Jerneja Jug Jerše, Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Slowenien, warnte auf einer Podiumsdiskussion in Ljubljana am 2. Februar, dass „im Zusammenhang mit den bevorstehenden Europawahlen große Desinformationskampagnen zu beobachten sind.”
Diese würden sich auf die zentralen Themen der EU konzentrieren. Insbesondere der Green Deal, die Hilfe für die Ukraine und die gemeinsame Migrationspolitik stehen im Fokus.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion sagten, dass Desinformationen darauf abzielen, Verunsicherung und Angst in der Gesellschaft zu schüren. Ein Beispiel dafür sind falsche Behauptungen über zunehmende Gewalt durch Einwanderer in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens.
Ein Hauptproblem bei der Berichterstattung über politische Kampagnen ist, dass Kandidaten sich des Faktenchecks bewusst seien und vage Aussagen ohne genaue Zahlen machen, so Alenka Marovt, Redakteurin mehrerer Faktencheck-Sendungen des slowenischen Privatsenders POP TV.
Anuška Delić, Chefredakteurin von Oštro, einem Online-Portal für Recherche-Journalismus, betonte, dass „die Überprüfung von Fakten die Aufgabe von Journalisten sein sollte. Wenn wir diese Arbeit speziellen Teams überlassen, haben wir den Kampf bereits verloren“, so Delić. Obwohl eher von der Rechten genutzt, wird Desinformation jedoch auch von linken Parteien verbreitet, wie das Archiv von Oštro zeigt, sagte sie.
Věra Jourová, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, erklärte am 23. Februar gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur CTK, dass Desinformationskampagnen darauf abzielen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen und somit die Gesellschaft als Ganzes zu manipulieren. Falsche oder unwahre Nachrichten können jedoch durch Überprüfung widerlegt werden.
Renate Schroeder, Direktorin der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF), kritisierte am 21. Februar gegenüber dem European Newsroom (enr), dass der kürzlich von der Europäischen Kommission veröffentlichte Entwurf von Leitlinien für die Plattformen zur Minderung von Risiken wie Desinformation die Rolle von Journalisten und Mediendienstleistern nur ein einziges Mal erwähnt. Stattdessen konzentriert sich der Entwurf auf die Zusammenarbeit mit Faktenprüfern. „Wir können die Arbeit gegen Desinformation nicht diesen Leitlinien überlassen“, so Schroeder. „Journalisten sind von Berufs wegen Faktenprüfer und wir müssen sie dabei unterstützen, ihre Arbeit auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu tun. Davon sind wir aber noch weit entfernt.“ erklärt sie.
Das verabschiedete Europäische Gesetz zur Medienfreiheit ist zwar wichtig, da es Journalisten und ihre redaktionelle Unabhängigkeit schützt, aber das Problem der „Nachrichten-Wüsten“ in ganz Europa nimmt zu. Wir brauchen ein Bewusstsein, „um den Journalismus als öffentliches Gut zu erhalten“, sagte Schroeder.
Terry Reintke, grüne Europaabgeordnete und Spitzenkandidatin bei den EU-Wahlen im Juni, sieht im EU-Gesetz über digitale Dienste (DSA) den Schlüssel zur Bekämpfung von Desinformation. Es soll auf europäischer Ebene sicherstellen, „dass Online-Plattformen das tun, was sie tun müssen, um die Verbreitung von Desinformationen oder sogar Eingriffe in das Wahlergebnis durch Akteure wie Russland zu verhindern“. Reintke fügte hinzu, dass „die Kommission sicherstellen muss, dass die Plattformbetreiber ihre Verantwortung wahrnehmen“.
Dieser Artikel ist Teil von enr’s EU Elections Spotlight: Desinformation in Europa. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der am enr beteiligten Agenturen.