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Berichten zufolge kamen seit Ende Mai mehr als 1.000 Menschen in Gaza ums Leben, während sie versuchten, an humanitäre Hilfe zu kommen. In Europa wächst der Druck auf Israel wegen der anhaltenden Blockade und der strengen Einschränkungen für humanitäre Hilfe.

EU erwägt Sanktionen im Bereich der Forschungskooperation

Die Europäische Kommission schlug am Montag vor, Israels Mitwirkung an Teilen von Horizon Europe, dem zentralen Förderprogramm der EU für Forschung und Innovation, auszusetzen.

„Obwohl Israel jeden Tag humanitäre Pausen in den Kampfhandlungen in Gaza angekündigt und einige seiner Verpflichtungen im Rahmen der gemeinsamen Vereinbarung zu humanitärer Hilfe und Zugang erfüllt hat, bleibt die Lage ernst“, hieß es in einer Erklärung der Kommission.

Die vorgeschlagene Aussetzung würde die israelische Beteiligung am „EIC Accelerator“ betreffen, einem Teil von Horizon Europe. Er finanziert Start-ups und kleine Unternehmen , die sogenannte dual-use Technologien mit doppeltem Verwendungszweck wie Cybersicherheit, Drohnen und künstliche Intelligenz entwickeln.

Die Kommission berief sich auf einen EU-Bericht von Juni, der besagte, dass Israels Handlungen in Gaza gegen das Prinzip der Achtung der Menschenrechte verstoßen. Dies ist aber eine im EU-Israel-Assoziierungsabkommen verankerte Bedingung. Das Abkommen regelt seit 2000 die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Israel.

Laut dem Gesundheitsministerium in Gaza wurden seit dem Ausbruch des Krieges im Oktober 2023 über 60.000 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet.

Die Erklärung der Kommission warf Israel insbesondere vor, die Lieferung humanitärer Hilfe an die rund zwei Millionen Menschen im abgeriegelten Gazastreifen in den letzten Monaten stark eingeschränkt zu haben.

Der neue Vorschlag der EU erfordert keine einstimmige Zustimmung aller Mitgliedstaaten. Eine qualifizierte Mehrheit – 15 der 27 Mitgliedsländer, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren – würde ausreichen, um die Maßnahme zu verabschieden.

Doch Gespräche der ständigen Vertreter des Blocks am Dienstag in Brüssel brachten jedoch laut anwesender Diplomaten keine Einigung über die Einleitung des formellen Entscheidungsprozesses, da Länder wie Deutschland mehr Zeit und weitere Analysen forderten, um die Lage vor Ort zu beurteilen.

Das israelische Außenministerium verurteilte die Empfehlung als „falsch, bedauerlich und ungerechtfertigt“. Es warnte, dass Sanktionen gegen Israel während seines Kampfes gegen die Hamas „nur dazu dienen, die Hamas zu stärken“.  Der Krieg in Gaza begann nach dem Angriff der militanten Gruppe auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln genommen wurden.

Israel ließ vernehmen, es werde daran arbeiten, die Annahme der Maßnahme zu verhindern.

Warnungen vor Hungersnot in Gaza

Die Erklärung der EU erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Sorgen von humanitären Organisationen und Regierungen.

Beim monatlichen Treffen des EU-Außenministerrats Mitte Juli betonte der bulgarische Außenminister Georg Georgiev, sein Land halte es angesichts der kritischen humanitären Lage in Gaza für unerlässlich, alle Kontrollstellen zu öffnen, um humanitären Zugang für die Zivilbevölkerung zu gewährleisten.

Die von den Vereinten Nationen unterstützte Initiative „Integrated Food Security Phase Classification“ (IPC) warnte in einem Bericht am Dienstag, dass „das schlimmste Szenario einer Hungersnot derzeit im Gazastreifen Realität wird“.

Laut der Organisation „gebe es zunehmend Beweise, dass eine weit verbreitete Hungersnot, Unterernährung und Krankheiten zu einem Anstieg hungerbedingter Todesfälle führen“.

Über 20.000 Kinder wurden zwischen April und Mitte Juli in Gaza wegen akuter Mangelernährung behandelt, mehr als 3.000 davon seien schwer unterernährt, so die IPC.

Die Organisation fügte hinzu, dass der Bericht keine formelle Klassifizierung als Hungersnot darstelle, sie jedoch umgehend eine neue Analyse durchführen werde.

„Das ist etwas, das wir in diesem Jahrhundert noch nicht gesehen haben. Es erinnert uns an frühere Katastrophen in Äthiopien oder Biafra im vergangenen Jahrhundert,“ sagte Ross Smith, Notfalldirektor des UN-Welternährungsprogramms, und betonte: „Wir brauchen jetzt dringend Maßnahmen.“

Einige Hilfsgüter wurden in den letzten Tagen mit Fallschirmen abgeworfen oder mit Lastwagen nach Gaza gebracht. Humanitäre Organisationen sagen jedoch, dass dies bei weitem nicht ausreiche. Israel weist die Vorwürfe zurück, es würde die Menschen in Gaza absichtlich aushungern.

Gespaltene EU: Einige Mitgliedstaaten lehnen Maßnahmen ab

Trotz wachsender Besorgnis ist die EU uneins darüber, was zu tun sei. 

Mehrere Länder, darunter Deutschland, Österreich, Ungarn und Tschechien, äußerten sich wiederholt ablehnend zum Thema Sanktionen. 

„Wir unterstützen Israel. Wir wollen sicherstellen, dass alle Resolutionen zur Lage in Gaza ausgewogen sind,“ sagte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala vergangenen Mittwoch. „Aber das bedeutet nicht, dass unsere Unterstützung bedingungslos ist und wir jeden Schritt der israelischen Regierung unterstützen.“

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán bleibt einer der stärksten Verbündeten Israels in Europa. Im April empfing er Premierminister Benjamin Netanjahu in Budapest, trotz eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den israelischen Regierungschef wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auf EU-Ebene lehnt Ungarn jegliche Sanktionen gegen Israel ab, selbst solche gegen gewalttätige Siedler, denen die anderen 26 Mitgliedstaaten zugestimmt hatten.

Deutschland ist ein weiterer starker Verbündeter und hat bisher keine Maßnahmen gegen Israel ergriffen. Es steht jedoch unter Druck, auf die sich verschlechternden humanitären Bedingungen zu reagieren.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz erklärte, das Sicherheitskabinett der Regierung habe Optionen diskutiert, um den Druck auf Israel zu erhöhen, damit die katastrophale Lage im Gazastreifen verbessert wird. „Wir behalten uns das Recht vor, solche Schritte zu unternehmen,“ sagte Merz und fügte hinzu, dass keine Entscheidungen vor der Nahostreise von Außenminister Johann Wadephul am Donnerstag getroffen würden.

Zu den diskutierten Optionen gehören ein Stopp von Waffenexporten und sogar die Aussetzung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens. Entscheidungen über Waffenexporte obliegen jedoch dem Bundessicherheitsrat Deutschlands.

Mitgliedstaaten ergreifen unabhängig Maßnahmen

Während ein EU-weiter Konsens weiterhin ausbleibt, haben einige Länder eigenständige Maßnahmen ergriffen.

Frankreich werde im September einen palästinensischen Staat bei der UN-Generalversammlung anerkennen, kündigte Präsident Emmanuel Macron vergangenen Donnerstag an.

Frankreich ist eines von dann 142 Ländern, die laut einer AFP-Zählung inzwischen die Staatlichkeit Palästinas anerkennen, obwohl Israel und die Vereinigten Staaten diese Anerkennung entschieden ablehnen.

In Europa hatten Irland, Norwegen, Slowenien und Spanien diesen Schritt bereits nach dem Ausbruch des Gaza-Konflikts unternommen. Schweden, Polen, die Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Zypern haben die palästinensische Staatlichkeit schon früher anerkannt, einige bereits 1988.

Frankreich leitet diese Woche gemeinsam mit Saudi-Arabien eine Konferenz zur Zwei-Staaten-Lösung in New York. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte in einer Rede, dass die Anerkennung des palästinensischen Staates und das Eintreten für eine Zwei-Staaten-Lösung eine Absage daran sei, dass „das Kriegslager über das Friedenslager siegt“, sowie eine Ablehnung der Hamas, die Israels Existenzrecht bestreite.

Es erteile auch eine Absage an die Extremisten in Israel, die den Palästinensern ein Existenzrecht absprächen, fügte er hinzu. 

Auch Großbritannien kündigte am Dienstag an, dass es im September dem Beispiel Frankreichs folgen werde, es sei denn, es käme zu einem Waffenstillstand und Israel verpflichte sich zu einer Zwei-Staaten-Lösung.

Italiens Vizepremier und Außenminister Antonio Tajani erklärte vergangene Woche, Italien sei noch nicht bereit, diesem Beispiel zu folgen. Der Minister bekräftigte außerdem Italiens Verurteilung der israelischen Angriffe auf Gaza und die Einschränkungen für die Einfuhr von Hilfsgütern in die Enklave. Er forderte erneut einen Waffenstillstand im Krieg gegen die Hamas: “Wir können das Gemetzel und die Hungersnot nicht länger akzeptieren.”

Die spanische Regierung gehört zu den schärfsten Kritikern Israels. Sie begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Israel teilweise auszusetzen, ist jedoch der Ansicht, dass die EU in ihrer Reaktion auf die Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen weiter gehen sollte und das Assoziierungsabkommen mit dem Land aussetzen müsse.

Einige Länder haben zudem begonnen, Sanktionen gegen Israel zu verhängen, ohne auf die EU zu warten.

Die Niederlande kündigten am Montag an, dass zwei rechtsextremen israelischen Ministern die Einreise verweigert und der Botschafter einbestellt werde. Bei den Ministern handelt es sich um den Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, und den Finanzminister Bezalel Smotrich.

Ministerpräsident Dick Schoof sagte, die Niederlande unterstützen die Aussetzung von Israels Teilnahme am Horizon-Forschungsprogramm, falls Brüssel zu dem Schluss komme, dass Israel seinen Verpflichtungen in Bezug auf den humanitären Zugang zu Gaza nicht nachkommt.

Er fügte hinzu, dass die Niederlande in diesem Fall „auch auf weitere europäische Maßnahmen drängen werden, beispielsweise beim Handel“.

Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob äußerte sich ähnlich: „Wir erwarten, dass die Mitgliedstaaten den Vorschlag, die israelische Teilnahme am Horizon-Europe-Programm teilweise auszusetzen, mit qualifizierter Mehrheit billigen. Slowenien wird weiterhin für entschlossenere Maßnahmen gegen die israelische Regierung eintreten.“

Mitte Juli erklärte die slowenische Regierung Ben-Gvir und Smotrich ebenfalls zu personae non gratae und argumentierte, dass die beiden durch ihre Aufrufe zu Gewalt und ihre schwerwiegenden Verstöße gegen die Menschenrechte der Palästinenser, einschließlich genozidaler Äußerungen, die Lage verschärfen würden.

Auch die irische Regierung ergreift Maßnahmen. Sie bereitet ein Verbot von  Handelsbeziehungen mit israelischen Siedlungen in den von Israel besetzten Gebieten vor, die vom Internationalen Gerichtshof in einem Gutachten als rechtswidrig eingestuft wurden.

Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist einer der weitreichendsten Versuche, Israel im Rahmen der EU-Abkommen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch da die Mitgliedstaaten weiterhin tief gespalten sind, wird die Zukunft dieses Schritts – und der breiteren EU-Israel-Zusammenarbeit – davon abhängen, ob eine qualifizierte Mehrheit erreicht werden kann.

Dieser Artikel ist eine Key Story des enr. Der Inhalt basiert auf der Berichterstattung der teilnehmenden Nachrichtenagenturen.