Tschechien liefert in den letzten Jahren jährlich 200 bis 300 Personen aufgrund eines europäischen Haftbefehls aus

Prag – Die Tschechische Republik überstellt auf der Grundlage eines europäischen Haftbefehls jährlich zwischen zwei- und dreihundert Menschen in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Ein Übergabeverfahren dauert durchschnittlich 25 bis 30 Tage, oft aber weniger. Umgekehrt wurden in den letzten Jahren aufgrund eines Europäischen Haftbefehls jährlich drei- bis vierhundert gesuchte Personen nach Tschechien gebracht, wie aus den vom Justizministerium bereitgestellten Daten hervorgeht. Laut dem Sprecher des Polizeipräsidiums David Schön ist der europäische Haftbefehl die effektivste und schnellste Methode, Flüchtlinge vor Gericht zu bringen oder ins Gefängnis zu bringen.

Die Polizisten nehmen auf tschechischem Gebiet am häufigsten Slowaken fest und überstellen sie dann. Seit 2008 bis Ende letzten Jahres waren es über 1350, gefolgt von den Tschechen. Mit der Einführung des europäischen Haftbefehls wurde das Prinzip der Nichtauslieferung eigener Staatsbürger durchbrochen. Tschechien hat 1038 von ihnen überstellt. Unter den häufig überstellten sind auch Rumänen, Deutsche oder Bulgaren.

Letztes Jahr hielten Polizisten aus den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union aufgrund eines europäischen Haftbefehls fast 470 gesuchte Personen fest und schickten sie nach Tschechien. Umgekehrt fanden tschechische Polizisten laut Angaben des Justizministeriums aufgrund eines europäischen Haftbefehls 255 Personen, nach denen in einem der EU-Staaten gefahndet wurde. In mehr als 230 Fällen entsprach die Tschechische Republik dem Übergabeersuchen.

Der sogenannte europäische Haftbefehl wurde in der Europäischen Union als Reaktion auf die Terroranschläge in den Vereinigten Staaten im September 2001 eingeführt. Er ersetzte das Auslieferungsverfahren, das auf Verträgen zwischen den einzelnen Staaten basierte. Der europäische Haftbefehl betrifft schwere Delikte, beispielsweise Terrorismusverdacht, sexuellen Missbrauch von Kindern, Morde, Rassismus oder Waffen- oder Drogenhandel. In Tschechien ist er seit dem 1. November 2004 in Kraft. (27. Oktober)