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Der nationalistische ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat vergangene Woche vor dem Europäischen Parlament in Straßburg gesprochen. Er stellte Ungarns Prioritäten für die EU-Ratspräsidentschaft vor, die das Land seit Juli innehat – inmitten heftiger Kritik an Ungarns Politik im In- und Ausland.

Orbán sprach sich unter anderem für einen „Wandel“ in Europa aus. Er sprach von der „ernsthaftesten Periode“ in der Geschichte der EU, mit dem Krieg in der Ukraine vor der Haustür, dem eskalierenden Konflikt im Nahen Osten und einer „Migrationskrise“, die seiner Meinung nach das System der offenen Grenzen des Schengen-Raums „zum Einsturz bringen“ könnte.

Einen Tag zuvor hatte Orbán – kurz unterbrochen von einem Demonstranten – seine eigenwillige Außenpolitik bekräftigt und Journalisten erklärt, Kiew steuere auf eine Niederlage zu, weshalb “eine neue Strategie“ für die Ukraine gebraucht werde.

Orbáns Parlamentsdebatte, an der auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, teilnahm, war zweimal verschoben worden. Das Europäische Parlament hatte sich seit Wochen auf einen Auftritt vorbereitet, der durch die ständigen Spannungen zwischen der ungarischen Regierung und den Europaabgeordneten angeheizt wurde.

Beziehungen zwischen der EU und Ungarn

Im Juli übernahm Ungarn die sechsmonatige rotierende Präsidentschaft des Rates der Europäischen Union, die bis Ende des Jahres andauert. Unmittelbar nach der Übernahme der Präsidentschaft wich Orbán vom Drehbuch ab: Er begab sich auf eine nicht genehmigte Ukraine-„Friedensmission“ nach Kiew, Moskau und Peking, die in Brüssel Empörung auslöste.

Orbáns Vorgehen veranlasste die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, Spitzenbeamte anzuweisen, eine Reihe von Treffen, die von der ungarischen Präsidentschaft organisiert wurden, auszusetzen – ein noch nie dagewesener De-facto-Boykott.

Zu den Gründen für die Unzufriedenheit mit Ungarn und Orbán gehören wiederholte Vorwürfe des Missbrauchs von EU-Geldern, die Einleitung von Gerichtsverfahren gegen Ungarn wegen angeblicher Nichteinhaltung von EU-Recht und eine kürzlich vom Europäischen Gerichtshof (EJC) verhängte Geldstrafe in Millionenhöhe wegen dieser Verstöße. Ein weiterer Faktor, der viele verärgert, ist Ungarns Nähe zu Russland sowie sein wiederholtes Veto, wenn es um EU-Hilfe für die vom Krieg zerrüttete Ukraine geht.

Seit er 2010 an die Spitze seines Landes zurückgekehrt ist, hat Orbán die Bürgerrechte eingeschränkt, seine Macht gestärkt und sich wiederholt mit Brüssel über Fragen der Rechtsstaatlichkeit angelegt. Viele unabhängige Medien in Ungarn mussten entweder schließen oder wurden in regierungsnahe Organe umgewandelt, während die öffentlichen Medien gezwungen wurden, sich auf die Linie der regierenden rechtspopulistischen und nationalkonservativen Fidesz-Partei zu stellen.

Ukraine, Migration, Wettbewerbsfähigkeit, Landwirtschaft und mehr

In seiner Rede vor dem Parlament in Straßburg schilderte Orbán zunächst einen Kontinent in Aufruhr. Mit dem Krieg in der Ukraine vor der Haustür und einer akuten „Migrationskrise“ argumentierte er, dass „die Europäische Union sich ändern muss“. Darüber hinaus ging er auf Themen wie die Wettbewerbsfähigkeit Europas, die Landwirtschaft, die Unzulänglichkeiten der grünen Transformation und die Bedrohungen für den Kontinent ein, ohne jedoch in seiner Eröffnungsrede große politische Botschaften zu vermitteln.

Die dreieinhalbstündige Sitzung wurde zu einem Patt zwischen dem Großteil der EU-Gesetzgeber, die Orbáns „autokratische Herrschaft“ anprangerten und einer rechtsextremen Minderheit, die sich ihm anschloss und die Vorwürfe als „absurd“ zurückwies.

Vor dem Plenarsaal veranstalteten die verschiedenen Fraktionen Proteste. „Kein Geld für Korrupte“, hieß es auf einem Transparent, das von linken Abgeordneten hochgehalten wurde – in Anspielung auf die Milliarden Euro an EU-Geldern für Ungarn, die derzeit aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit eingefroren sind.

Es wurde gegen Orbán ausgeteilt

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die direkt nach dem ungarischen Ministerpräsidenten sprach, kritisierte ihn in allen Bereichen scharf: von seinem Schweigen zur Ukraine und seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bis hin zu seiner Migrationspolitik sowie der Wettbewerbsfähigkeit oder der Energie, die Budapest trotz des internationalen Kontextes weiterhin aus russischen Quellen beziehe.

Sie prangerte an, dass Budapest die Bemühungen des Westens, die Ukraine gegen Moskaus Offensive zu rüsten, behindert. „Es gibt nur einen Weg, um einen gerechten Frieden für die Ukraine und für Europa zu erreichen: Wir müssen den ukrainischen Widerstand weiterhin mit politischer, finanzieller und militärischer Unterstützung stärken“, sagte sie.

Mit Blick auf Orbáns Vorgehen in der Migrationsfrage fragte von der Leyen den ungarischen Ministerpräsidenten, warum er mehr als tausend verurteilte Menschenschmuggler und Menschenhändler freigelassen habe. „Das ist kein Kampf gegen illegale Migration in Europa“, sagte von der Leyen in ihrer Rede. Orbáns werfe nur “Probleme über den Zaun des Nachbarn.”

Sie bezeichnete eine ungarische Visaregelung für russische Staatsangehörige als „Hintertür für ausländische Einmischung“.

Ungarn ist dem Schritt der Niederlande im vergangenen Monat gefolgt und hat eine Ausnahmeregelung von der gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik der EU beantragt. Budapest habe die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, am Montag schriftlich um eine Ausnahmeregelung gebeten, erklärte Ungarns Minister für EU-Angelegenheiten, János Bóka, auf Facebook.

Der slowakische Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, gab in Straßburg zu, dass dies eine der politisch schwierigsten Debatten sei, die er je im Europäischen Parlament erlebt habe.

„Ich denke, dass dies nur unterstreicht, wie viele Probleme, wie viele offene Fragen, wie viele Schwierigkeiten und Herausforderungen auf dem Tisch liegen“, sagte er. Er wies darauf hin, dass die EU während der jüngsten Überschwemmungen in Ungarn ein Höchstmaß an Solidarität gezeigt habe und dem Land stets zur Seite gestanden habe.

Er fügte hinzu, dass die Solidarität auf Gegenseitigkeit beruhen müsse und dass die EU Ungarn in vielen Bereichen als „Teil des Teams“ brauche, sei es bei den Herausforderungen, über die auch Orbán gesprochen habe, wie der Migration, aber auch in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum oder Umgehung von Sanktionen.

„Aber wir brauchen Sie auch als Teil des Teams, um die Herausforderungen zu bewältigen, die Präsidentin von der Leyen deutlich hervorgehoben hat, insbesondere in Bezug auf die Ukraine und die Migration“, erklärte Šefčovič.

EVP, S&D, Liberale und Grüne sprechen sich gegen Orbán aus

Vertreter fast aller politischen Parteien im Europäischen Parlament äußerten sich äußerst kritisch gegenüber dem ungarischen Premierminister und folgten damit von der Leyens Beispiel.

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, kritisierte den ungarischen Regierungschef dafür, dass er sich als wahrer Konservativer bezeichne. Orbáns Fidesz-Partei war früher Teil der EVP, der größten Fraktion im Europäischen Parlament.

Die Vorsitzende der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D), Iratxe García Pérez, warf Orbán vor, mit seiner Einwanderungspolitik und seinem Vorgehen gegen die LGBTQI+-Gemeinschaft die christlichen Werte der Nächstenliebe, des Mitgefühls und der Menschenwürde zu verraten.

Valérie Hayer, die die liberale Gruppe Renew Europe leitet, bedauerte ebenfalls, dass Orbán die Verteidigung der Familien verkündet, während er „alle Familien verfolgt, die nicht in sein enges Weltbild passen“.

„Sie haben die ungarische Demokratie in ein hybrides Regime der Wahlautokratie verwandelt. Und obendrein sind Sie der Diener eines brutalen und gefährlichen Diktators, Wladimir Putin. Sie sind kein starker Führer, Herr Orbán, denn was Sie tun, ist schwach“, sagte die Grünen-Co-Vorsitzende Terry Reintke.

Der ungarische Oppositionsführer und ehemalige Europaabgeordnete Péter Magyar (EVP) beklagte, dass Ungarn unter Orbán „von einem hellen Stern zum offiziell ärmsten und korruptesten Land der Europäischen Union geworden ist“.

Laut dem von Transparency International im Januar veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex 2023 ist Ungarn zum zweiten Mal in Folge das korrupteste Land in der EU. Der Index der Nichtregierungsorganisation stuft die Länder nach der Widerstandsfähigkeit ihres öffentlichen Sektors gegen Korruption ein.

Einige stehen zu Orbán

Die freundlichsten Worte gegenüber Orbán kamen von der rechten Gruppe Patrioten für Europa (PfE), die Ende Juni gegründet wurde und Orbáns Fidesz-Partei zu ihren Gründungsmitgliedern zählt. Die PfE wies die Kritik als politische Verfolgung und Propaganda gegen sein Engagement für traditionelle Werte zurück.

PfEs erste stellvertretende Vorsitzende im Europäischen Parlament, die Ungarin Kinga Gál, beschuldigte von der Leyen und die anderen Fraktionen der „Heuchelei“ und der Zerstörung der Säulen der Europäischen Union.

Der Vorsitzende der Konservativen und Reformisten (EKR), der italienische Europaabgeordnete Nicola Procaccini, sagte Orbán, dass sie viele Punkte seines Programms teilen, warnte ihn aber vor „äußeren Feinden“ wie China, Russland, Iran oder Nordkorea, die „der Gegensatz zu jeglichem ungarischen, europäischen oder westlichen Patriotismus“ seien.

Der kroatische EKR-Abgeordnete Stephen Nikola Bartulica verteidigte Orbán und sagte, er sei im Europäischen Parlament zu einer „politischen Zielscheibe“ geworden, weil er es gewagt habe, das Christentum zu verteidigen und für ein „gottesfürchtiges“ Europa einzutreten. Er widersprach jedoch Orbáns Haltung, dass sich die EU auf die Mitgliedschaft Serbiens „konzentrieren“ sollte.

Während seiner Rede argumentierte Orbán, dass die Wahlgewinne der harten Rechten von Italien bis zu den Niederlanden und Österreich – und der wachsende Einfluss seiner Patrioten – zeigten, dass sich das politische Klima in Europa langsam aber sicher zu seinen Gunsten verschiebt.

Dieser Artikel wird zwei Mal pro Woche veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.