Wien – Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) lehnt eine Schengen-Erweiterung um Kroatien, Bulgarien und Rumänien ab. „Es ist funktionslos das System“, sagte Karner am Freitag im Ö1-„Mittagsjournal“. Bisher seien 100.000 Migranten aufgegriffen worden, und das „als Binnenland“. „75.000 davon sind nicht registriert. Österreich tut das, weil es ja auch um die Sicherheit der Menschen in diesem Land geht.“ Das Bundeskanzleramt wollte die Aussagen Karners am Samstag nicht kommentieren. Wenn ein System nicht funktioniere, könne dieses nicht noch größer gemacht werden, betonte Karner.
Für Karner sei der Außengrenzschutz gescheitert, weshalb immer mehr europäische Länder auf die Kontrolle ihrer nationalen Grenze setzten, hieß es aus dem Innenministerium. Neben Österreich würden zum Beispiel Deutschland, Frankreich, Tschechien, Dänemark, Schweden und das Nicht-EU-Land Norwegen, das aber Mitglied des Schengener Abkommens ist, Binnengrenzkontrollen durchführen.
Am Mittwoch hatte die EU-Kommission die Erweiterung des grenzkontrollfreien Schengen-Raums auf Kroatien, Bulgarien und Rumänien empfohlen. Für die Aufnahme in den Schengen-Raum müssen Staaten bestimmte Kriterien erfüllen, unter anderem bei der polizeilichen Zusammenarbeit und dem Schutz personenbezogener Daten. Die Brüsseler Behörde rief die EU-Staaten auf, diesen drei Mitgliedstaaten „unverzüglich“ die „volle Teilnahme“ am Schengen-Raum zu ermöglichen. Die Abstimmung soll am 8. Dezember in Brüssel stattfinden.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reist am Mittwoch zu einem Arbeitsbesuch nach Kroatien. Die kroatische Zeitung „Jutarnji list“ hatte am Freitagabend (online) geschrieben, dass es bisher keine Anzeichen dafür gebe, dass Österreich sich der Ausweitung des Schengen-Raums auf Kroatien widersetze, die Aussagen Karners jedoch als „Bombe“ bezeichnet. Die Weigerung Karners einer Erweiterung des Schengen-Raums zuzustimmen wollte man am Samstag im Bundeskanzleramt nicht kommentieren.
Der kroatische Innenminister Davor Bozinovic sagte am Samstag bei einer Pressekonferenz in Zagreb laut der Nachrichtenagentur Hina, dass sich in den Beziehungen zwischen Kroatien und Österreich nichts geändert habe. „Ich habe mit ihm (Innenminister Karner, Anm.) heute und gestern gesprochen. Es ist eine Tatsache, dass Österreich unsere Mitgliedschaft im Schengen-System von Beginn des Annäherungsprozesses an Schengen unterstützt hat und sich in dieser Hinsicht nichts geändert hat“, so Bozinovic. Karner habe ihm gesagt, dass Österreich nie etwas gegen Kroatien gehabt habe und hat, so der kroatische Innenminister weiter. Die von Karner angesprochenen stark gestiegenen Zahlen illegaler Migranten werde man beim Treffen der EU-Innenminister am Freitag besprechen. (19.11.2022)
Edtstadler vertraut bei Rechtsstaatlichkeit in Ungarn auf EU-Kommission
Brüssel – Im Verfahren gegen Ungarn wegen Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zählt Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) auf die Einschätzung der EU-Kommission. „Ich vertraue darauf, dass die Kommission hier gewissenhaft vorgehen und auch genau prüfen wird“, sagte Edtstadler am Freitag vor einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Die EU-Staaten sollten sich dann ihrer Ansicht nach bei der Abstimmung am 6. Dezember an die Bewertung der Brüsseler Behörde halten.
Es liege bei der EU-Kommission, „ganz klar zu bewerten, ob diese Reformschritte hinreichen, um die Bedenken auszuräumen“, so Edtstadler. Bis 30. November soll die EU-Behörde laut dem Internetportal Politico ihre Einschätzung vorlegen. Die EU-Kommission hatte Mitte September unter anderem wegen weit verbreiteter Korruption in Ungarn vorgeschlagen, Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro einzufrieren. Budapest machte daraufhin umfassende Reformzusagen.
„Die Rechtsstaatlichkeit ist ein Prinzip, das immer wieder beachtet wird“, betonte Edtstadler weiter. „Wenn jetzt hier die Bedenken ausgeräumt sind, dann heißt das nicht, dass hier auf immer und ewig alles gut ist, das heißt es auch nicht für andere Mitgliedstaaten.“
Beim dem Treffen besprachen die Europaminister unter anderem die Tagesordnung des EU-Gipfels der Staats- und Regierungschefs Mitte Dezember in Brüssel. Fix auf der Agenda stehen hier der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die steigenden Inflation und die hohen Energiepreise. Im Hinblick auf Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise forderte Edtstadler: „Es ist Zeit, die Dinge auf den Boden zu bringen.“ Österreich, so die Europaministerin, wolle außerdem zwei weitere Themen auf die Tagesordnung bringen: Migration und den Westbalkan, konkret soll Bosnien-Herzegowina vom Gipfel offiziellen EU-Beitrittskandidatenstatus erhalten. (18.11.2022)
Europäische Kommission genehmigte Energiekostenzuschuss
Wien/Brüssel – Wegen der stark gestiegenen Energiepreise können energieintensive Unternehmen einen Energiekostenzuschuss beantragen. Die gesetzliche Grundlage dafür wurde im Oktober fixiert. Als genehmigungspflichtige Unternehmensbeihilfe musste Österreich die Förderrichtlinie der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorlegen. Diese habe die Richtlinie am Freitag auf Basis des befristeten Krisen-Beihilferahmens der Europäischen Union genehmigt, teilte das Wirtschaftsministerium mit.
„Mit der Notifikation durch die Europäische Kommission sind nun alle Voraussetzungen erfüllt, damit die Antragsphase für den Energiekostenzuschuss mit 29. November 2022 beginnen kann“, so Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP).
Damit die Auszahlung der Unternehmensbeihilfe rasch erfolgen könne, sei bereits am 7. November die verpflichtende Voranmeldung gestartet worden. Unternehmen könnten sich noch bis zum 28. November für die Beantragung des Energiekostenzuschusses voranmelden. Dafür brauche es nur wenige Stammdaten im Fördermanager der aws, so Kocher. Der Zuschuss werde von der Förderbank des Bundes, der aws, abgewickelt.
Mit dem Energiekostenzuschuss werden den Angaben zufolge energieintensive Unternehmen mit einer Förderung in der Höhe von 30 Prozent ihrer Mehrkosten für Strom, Erdgas und Treibstoffe in den Monaten Februar 2022 bis September 2022 unterstützt. Als energieintensiv gelten demnach jene Unternehmen, deren jährliche Energiekosten sich auf mindestens 3 Prozent des Produktionswertes belaufen. Ausgenommen von diesem Eingangskriterium seien Betriebe bis maximal 700.000 Euro Jahresumsatz.
Die Förderung ist laut Ministerium in einem Stufenprogramm nach Förderhöhe geregelt – ab der Stufe 2 (Förderhöe übersteigt 400.000 Euro) können nur noch die Mehrkosten für Strom und Erdgas gefördert werden. Die Auszahlung erfolge auf Basis der bei Antragstellung vorgelegten Unterlagen. Je nach Förderstufe würden Unternehmen mit 2.000 Euro bis zu 50 Mio. Euro unterstützt.
Die gestiegenen Energiepreise werden die österreichische Wirtschaft laut Wirtschaftsministerium „auch in den kommenden Monaten vor Herausforderungen stellen“. Hinsichtlich weiterer Maßnahmen und etwaiger Fortführungen der bestehenden Maßnahmen über den Förderzeitraum bis Ende September 2022 hinaus „werden derzeit intensive Beratungen innerhalb der Bundesregierung geführt.
Der Zuschuss könne nur ein erster Schritt sein, reagierte die Industriellenvereinigung (IV) Freitagabend auf das grüne Licht aus Brüssel. „Die Bundesregierung hat mit dem Energiekostenzuschuss und der Strompreiskompensation die Weichen für eine erste Linderung für die Unternehmen, die schwer durch die hohen Energiepreise getroffen sind, gestellt“, hielt IV-Generalsekretär Christoph Neumayer fest. Durch die nun erfolgte Notifizierung des Energiekostenzuschusses seitens der EU-Kommission stehe der „dringend notwendigen Unterstützung“ nichts mehr im Wege. Ein Wehrmutstropfen bei der Ausgestaltung der Richtline zum Energiekostenzuschuss sei jedoch weiterhin, dass die Möglichkeiten des angepassten EU-Beihilferahmen nicht voll im Rahmen ihrer Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien.
„So hätte man beispielsweise indirekte Nutzung von Strom und Gas ebenfalls berücksichtigen müssen oder die Maximalgrenzen für die Zuschüsse in allen Kategorien anheben können“, kritisierte Neumayer. Die EU-Kommission habe erst kürzlich den Krisenrahmen für staatliche Zuschüsse, vor dem Hintergrund der aktuell herausfordernden Energiepreissituation, verlängert und erweitert. „Die EU-Kommission bietet uns eine volle Schüssel und wir löffeln nur mit dem Teelöffel, wenn wir vielmehr den Suppenschöpfer brauchen würden“, meinte der Generalsekretär.
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