Die Medienvielfalt hat einen schweren Schlag erlitten. Die Vereinigten Staaten haben die Finanzierung mehrerer globaler Medienanstalten gekürzt, die weithin als Bastionen gegen Propaganda gelten.
Dazu gehört auch Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), das seit seiner Gründung während des Kalten Krieges ein Bollwerk gegen Desinformation und Manipulation in Europa ist, und der sowjetischen Propaganda entgegenwirkt.
Ausgelöst wurde diese Finanzkrise durch ein Dekret von Präsident Donald Trump, der erhebliche Haushaltskürzungen bei der US Agency for Global Media (USAGM) anordnete. Sie beaufsichtigt alle von der US-Regierung finanzierten ausländischen Medien, die nicht unter militärischer Kontrolle stehen.
Das Weiße Haus erklärte, die Kürzungen würden sicherstellen, dass „die Steuerzahler nicht länger für radikale Propaganda aufkommen müssen“. Damit markierte es einen dramatischen Kurswechsel gegenüber den Netzwerken, die eingerichtet wurden, um den Einfluss der USA im Ausland auszuweiten.
Neben RFE/RL sind von Trumps plötzlichen Kürzungen auch andere ausländische Medien betroffen, darunter Voice of America und Radio Free Asia.
„Uns mit einem Federstrich auszulöschen, ist einfach schrecklich.“
Mitarbeitende bei Radio Free Asia
Die Organisation Reporter ohne Grenzen verurteilte die Entscheidung mit den Worten, sie bedrohe die Pressefreiheit auf der ganzen Welt und negiere 80 Jahre amerikanischer Geschichte bei der Unterstützung eines freien Informationsflusses.
RFE/RL reichte Klage gegen USAGM ein – mit dem Argument, dass die Einbehaltung der Mittel rechtswidrig sei, da die Gelder ausdrücklich vom US-Kongress zugewiesen worden seien. Der Radiosender beschuldigt seine Muttergesellschaft, gegen die US-Verfassung zu verstoßen, und beantragte eine einstweilige Verfügung, um das Einfrieren der Mittel zu verhindern.
RFE/RL ist 1950 während des Kalten Krieges gegründet worden, um im kommunistischen Block zu senden. Vier Jahrzehnte später trug es zum Sturz totalitärer Regime in Mittel- und Osteuropa bei, indem es Dissidenten und Kritiker der autoritären pro-sowjetischen Führungen uneingeschränkt interviewte.
Ursprünglich in München ansässig, zog der Sender 1995 nach Prag um. Heute sendet er noch immer in 27 Sprachen in 23 Ländern, in vielen davon ist die Medienfreiheit stark eingeschränkt. Der Sender verfügt über ein Netzwerk von rund 1.700 festangestellten und freiberuflichen Journalistinnen und Journalisten und erreicht wöchentlich fast 50 Millionen Hörerinnen und Hörer.
Der Sender ist der russischen Führung schon lange ein Dorn im Auge. Im Februar 2024 erklärte Moskau RFE/RL zu einer „unerwünschten Organisation“.
Ein Geschenk an Europas Feinde
Als Reaktion auf die US-Entscheidung erklärte der tschechische Außenminister Jan Lipavský auf X, dass Radio Free Europe und Voice of America „von Weißrussland bis zum Iran, von Russland bis Afghanistan (…) weiterhin zu den wenigen freien Informationsquellen für diejenigen gehören, die in Unterdrückung leben“.
„Es ist in unserem Interesse, dass um uns herum keine totalitären Regime aufblühen“, sagte er am Sonntag.
Lipavský bemüht sich aktiv um Unterstützung durch die Europäische Union, um das Abschalten des Senders zu verhindern. Das Schicksal der Radiostation wurde am Montag auch beim Rat der Außenministerinnen und Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten erörtert.
Lipavský sagte, dass das Gesamtbudget, das RFE/RL benötigt, „ein machbarer Betrag für Europa als Gesamtheit“ ist, und fügte hinzu, dass „es für die Tschechische Republik jenseits unserer Möglichkeiten wäre“.
Nach Angaben von USAGM beläuft sich das Jahresbudget auf rund 142 Millionen Dollar (131 Millionen Euro).
Die EU hat die Vereinigten Staaten am Montag gewarnt, dass die Aussetzung von Sendungen der von ihr finanzierten Medien, einschließlich Radio Free Europe, „unseren gemeinsamen Gegnern zugutekommen könnte“.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bedauerte die Kürzungen, sagte aber, die EU könne nicht automatisch die von Washington hinterlassene Lücke füllen.
Als Estin sagte die Leiterin der EU-Diplomatie, dass sie aus einem Land jenseits des Eisernen Vorhangs stamme und Radio Free Europe der Sender sei, über den sie „viele Informationen [über] das, was tatsächlich vor sich geht“, erhalte.

Ein Schlag für die Medienfreiheit in Europa
Der Kampf um das Überleben von Radio Free Europe ist kein Einzelfall. Medienunternehmen in ganz Europa befinden sich in unruhigem Fahrwasser – nicht nur in Bezug auf die Finanzierung, sondern auch mit Blick auf die Bedrohung ihrer Unabhängigkeit durch die zunehmende Konzentration der Besitzverhältnisse und den Einfluss der Regierung sowie wegen schlechter Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten.
Ein Jahresbericht über den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in der EU, der von der Civil Liberties Union for Europe (Liberties) in diesem Jahr veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Medienfreiheit in der gesamten EU weiterhin bedroht ist. Viele Regierungen üben immer noch direkten Einfluss auf die Leitung der nationalen Regulierungsbehörden aus und untergraben so deren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, heißt es in dem Bericht.
Anhaltende Bedrohungen der Unabhängigkeit der nationalen Medienaufsichtsbehörden sind dem Bericht zufolge in Kroatien, Ungarn, Griechenland, Slowenien, Spanien, Bulgarien und Malta zu beobachten.
Die anhaltende politische Instabilität in Bulgarien, die darauf zurückzuführen ist, dass es weder eine reguläre Regierung noch ein ordnungsgemäß funktionierendes Parlament gibt, hat wesentliche regulatorische Änderungen verhindert – auch auf dem Medienmarkt.
In ihrem eigenen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit im Jahr 2024 empfahl die Europäische Kommission Bulgarien, die Transparenz bei der Zuteilung von staatlicher Werbung zu verbessern, insbesondere in Bezug auf Vermittlungsverträge.
Für Italien mahnte der Bericht an, dass die Regierung eine unabhängige und angemessene Finanzierung der nationalen öffentlichen Rundfunkanstalt Radiotelevisione italiana (RAI) gewährleisten müsse. Der Bericht hob außerdem hervor, dass Journalistinnen und Journalisten bei der Ausübung ihres Berufs nach wie vor mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert seien, und forderte die Regierung auf, den Gesetzgebungsprozess für das Reformprojekt zur Verleumdung fortzusetzen.
In ihrem Erweiterungsbericht 2024 empfahl die Europäische Kommission, dass Nordmazedonien als Nicht-EU-Mitglied Regeln für vollständige Transparenz in Bezug auf Medieneigentum und Werbung einführen und unverzüglich gegen alle Drohungen und Gewaltakte gegen Journalistinnen und Journalisten vorgehen sollte.
In Slowenien hätten sich die Medien nicht schnell genug an neue Nutzergewohnheiten und technologische Veränderungen angepasst. Die Besitzanteile in der Medienlandschaft seien stark konzentriert, und in einem angeschlagenen Markt seien Entlassungen von Journalistinnen und Journalisten an der Tagesordnung.
In Frankreich haben laut einer Untersuchung von Reporter ohne Grenzen etwa 500 Journalistinnen und Journalisten Vertraulichkeitsklauseln unterschrieben, die sie zum Schweigen verpflichten, wenn sie Medienunternehmen verlassen, die vom konservativen französischen Milliardär Vincent Bolloré gekauft wurden.
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen wurden diese Klauseln seit 2016 eingeführt, nachdem Bolloré die Kontrolle über die Gruppe Canal+ und deren Nachrichtensender iTélé (jetzt CNews), dann über das Radio Europe 1, die Zeitschrift Paris Match (inzwischen verkauft) und die Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche (JDD) übernommen hatte.
Ein bemerkenswerter Schritt Spaniens war die Verabschiedung eines Gesetzes zur Schaffung eines Medienregisters mit dem Ziel, Medieneigentümer und die von ihnen empfangene Werbung zu identifizieren. Es verspricht, die institutionelle Transparenz zu erhöhen, und verpflichtet sich, Desinformation mit gesetzlichen Reformen zu bekämpfen.
Nach Angaben des Ministeriums für digitale Transformation und öffentlichen Dienst müssen Medienunternehmen ihre Eigentümerstruktur und die öffentlichen Mittel (in- und ausländische), die sie in Form von Werbung erhalten, registrieren.
Während das Schicksal von RFE/RL und anderen Medien in der Schwebe ist, sind die Medienkonsumentinnen und -konsumenten in Europa und weltweit zunehmend Desinformationen ausgesetzt. Umfassende Statistiken sind hierzu selten, aber einer Studie aus dem Jahr 2022 zufolge geben mehr als 70 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger an, regelmäßig mit Fake News konfrontiert zu sein.
Während die EU darüber debattiert, ob sie einschreiten soll, um RFE/RL zu retten, steht die generelle Frage im Raum: Kann Europa den unabhängigen Journalismus in einer Zeit des wachsenden autoritären Einflusses und der wirtschaftlichen Unsicherheit schützen?
Dieser Artikel wird zweimal pro Woche veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf den Nachrichten der am European Newsroom beteiligten Agenturen.