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An einem Frühsommertag vor 40 Jahren trafen sich Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden auf einem Schiff in einem kleinen luxemburgischen Dorf.

Der symbolträchtige Ort an der Mosel, wo Frankreich, Luxemburg und Deutschland aufeinandertreffen, war die Gemeinde Schengen.

Dort wurde am 14. Juni 1985 das Schengener Abkommen unterzeichnet. Ziel war es, die Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten schrittweise abzubauen und so die Freizügigkeit von Personen zu ermöglichen. Die vollständige Umsetzung erfolgte 1995 – mit der Einführung eines Reisegebiets ohne Grenzkontrollen in großen Teilen Europas.

Heute umfasst der Schengen-Raum 29 Länder: 25 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. Irland und Zypern sind die einzigen EU-Mitglieder, die nicht Teil des Abkommens sind. Irland beteiligt sich wegen seines geteilten Reisegebiets mit dem Vereinigten Königreich nicht – Grenzprobleme wären dort die Folge. Zypern befindet sich derzeit im Beitrittsprozess.

Auch andere Länder möchten dem Schengen-Raum beitreten. Albanien etwa pflegt enge wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Kooperationen mit Schengen-Staaten. Das Land profitiert seit 2010 von der Visafreiheit und erfährt breite Unterstützung für seine EU- und Schengen-Ambitionen.

Oft als Grundpfeiler der europäischen Integration bezeichnet, genießt Schengen weiterhin großes Wohlwollen in der Bevölkerung. In einer Eurobarometer-Umfrage vom Oktober 2024 nannten 72 Prozent der Befragten das Abkommen eine der größten Errungenschaften der EU. Dennoch gaben im EU-Durchschnitt 21 Prozent an, noch nie davon gehört zu haben – in Spanien liegt dieser Anteil sogar bei 50 Prozent.

Die wirtschaftlichen Vorteile von Schengen

Der kürzliche Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Januar 2025 unterstreicht die Bedeutung des Schengen-Raums. Nach jahrelangen Verzögerungen traten beide Länder zunächst im März 2024 über ihre Luft- und Seegrenzen bei – und schon der Schritt brachte spürbare wirtschaftliche Vorteile mit sich.

Der rumänische Finanzminister Tánczos Barna erklärte, der Beitritt habe Rumäniens Attraktivität für ausländische Investoren gesteigert, da der Waren- und Dienstleistungsverkehr nun schneller abgewickelt werde. Der Wegfall von Grenzkontrollen habe die Logistik vereinfacht, Wartezeiten verkürzt und Kosten gesenkt – und so Rumäniens Wettbewerbsfähigkeit auf den europäischen Märkten gestärkt.

In Bulgarien bezeichnete der damalige Ministerpräsident Nikolay Denkov den Schengen-Beitritt als „den größten Erfolg der bulgarischen Diplomatie“ seit dem EU-Beitritt 2007.

Dimitar Dimitrov, Geschäftsführer der Kammer der bulgarischen Straßentransportunternehmen, betonte, dass Verzögerungen an den Grenzen mit Rumänien die Branche zuvor jährlich rund 300 Millionen Euro gekostet hätten – mit durchschnittlichen Wartezeiten von 10 bis 15 Stunden. In den ersten drei Monaten des Jahres nahm der Verkehr zwischen Rumänien und Bulgarien deutlich zu: Laut der rumänischen Straßenbehörde überquerten rund 160.000 Fahrzeuge die Grenze – im Vergleich zu 128.000 im gleichen Zeitraum 2024.

Dimitrov hob hervor, die Schengen-Mitgliedschaft Bulgariens stärke die strategische Bedeutung als Verkehrsdrehscheibe zwischen der Türkei und der EU – warnte jedoch auch, dass die veraltete Infrastruktur weiterhin ein großes Hindernis darstelle.

Ähnliche Erfahrungen machte Kroatien, das im Januar 2023 beitrat. Die Schengen-Mitgliedschaft findet in der kroatischen Bevölkerung breite Zustimmung.

Der Wegfall der Binnengrenzkontrollen ist für das Land als Urlaubsziel von großer Bedeutung – insbesondere, da viele Menschen dort Urlaub mit dem Auto machen. Seit dem Schengen-Beitritt gehören kilometerlange Staus in den Sommermonaten an den Grenzübergängen zu Slowenien und Ungarn, der Vergangenheit an.

Wird der Schengen-Raum ausgehöhlt?

Trotz zahlreicher Vorteile wurde der Schengen-Raum in den vergangenen zehn Jahren immer wieder auf die Probe gestellt.

Mehrere Länder haben erneut Binnengrenzkontrollen eingeführt – meist mit dem Ziel, Migration und Terrorismus einzudämmen. Auch, wenn an einigen Schengen-Grenzen wieder temporäre Kontrollen stattfinden, bedeutet das nicht, dass jedes Fahrzeug routinemäßig angehalten wird. Viele Reisende spüren daher kaum Einschränkungen. Während der Covid-19-Pandemie hatten zudem viele Länder ihre Grenzen vorübergehend geschlossen.

Als Reaktion auf die Terroranschläge vom November 2015 führte Frankreich erneut Kontrollen an seinen Land-, See- und Luftgrenzen innerhalb des Schengen-Raums ein. Diese Regelung wird seither alle sechs Monate verlängert – zuletzt bis zum 31. Oktober 2025.

Österreich hatte 2015 vorübergehende Grenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn eingeführt – als Reaktion auf die hohe Zahl ankommender Zuwandernder. Diese Maßnahmen wurden seither immer wieder verlängert, was wirtschaftliche Herausforderungen sowie Probleme für grenzüberschreitende Unternehmen und Reisende mit sich bringt.

Im Oktober 2023 führte auch Slowenien Grenzkontrollen zu Kroatien und Ungarn ein. Kroatien war erst wenige Monate zuvor Schengen-Mitglied geworden. Zuvor hatte bereits Italien Grenzkontrollen zu Slowenien eingeführt – als Reaktion auf die angespannte Lage im Nahen Osten, steigende Migrationszahlen entlang der Balkanroute und nationale Sicherheitsbedenken. Die Grenzkontrollen zwischen Slowenien, Kroatien, Ungarn und Italien sind weiterhin in Kraft.

In Kroatien kam zwischenzeitlich die Sorge auf, man würde zu alten Verhältnissen zurückkehren, als Slowenien kurz nach dem kroatischen Schengen-Beitritt stichprobenartige Kontrollen einführte. Diese Sorge erwies sich jedoch als unbegründet: Es finden keine systematischen Kontrollen jeden Passagiers oder jedes Fahrzeugs statt, und der Verkehr fließt weitgehend ungehindert.

Die EU erlaubt temporäre Grenzkontrollen „im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit“ – diese sollen jedoch nur als letztes Mittel in Ausnahmesituationen eingesetzt werden.

Staaten dürfen solche Kontrollen einführen, wenn sie eine gültige Begründung liefern. Die Maßnahmen können alle sechs Monate verlängert werden – in der Regel bis zu zwei Jahre. Danach muss die Begründung angepasst werden, um die Kontrollen weiterführen zu können.

Derzeit haben unter anderem Slowenien, Österreich, die Niederlande, Dänemark, Frankreich, Norwegen, Schweden, Deutschland, Bulgarien und Italien in unterschiedlichem Ausmaß wieder Grenzkontrollen eingeführt.

Die neue deutsche Regierung verstärkte die Grenzkontrollen seit ihrem Amtsantritt am 6. Mai.  – sehr zum Ärger einiger Nachbarländer.

„Es muss vermieden werden, dass in den Köpfen der Menschen wieder Grenzen geschaffen werden“, sagte Luxemburgs Innenminister Léon Gloden bei einem Treffen mit seinem deutschen Amtskollegen im Mai.

Schengen muss leben!

Léon Gloden, Innenminister Luxemburg

Die Bürgermeisterin von Straßburg und ihr Amtskollege auf der anderen Rheinseite im deutschen Kehl beschwerten sich in einem Protestbrief an Bundeskanzler Friedrich Merz über die verschärften Kontrollen zwischen den beiden Städten.

Sie beklagten, dass das tägliche Leben beeinträchtigt werde – unter anderem kämen deutlich weniger Straßburger Menschen zum Einkaufen nach Kehl.

Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren schrittweise temporäre Kontrollen an all seinen Landgrenzen wieder eingeführt – mit dem Ziel, irreguläre Migration zu begrenzen.

Die Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz verschärfte die Kontrollen inzwischen weiter – und erlaubt es den Grenzbeamten nun auch, Menschen mit Asylabsicht abzuweisen.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk kritisierte dieses Vorgehen scharf – insbesondere, weil dadurch Tausende Migrantinnen und Migranten von Deutschland nach Polen zurückgeschickt wurden. Er drohte am Mittwoch mit der Einführung temporärer Grenzkontrollen zu Deutschland und sagte, es sei „sehr wahrscheinlich“, dass sie noch in diesem Sommer umgesetzt würden, falls der Druck auf die Grenzregionen anhalte.

Einige Länder vermeiden Grenzkontrollen

Während die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Schengen-Raum in den vergangenen zehn Jahren stark zunahm, entschieden sich einige Länder bewusst dagegen .

Belgien verschärfte die Regeln an den Grenzen nur während der Covid-19-Pandemie im Winter 2021. Das ist bemerkenswert, zumal Belgien – wie auch seine Nachbarländer – stark den Druck von Sekundär-Migration und sicherheitsrelevanten Vorfällen wie den Terroranschlägen von 2016 in Brüssel spürt.

Immer wenn Frankreich, Deutschland oder die Niederlande Grenzkontrollen wieder einführten, setzte sich Belgien für den freien Warenverkehr ein und bemühte sich, wirtschaftliche Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Portugal: Abgesehen von wenigen Großereignissen – wie dem Besuch des Papstes in Lissabon 2010 und der Corona-Pandemie – wurden dort Grenzkontrollen nicht wieder eingeführt. Die portugiesische Öffentlichkeit steht dem Schengen-Abkommen nach wie vor überwiegend positiv gegenüber und sieht es als Symbol für europäische Integration und Reisefreiheit – auch, wenn das Bewusstsein für sicherheits- und migrationspolitische Herausforderungen gewachsen ist.

Diese veränderte Haltung mancher Länder gegenüber dem Schengen-Raum fiel auch der Leiterin eines Museums auf, das sich dem Thema widmet – im luxemburgischen Ort Schengen, wo alles begann.

Das inzwischen renovierte Museum wird am Samstag im Rahmen der Feierlichkeiten zum 40-jährigen Jubiläum wiedereröffnet.

„Als das Museum 2010 eröffnet wurde, feierte man offene Grenzen,“ sagte Museumsdirektorin Martina Kneip. „Mit Corona und der Flüchtlingskrise hieß es dann plötzlich: Schengen ist tot, niemand will es mehr, es ist an allem schuld.“

Das Museum wolle auf diesen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung reagieren – das sei einer der Gründe für die Neugestaltung gewesen.

„Hier kann jeder selbst sehen, wie wertvoll und sinnvoll die Idee von Schengen ist,“ sagte Schengens Bürgermeister Michel Gloden. „Wir haben es geschafft, Grenzen zwischen Ländern abzubauen – die Grenzen in den Köpfen der Menschen dürfen nie wieder entstehen.“

Dieser Artikel wird zwei Mal pro Woche veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf den Nachrichten der am European Newsroom beteiligten Agenturen.