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Im Juni 2023 leitete die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly eine Untersuchung gegen die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) wegen der Unglücks der Adriana ein, bei dem mehr als 600 Menschen vor der griechischen Küste ums Leben kamen.

Das überfüllte Hochseefischerboot – an Bord befanden sich nach Schätzungen mehr als 750 Menschen auf dem Weg nach Europa – sank; nur 104 Überlebende konnten gerettet werden, gerade mal 82 Leichen wurden geborgen. Widersprüchliche Aussagen von Überlebenden und der griechischen Küstenwache darüber, wie sich der Vorfall abgespielt hatte, rankten sich um die Tragödie, und um die Frage, ob die Todesfälle hätten vermieden werden können.

Die sieben Monate dauernde Untersuchung von O’Reillys Büro ergab, dass Frontex nach den geltenden Vorschriften nicht in der Lage sei, die EU-Rechtsverpflichtungen bei der Seenotrettung vollständig einzuhalten. „Wenn Frontex die Pflicht hat, bei der Rettung von Menschenleben auf See zu helfen, aber die Instrumente dafür fehlen, dann ist dies eindeutig eine Angelegenheit für die EU-Gesetzgeber,“ sagte O’Reilly bei der Vorstellung ihres Berichts am 28. Februar. 

„Frontex trägt zwar den Begriff ‚Küstenwache‘ im Namen, aber ihr derzeitiges Mandat und ihre Aufgabe entsprechen dem eindeutig nicht,“ sagte O’Reilly. Sie warnte davor, dass sich die Tragödie der Adriana – eine der schlimmsten, die sich in europäischen Gewässern ereignet hat – wahrscheinlich wiederholen werde, wenn die Regeln nicht geändert würden. 

Das Büro der EU-Bürgerbeauftragten hat keine Befugnis, Empfehlungen aus seinen Untersuchungen durchzusetzen, sondern kann nur auf Problembereiche hinweisen.

2023 mehr Tote als je zuvor: Mittelmeer weiterhin tödlichste Route für Migranten

Laut einer Erklärung der Internationalen Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM) war 2023 das tödlichste Jahr für Migranten seit der Einrichtung der frei zugänglichen IOM-Datenbank über den Tod und das Verschwinden von Migranten, dem sogenannten „Missing Migrants Project“, 2014.

Mindestens 8.565 Menschen starben 2023 weltweit auf den Migrationsrouten. Damit war es das Jahr mit der höchsten Zahl an Todesopfern seit Beginn der Aufzeichnungen vor einem Jahrzehnt, so die Vereinten Nationen am 6. März. Etwas mehr als die Hälfte der verstorbenen Migranten im Jahr 2023 waren ertrunken. Das Mittelmeer gilt nach wie vor als die tödlichste Route für Migranten. Im vergangenen Jahr wurden mindestens 3.129 Todesfälle und verschwundene Personen registriert.

Was ist die Aufgabe von Frontex – Suchen ja, Retten nein?

Die 2004 gegründete Frontex mit Sitz in Warschau wird seit langem beschuldigt, Menschenrechtsverletzungen zu begehen und illegale Pushbacks zu vertuschen oder zu verheimlichen. Im Jahr 2022 trat der damalige Direktor von Frontex, Fabrice Leggeri, zurück, nachdem schwere Vorwürfe gegen ihn und seine Mitarbeiter wegen der Behandlung von Migranten, die versuchen, Europa zu erreichen, erhoben worden waren.

„Es besteht ein offensichtliches Spannungsverhältnis zwischen den Grundrechtsverpflichtungen von Frontex und ihrer Pflicht, die Mitgliedstaaten bei der Grenzkontrolle zu unterstützen,“ sagte O’Reilly.

Die Europäische Kommission erklärte, sie habe den Bericht „zur Kenntnis genommen“. „Wir werden ihn gebührend prüfen und gründlich darauf reagieren,“ sagte Sprecherin Anitta Hipper. Sie wies darauf hin, dass „Such- und Rettungsmaßnahmen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen“ – was bedeutet, dass Frontex lediglich als unterstützende Agentur für die nationalen Behörden in den EU-Ländern, in denen sie tätig ist, fungiert.

Der derzeitige Exekutivdirektor von Frontex, Hans Leijtens, erinnerte O’Reilly daran, dass Frontex nicht die Agentur der Europäischen Union für Such- und Rettungsaktionen für Migranten auf See sei, sondern die europäische Sicherheitsagentur für Grenzen und Küsten.

„Wir sind nicht die Europäische Such- und Rettungsagentur. Wir sind die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache“, erklärte Leijtens. Er räumte ein, dass der „schwierige“ Begriff in der Bezeichnung der Agentur „Küstenwache“ sei, da die Küstenwache, wie er erläuterte, „in einigen Ländern“ für den Schutz der Grenzen, aber auch für die Durchführung von Such- und Rettungsaktionen auf See zuständig sei.

„Das ist nicht unser Fall“, sagte er und fügte hinzu, dass das Mandat von Frontex Such- und Rettungseinsätze vorsehe, aber die Rettung nicht zu ihren Aufgaben gehört, wohl aber die Suche.

„Unsere Agentur hält sich strikt an ihr Mandat, das nicht die Koordinierung von Rettungseinsätzen umfasst – eine Aufgabe, die den nationalen Rettungskoordinierungszentren obliegt,“ ließ Frontex in einer Erklärung verlauten. „In jedem Fall, in dem unsere Mittel eine potenzielle Notsituation erkennen, alarmieren wir umgehend die zuständigen Behörden.“

Nach Angaben von Frontex wird es im Jahr 2024 19 gemeinsame Operationen an insgesamt 300 Einsatzorten geben. 

Sorgen wegen der Menschenrechtsbilanz von Frontex

Menschenrechtsorganisationen zeigen sich besorgt über die Behandlung von Flüchtlingen und Migranten und verweisen auf den Mangel an sicheren Migrationsrouten sowie auf Probleme bei der Zusammenarbeit vor Ort.

Auf einer Veranstaltung in Madrid am 11. März äußerte die Generaldirektorin der Nichtregierungsorganisation namens Spanische Kommission für Flüchtlingshilfe (Comisión Española de Ayuda al Refugiado, CEAR), Estrella Galán, ihre Besorgnis über den „Mangel an Vorschlägen für legale und sichere Routen für Migranten“ im europäischen Pakt.

Die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, die an der gleichen Veranstaltung teilnahm, antwortete, dass das Management der legalen Migration weitgehend in der „nationalen Zuständigkeit“ liege. Sie glaube aber, dass die EU „stärker“ sei, wenn sie einen gemeinschaftlichen Ansatz in dieser Frage entwickle. Sie sagte weiter, dass „eine große Reform von Frontex“ unnötig sei und sie mit der Arbeit von Frontex „ganz zufrieden“ sei. 

Auf der Tagung des Rates für Justiz und Inneres in der vergangenen Woche, auf der sich die Minister über die Bewertung der Frontex-Verordnung austauschten, sagte Johannson: „Wir sollten die Verordnung nicht ändern, aber wir müssen uns auf die Umsetzung konzentrieren.“

Ein Bericht der belgischen Menschenrechtsgruppe 11.11.11, der „Koalition für internationale Solidarität“, die sich aus 60 Nichtregierungsorganisationen und Bewegungen zusammensetzt, führt an, dass die europäischen Länder im Jahr 2023 mehr Migranten an ihren Außengrenzen abgewiesen haben als im Vorjahr. Nach Angaben der Organisation wurden im vergangenen Jahr 340.000 Menschen abgewiesen, ohne die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen – die tatsächliche Zahl liegt möglicherweise höher.

Laut 11.11.11 befindet sich Frontex in einer schwachen Position gegenüber Mitgliedsstaaten, die sich nicht an eine ordnungsgemäße Asylpolitik halten. „In Bulgarien sehen wir zum Beispiel, dass Frontex-Mitarbeiter gebeten werden, wegzugehen, damit sie nichts dokumentieren können. Die Rolle der Beobachtung und Überwachung wird von den Mitgliedsstaaten nicht ausreichend anerkannt, aber auch von Frontex selbst nicht in ausreichendem Maße. Frontex wird gebraucht, muss sich aber anders organisieren,“ sagte 11.11.11-Direktorin Els Hertogen dem flämischen Sender VRT.

Mehrere Personen sitzen in einem Boot im Mittelmeer während Rettungskräfte versuchen ihnen zu helfen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration ist das Mittelmeer nach wie vor die tödlichste Migrationsroute. Foto: Antonio Sempere/EUROPA PRESS/dpa

Deals mit EU-Beitrittskandidaten, Externalisierung des Grenzschutzes: „Festung Europa“?

Mit den im Dezember verabschiedeten Vorschriften möchte die EU die Zuständigkeiten für die Aufnahme von Flüchtlingen auf alle 27 Mitgliedstaaten aufteilen, und die Abschiebung irregulärer Migranten, die als nicht aufenthaltsberechtigt gelten, beschleunigen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch kritisierten die Änderungen als weiteren Schritt in Richtung „Festung Europa“.

In Bulgarien zum Beispiel werden sich die Frontex-Einsätze bald verdreifachen. Ab dem 20. März werden weitere 500 bis 600 Frontex-Beamte zur Verfügung stehen, erklärte der Direktor der Agentur, Hans Leijtens, am 29. Februar am Kapitan-Andreevo-Checkpoint an der bulgarischen Grenze zur Türkei.  

Leijtens wurden vom bulgarische Innenminister Kalin Stoyanov begleitet, der sagte sie hätten über die Möglichkeiten, mehr Frontex-Beamte an den bulgarisch-türkischen und bulgarisch-serbischen Grenzen einzusetzen gesprochen.

Seit 2017 schützt Bulgarien die EU-Außengrenze zur Türkei mit einem 234 Kilometer langen, von Brüssel finanzierten Metallzaun, der mit Stacheldraht und Wärmebildkameras ausgestattet ist. Das Land soll ab Ende März dem grenzfreien Schengen-Raum beitreten. Allerdings sind nur die Luft- und Seegrenzen gemeint, da eine Entscheidung über die Aufhebung der Kontrollen an den Landgrenzen noch aussteht.

Alle Länder an der Westbalkan-Migrationsroute [Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien] verzeichneten eine erhöhte Zahl illegaler Grenzübertritte, da die Route „außergewöhnlich aktiv“ sei, so der slowenische Innenminister Boštjan Poklukar

Der Anstieg sei der Grund für den Plan der slowenischen Regierung, zwei Asylzentren an zwei ehemaligen Grenzübergängen zu Kroatien für bis zu drei Jahre einzurichten, erklärte er am Rande des Rates für Justiz und Inneres Anfang März in Brüssel.

Neben der Verstärkung des Frontex-Einsatzes in den Mitgliedstaaten wird die Grenzverwaltung auch durch die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Mitgliedstaaten externalisiert. Frontex hat Abkommen mit den Beitrittskandidaten Albanien, Serbien, Montenegro, Moldawien und Nordmazedonien geschlossen. 

Im Oktober 2022 unterzeichneten Nordmazedonien und die EU ein Abkommen über die operative Zusammenarbeit beim Grenzmanagement mit Frontex. Im April 2023 wurde eine gemeinsame Operation an der Südgrenze des Landes zu Griechenland eingeleitet. Mehr als 100 europäische Grenzschutzbeamte unterstützen die lokalen Behörden bei der Grenzüberwachung und -kontrolle, einschließlich Patrouillen, Dokumentenprüfung und Sammlung von Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität.

Albanien und Italien schlossen im November 2023 eine Vereinbarung über zwei Aufnahmezentren für Migranten auf albanischem Staatsgebiet, die bis zu 36.000 Migranten pro Jahr aufnehmen können. In den von Italien betriebenen Zentren sollen die Asylanträge von Migranten bearbeitet werden, die von italienischen Behörden aus dem Meer gerettet wurden.

Das erste ist ein Zentrum zur Identifizierung von Migranten im Landesinneren, das „maximal 3.000 Personen“ aufnehmen soll. Ein kleineres Zentrum wird im Hafen von Shëngjin gebaut, damit italienische Schiffe, die mit Migranten an Bord ankommen, anlegen können.

Das Abkommen zwischen Rom und Tirana sei ein Beispiel dafür, dass man bei der Lösung von Migrationsproblemen über den Tellerrand hinausblicken könne, erklärte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in einem Brief an die EU-Mitgliedstaaten vor dem EU-Gipfel im Dezember letzten Jahres.

Das Abkommen löste jedoch Bedenken aus, unter anderem beim Europarat. „Die in der vergangenen Woche geschlossene Vereinbarung zwischen Italien und Albanien über die Landung [der Schiffe] und die Bearbeitung von Asylanträgen zieht einige Menschenrechtsbedenken nach sich und trägt zu einem besorgniserregenden europäischen Trend zur Externalisierung von Asylzuständigkeiten bei,“ sagte Dunja Mijatović, die Menschenrechtskommissarin des Europarats.

Neben der Vereinbarung mit Italien verlängerte Albanien im Januar auch ein seit 2018 bestehendes Abkommen mit der EU für Frontex-Einsätze. Das von der EU vorgeschlagene Abkommen sieht vor, dass die Frontex-Beamten Exekutivbefugnisse im Bereich der illegalen Migration und Grenzkriminalität ausüben. 

Bosnien und Herzegowina hat am 12. Februar Verhandlungen mit Frontex aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine der Bedingungen, die die Europäische Union für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen im März gestellt hat.

Aber nicht nur die Beitrittskandidaten unterzeichnen Vereinbarungen mit der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache: Das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien unterzeichnete letzte Woche eine Vereinbarung mit Frontex, um gegen die illegale Einwanderung von Migranten vorzugehen. London versucht, kleine Boote mit Asylsuchenden zu stoppen, die den Ärmelkanal von Frankreich aus überqueren.

Dieser Artikel wird wöchentlich veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.