Brüssel – Die EU-Außenminister, darunter Österreichs Ressortchef Alexander Schallenberg (ÖVP), haben am Samstag in Brüssel über die Kriege in Nahost und der Ukraine beraten. Auch das Verhältnis zu den afrikanischen Staaten und zur Türkei stand auf der Agenda. Schallenberg warnte Israel vor einer Militäroffensive im südlichen Gazastreifen.
„Es ist besonders schwierig, zum einen zu sagen, die Zivilbevölkerung muss nach Süden gehen im Gazastreifen, und dann selber den Süden zum Angriffsgebiet zu machen. Das ist eigentlich nicht möglich“, warnte der Außenminister. Die humanitäre Situation im Gazastreifen spitze sich zunehmend zu. Man müsse mehr tun, um humanitäre Hilfe reinzubringen und mehr tun, um die über 130 israelischen Geiseln der Hamas rauszubringen, so Schallenberg. „Allein schon deswegen sollte der Süden jetzt nicht zum Kriegsgebiet erklärt werden.“
Schallenberg sprach sich für Sanktionen der EU gegen radikale israelische Siedler im Westjordanland aus, die Gewaltakte verüben. Diese würden „mutwillig Öl ins Feuer gießen“, während die israelische Armee im Gazastreifen in einer besonders schwierigen Lage sei.
Es gebe Positionen der israelischen Regierung, „mit denen wir nicht konform sind“, sagte der Außenminister. Österreich trete klar für eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung ein, und dass es keine Vertreibungen geben könne, „Gaza muss palästinensisch bleiben“. Man erwarte auch, dass die palästinensische Behörde ihrer Aufgabe gerecht werde, „weil sie muss letzten Endes wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernehmen“. Es brauche auch Sicherheitsgarantien, keine der beiden Seiten sollte davon ausgehen, dass sich die andere Seite „in dünne Luft auflösen wird“. (03.02.2024)
Grüne EU-Abgeordnete Vana wird nicht bei der EU-Wahl antreten
Straßburg/Brüssel – Die grüne EU-Abgeordnete Monika Vana wird nicht mehr bei der EU-Wahl im Juni antreten und verabschiedet sich somit aus dem Europaparlament. „Nach zehn Jahren als Abgeordnete im Europaparlament (…) habe ich nach reiflicher Überlegung und mit Blick auf die Bewerber:innenlage beschlossen, die Staffel jetzt an eine neue Generation weiterzugeben“, sagte die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EU-Parlament am Freitag in einer Aussendung.
Vana ist damit die zweite von aktuell drei grünen EU-Abgeordneten, die nicht mehr kandidieren wird. Anfang Jänner hatte bereits Sarah Wiener ihren Rückzug aus der Politik verkündet. Der EU-Abgeordnete Thomas Waitz will dagegen am 9. Juni erneut antreten. Offiziell werden die Grünen am 24. Februar auf dem Bundeskongress in Graz entscheiden, wer für die Partei in die Europawahl geht. Bekannt ist bereits, dass die Klima-Aktivistin Lena Schilling Spitzenkandidatin wird.
„Als Verhandlungsführerin der Grünen ist es mir gelungen, strenge Antidiskriminierungs-Vorschriften und Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung und für LGBTIQ-Rechte sowie hohe Standards bei den Klimaausgaben als zentrale Kriterien für die EU-Kohäsionspolitik festzulegen“, beschreibt Vana selbst ihre größten Erfolge. (02.02.2024)
EU-Lieferkettengesetz – Österreichs Zustimmung vorerst noch offen
Wien/Brüssel – Die österreichischen Arbeitgeberverbände IV und WKÖ haben ihre Kritik am geplanten EU-Lieferkettengesetz wegen einer drohenden Überregulierung bekräftigt. Von der Naturschutzorganisation WWF kam harte Kritik an der Haltung der Unternehmensvertretungsorganisationen, auch wenn diese betonten, dass man sich nicht gegen die grundsätzlichen Ziele des Vorhabens stelle. Eine Zustimmung Österreichs ist indes noch offen, da noch verhandelt werde, hieß es aus dem Büro von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).
Zuvor war bekannt geworden, dass es in der Bundesregierung Deutschlands Vorbehalte gegen die Zustimmung gibt. Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) ließen wissen, dass man diese teile. Anders die Umweltschützer vom WWF: „Um Konzerne endlich für Klimaschutz, Umweltschutz und Menschenrechte in ihren globalen Wertschöpfungsketten in die Pflicht zu nehmen, muss das Lieferkettengesetz beschlossen werden.“ Da es noch keinen endgültigen Entwurf gebe und noch verhandelt werde, müsse noch abgewartet werden, sagte eine Sprecherin von Kocher am Donnerstagnachmittag auf Anfrage der APA.
Durch das EU-Lieferkettengesetz sollen große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Größere Unternehmen müssen zudem einen Plan erstellen, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Einhaltung der Pariser Klimaziele zur Begrenzung der Erderwärmung vereinbar sind. Nächste Woche soll in Brüssel abgestimmt werden.
Prinzipiell sei man für eine EU-weit einheitliche Regulierung, weil so einheitliche Standards am EU-Binnenmarkt und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen gesichert würden, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer am Donnerstag in einer Aussendung. „Das ist die nächste bürokratische Lawine, die gerade auf uns losbricht“, warnte IV-Präsident Georg Knill kürzlich im APA-Gespräch.
Es drohe eine Überregulierung hin zu hoch komplexen Genehmigungsverfahren, die dazu führen, dass Europa gerade in zukunftsweisenden Sektoren zunehmend ausgebremst werde, sagte Neumayer. „Gut gemeint ist nicht gut gemacht. Die Ausgestaltung der neuen EU-Richtlinie zum Lieferkettengesetz bürdet Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich und Europa unerfüllbare Informations-und Prüflasten auf und droht in der aktuellen Ausgestaltung zum massiven Bürokratiemonster zu werden.“ Die Industrie stelle nicht das Ziel in Frage, aber die derzeit geplante Form sei „schlichtweg nicht in den unternehmerischen Alltag zu implementieren“.
Der Abstimmungsprozess um den finalen Text ist noch nicht abgeschlossen. Deutschland hat jedoch Signale gegeben, sich bei der Abstimmung kommende Woche zu enthalten. „Das ist ein erster positiver Schritt auf EU-Ebene. Angesichts dessen erwarten die österreichische exportierende Wirtschaft und Industrie auch ähnliche Signale seitens der österreichischen Entscheidungsträgerinnen und -träger“, forderte Neumayer.
„Wir unterstützen das Ziel, nachhaltiges und sozial verantwortungsvolles Wirtschaften, wie es in Europa seit jeher praktiziert wird, global zu fördern“, so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf, der auch für die ÖVP im Nationalrat tätig ist. „Allerdings teilen wir die gewichtigen Bedenken der deutschen Wirtschaftsverbände zum aktuellen Richtlinienentwurf.“ Im Gesetzgebungsverfahren seien zwar einzelne Verbesserungen eingearbeitet worden, aber die Richtlinie würde die betroffenen Unternehmen dennoch mit einem massiven bürokratischen Mehraufwand belasten. „Um die gewünschten Effekte zu erreichen, braucht es einen wesentlich praxistauglicheren Ansatz, um die EU als Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb nicht zu gefährden“, so Kopf.
„Das EU-Lieferkettengesetz ist ein zentrales Instrument, um Unternehmen beim Klima- und Naturschutz in die Pflicht zu nehmen“, argumentierte WWF-Vertreterin Teresa Gäckle in einer Stellungnahme gegenüber der APA. „Die Wirtschaft ist Teil des Problems – also muss sie auch Teil der Lösung werden. Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer sollten dieser Verantwortung gerecht werden, anstatt wichtige Regelungen zu hintertreiben.“ Kocher als zuständiger Minister soll „zum ausgehandelten Kompromiss stehen und das geplante Gesetz im EU-Ministerrat nächste Woche mitbeschließen“. (01.02.2024)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl der APA-Europaberichterstattung. Die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung liegt bei der APA. Sie wird montags und donnerstags veröffentlicht.