Journal über Eigentümerstruktur von Orgenesis (archiviert)

NASDAQ über Orgenesis (archiviert)

NASDAQ über Eigentümerstruktur von Orgenesis (archiviert)

Regelungen zur Eigentümerstruktur bei Aktiengesellschaften in den USA (archiviert)

LinkedIn-Profil Heiko von der Leyen (archiviert)

Der Standard-Artikel über Ermittlungen gegen EU-Kommission (archiviert)

Berliner Zeitung-Artikel über Ermittlungen gegen EU-Kommission (archiviert)

EU-Staatsanwaltschaft über Ermittlungen gegen EU-Kommission (archiviert)

Mitteilung Europäischer Rechnungshof (archiviert)

Sonderbericht des Rechnungshofs (archiviert)

Archiviertes Sharepic mit Behauptung auf Deutsch

Archiviertes Sharepic mit Behauptung auf Französisch

Facebook-Post (archiviert)

Faktenchecks auf Französisch und Niederländisch

Faktencheck zu Orgenesis/Impfstoffherstellung

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