Straßburg – Der renommierte Sacharow-Preis des EU-Parlaments geht in diesem Jahr an das ukrainische Volk.
«Dieser Preis ist für die Ukrainer, die vor Ort kämpfen. Für diejenigen, die gezwungen waren zu fliehen. Für diejenigen, die Angehörige und Freunde verloren haben. Für alle, die aufstehen und für das kämpfen, woran sie glauben»,
sagte EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola.
Mit dem Preis sollten die Bemühungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der gewählten Vertreter und der Zivilgesellschaft gewürdigt werden, hieß es.
Der Sacharow-Preis wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. Im vergangenen Jahr ging er an den inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny. Nominiert waren in diesem Jahr auch der Wikileaks-Gründer Julian Assange und die kolumbianische Wahrheitskommission. Die Auszeichnung soll im Dezember in Straßburg überreicht werden. (19. Oktober)
EU-Parlament will alle 60 Kilometer Ladesäulen für Elektroautos
Straßburg – Zum Schutz des Klimas müssen nach dem Willen des Europaparlaments deutlich mehr Ladesäulen für Elektroautos gebaut werden. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am 19. Oktober dafür, dass bis 2026 an den Hauptverkehrsstraßen alle 60 Kilometer eine Ladestation eingerichtet werden soll. Wasserstofftankstellen soll es bis 2028 alle 100 Kilometer geben. Die Infrastruktur für Alternativen zu Verbrennern müsse dringend ausgebaut werden, um die EU-Klimaziele zu retten, sagte der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments Ismail Ertug. Im nächsten Schritt müssen Parlament und EU-Staaten über den endgültigen Gesetzestext verhandeln.
Außerdem sollen nachhaltige Kraftstoffe für Schiffe gefördert werden. Das EU-Parlament fordert, dass der Seeverkehrssektor seine Emissionen ab 2025 um zwei Prozent im Vergleich zu 2020 reduzieren soll; ab 2035 um 20 Prozent und ab 2050 um 80 Prozent. Dies soll für besonders große Schiffe gelten, die den Angaben zufolge 90 Prozent der CO2-Emissionen in der Schifffahrt verursachen. (19. Oktober)
Energiekrise: EU-Kommission schafft Grundlage für Gas-Kartelle
Straßburg – In der Energiekrise will die EU-Kommission mit Gas-Kartellen und weiteren Milliarden-Entlastungen für Bürger gegensteuern. «Es ist logisch, dass die Mitgliedstaaten und die Energieunternehmen ihre gemeinsame Kaufkraft nutzen sollten, anstatt sich gegenseitig zu überbieten», sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu Vorschlägen für gemeinsame Gaseinkäufe am 18. Oktober in Straßburg. Zudem umriss sie eine Reform im Großhandelsmarkt für Gas.
Die EU-Kommission schlug vor, fast 40 Milliarden Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt, die für die regionale Entwicklung eingeplant waren, unter anderem für Entlastungen von Unternehmen und Bürgern umzuwidmen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen jedoch noch darüber verhandeln. Von der Leyen sagte, die Kommission prüfe zudem, was für zusätzliche Gelder notwendig seien, um die Energiewende voranzubringen und eine Zersplitterung des EU-Binnenmarktes zu vermeiden. Zuvor hatten mehrere EU-Staaten Hilfe dabei gefordert, ihre Bevölkerung und Industrie vor den hohen Preisen zu schützen – insbesondere, nachdem Deutschland den bis zu 200 Milliarden Euro schweren «Doppelwumms» gegen die hohen Gaspreise angekündigt hatte. Einige Mitglieder der EU-Kommission sowie Länder, wie Italien, hatten vorgeschlagen, wie in der Corona-Pandemie auf europäischer Ebene Schulden aufzunehmen.
Die geballte Marktmacht der EU soll für niedrigere Preise sorgen. So sollen die Gasspeicher im kommenden Jahr koordiniert gefüllt werden. Die EU-Kommission arbeitet zudem an einem neuen Preisindex für Flüssiggas. Weiter auf sich warten lässt jedoch ein konkreter Vorschlag für einen Gaspreisdeckel, wie ihn mehr als die Hälfte der EU-Staaten fordert. Stattdessen stellte die EU-Kommission lediglich in Aussicht, dass im Fall extremer Preise als letztes Mittel ein beweglicher Preisdeckel vorgeschlagen werden könnte. (18. Oktober)
EU startet großen Ausbildungseinsatz für Ukraine
Luxemburg – Die Europäische Union steht vor dem Start des wohl größten militärischen Ausbildungseinsatzes ihrer Geschichte. In Deutschland, Polen und anderen Mitgliedstaaten sollen nach einem Beschluss der Außenminister vom 17. Oktober für bis zu 15 000 ukrainische Soldaten Ausbildungs- und Trainingsprogramme angeboten werden. Das Ziel ist klar: Die ukrainischen Truppen sollen sich noch besser als bislang gegen die Angreifer aus Russland verteidigen können. Fragen und Antworten zu den Plänen:
Welche Länder sind an der Mission beteiligt?
Die meisten Soldaten werden vermutlich in Polen und Deutschland ausgebildet werden. Aus Militärkreisen hieß es zuletzt, dass die Bundeswehr eine Brigade mit bis zu 5000 ukrainischen Soldatinnen und Soldaten trainieren könnte. Details sollen in den kommenden Wochen geklärt werden. Frankreich will nach eigenen Angaben bis zu 2000 Ukrainer ausbilden. Deutschland bietet nach Angaben des Verteidigungsministeriums an, eine Gefechtsausbildung für Kompanien und Taktikübungen für einen Brigadestab und die untergeordneten Bataillonsstäbe zu organisieren. Zudem könnte es ein Training für Trainer, Sanitätsausbildungen und Waffensystemschulungen in enger Kooperation mit der Industrie geben.
Wann geht es los?
Im Idealfall bereits Mitte November. Für einen schnellen Start spricht nach Angaben von Militärs, dass es im Winter an der Front wegen der ungünstigen Wetterverhältnisse etwas ruhiger werden könnte und Truppen einfacher in die Ausbildung geschickt werden könnten. Zudem will man auch der jüngsten Einberufung von insgesamt 300 000 russischen Reservisten etwas entgegensetzen. Die EU veranschlagt die aus gemeinschaftlichen Töpfen finanzierbaren Kosten auf 106,7 Millionen Euro.
Werden die ukrainischen Soldaten gezielt für den Krieg gegen Russland ausgebildet?
Ja. Trainiert werde das, was die im Krieg kämpfenden Ukrainer bräuchten, sagte eine ranghohe EU-Beamtin. Neben militärischen Grundfähigkeiten soll die Mission ukrainischen Soldaten beispielsweise auch Fähigkeiten in Bereichen wie Minenräumung und Sanitätsdienst vermitteln. Zudem sind Scharfschützenausbildungen und Trainings an komplexen Waffensystem vorgesehen. Es gehe darum, die Ukraine bestmöglich bei ihrem Selbstverteidigungsrecht unterstützen und dafür zu sorgen, dass weitere Orte in der Ukraine befreit werden können, erklärte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock in Luxemburg.
Ist der EU-Einsatz ein Schritt in Richtung direkter Kriegsbeteiligung?
Die EU streitet das vehement ab. Demnach ist der Einsatz einfach ein weiterer Baustein der EU-Politik, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie es notwendig ist – finanziell, politisch, diplomatisch, mit Waffen und eben auch mit Missionen. (17. Oktober)
EU-Staaten stimmen Quote für mehr Frauen in Aufsichtsräten zu
Brüssel – Die EU-Staaten haben einer Regelung zugestimmt, die für mehr Frauen an der Spitze börsennotierter Unternehmen in der Europäischen Union sorgen soll. Damit bestätigten sie am 17. Oktober einen Kompromiss, den Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments zuletzt nach jahrelanger Blockade erzielt hatten. Konkret sollen die Staaten ab 2026 zwischen zwei Modellen wählen können. Entweder sollen bis dahin mindestens 40 Prozent der Mitglieder von Aufsichtsräten Frauen sein, wie aus einer Mitteilung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht. Oder: «Wenn Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden, die neuen Vorschriften sowohl auf geschäftsführende als auch auf nicht geschäftsführende Direktoren anzuwenden, würde das Ziel 33 Prozent aller Direktorenpositionen bis 2026 betragen.»
Maßgeblich für die Einigung auf EU-Ebene war auch der Regierungswechsel in Deutschland. Unter der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel stand Deutschland einer Einigung noch im Weg. Die EU-Kommission hatte die neuen Regeln bereits vor rund zehn Jahren vorgeschlagen. In Deutschland selbst lag der Frauenanteil in den Führungsgremien der 160 Firmen der Dax-Familie sowie weiterer 23 im regulierten Markt notierter, paritätisch mitbestimmter Unternehmen Ende April bei 14,7 Prozent, wie aus dem aktuellen Women-on-Board-Index (WoB/Frauen-im-Vorstand) der Organisation «Frauen in die Aufsichtsräte» (Fidar) hervorgeht. In Aufsichtsräten lag der Wert bei 33,5 Prozent. (17. Oktober)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.