Prag/Brüssel – Experten, die Teil eines wissenschaftlichen Netzwerks zur Klimawissenschaft sind, decken in einem neuen Buch auf, welche Strategien ihrer Meinung nach von organisierten Netzwerken und Einzelpersonen verfolgt werden, deren Ziel es ist, Europa im Kampf gegen den Klimawandel zu behindern. Klimatische Obstruktionen bleiben dank des Aufstiegs der extremen Rechten oder des sogenannten Greenwashings am Leben, so die Publikation. Die Experten widmeten sich einzelnen 11 Staaten, darunter auch Tschechien, eines der Kapitel ist der Europäischen Union als Ganzes gewidmet. Auf einer Pressekonferenz in Brüssel stellten die Autoren und Vertreter des Climate Social Science Network (CSSN) das Buch heute den Journalisten vor. Die Publikation ist online zugänglich.
„Das Buch enthüllt tief verwurzelte Netzwerke von Klimadesinformationen, die auf dem gesamten europäischen Kontinent existieren und durch die Interessen der fossilen Industrie, rechtsextreme Think-Tanks, politische Gruppen und Unternehmenslobbyisten genährt werden. Das Buch wirft ein Licht auf die komplexen Strategien der Leugnung, Verzögerung und Täuschung, die nicht nur seit Jahrzehnten grundlegende Klimapolitiken behindern, sondern auch die demokratischen Strukturen in der EU untergraben“, sagte Professor für Umweltstudien, Soziologe und Mitherausgeber des Buches J. Timmons Roberts. An dem Buch arbeiteten Wissenschaftler, die sich mit Klimawissenschaft, Desinformation, Politikwissenschaft, Kommunikation und Wirtschaft beschäftigen. Tschechische Experten analysierten den Klimaskeptizismus, der ihrer Meinung nach seine Wurzeln in der Ära des ehemaligen Präsidenten Václav Klaus hat. Dessen Leugnung hatte ideologische Grundlagen und er behauptete, dass Maßnahmen eine Bedrohung für die freie Marktwirtschaft darstellen, schreiben sie in dem Buch. Sein Botschaft wurde laut den Autoren von der ODS oder liberal-konservativen Think-Tanks verbreitet.
Die Autoren führen in dem Buch aus, dass durch den Aufstieg der extremen Rechten in einigen Ländern, wie Italien oder Deutschland, die Klimaleugnung am Leben erhalten wird. Sie nutzen unter anderem konservative Netzwerke mit Verbindungen zu den Vereinigten Staaten. Weitere rechtsextreme Parteien wie die Schwedendemokraten und die spanische Vox nutzen laut den Wissenschaftlern soziale, kulturelle und ideologische Unterschiede, um die Gesellschaft weiter zu spalten. Ein weiteres im Buch beschriebenes Hindernis ist das Greenwashing großer Öl- und Gasunternehmen. Sie präsentieren sich fälschlicherweise als nachhaltige Alternativen in der fossilen Industrie, so die Autoren. Laut den Wissenschaftlern hat dies konkrete politische Entscheidungen auf höchster Ebene unter dem Namen Übergangstechnologien beeinflusst. Die Einbeziehung von Gasprojekten in die grüne EU-Taxonomie ist das Ergebnis des fossilen Greenwashings, so die Autoren. Greenwashing ist eine Form des Marketings, die dazu dient, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass die Produkte, Ziele und Grundsätze einer Organisation umweltfreundlich sind. Zu den weiteren Hindernissen gehört auch die systematische Verzögerung notwendiger Klimamaßnahmen.
Das Buch wurde vom Verlag Oxford University Press veröffentlicht. Das Kapitel über Tschechien wurde von den Politologen Milan Hrubeš von der Philosophischen Fakultät der Universität Hradec Králové und Ondřej Císař von der Fakultät für Sozialwissenschaften der Karlsuniversität in Prag verfasst. In Tschechien wurde letztes Jahr ein ähnlich ausgerichtetes Buch mit dem Titel „Fabrik der Lügen“ des Soziologen Vojtěch Pecka veröffentlicht.