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Überfüllte Strände und überlaufene Stadtzentren: Ein weiterer Urlaubssommer neigt sich in Europa dem Ende zu. Während die Tourismusbranche sich über immer höhere Besucherzahlen und Einnahmen freut, wächst in vielen touristischen Hotspots die Frustration der Anwohnerinnen und Anwohner. Verständlich – wer möchte schon inmitten von Menschenmassen, Lärm und Schmutz leben und gleichzeitig durch Ferienunterkünfte aus dem eigenen Viertel verdrängt werden?

Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus in der EU

Das World Travel and Tourism Council (WTTC), eine Branchenorganisation, schätzt den Beitrag des Tourismus zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU in diesem Jahr auf fast 1,9 Billionen Euro. Das entspricht etwa 10,5 Prozent der Wirtschaftsleistung der Union. Für 2024 wurden 1,8 Billionen Euro verzeichnet, und der Sektor soll weiter wachsen – bis 2035 auf etwa 2,3 Billionen Euro des EU-BIP.

Der Europäischen Kommission zufolge macht der Tourismus 5,1 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der EU aus – das ist der Gesamtwert der in einer Volkswirtschaft produzierten Waren und Dienstleistungen vor Steuern und Subventionen.

2023 hatte sich der Tourismus in Europa vom Einbruch durch die Covid-19-Pandemie wieder erholt. In dem Jahr gaben EU-Bürgerinnen und -Bürger laut dem Statistikamt der EU, Eurostat, 555 Milliarden Euro für touristische Reisen aus. Rund 65 Prozent verreisten mindestens ein Mal aus nichtberuflichen Gründen. Von ihnen verbrachten 43 Prozent ihren Urlaub im eigenen Land, während 57 Prozent ins Ausland reisten.

Der Tourismus ist ein wichtiger Arbeitgeber – laut Eurostat gehörten 2022 insgesamt 2,4 Millionen Unternehmen der EU-Wirtschaft zum Tourismussektor und beschäftigten 12,3 Millionen Menschen. Nach anderen Schätzungen stellt der Tourismus bis zu 23 Millionen Arbeitsplätze in der Union.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Tourismus sind besonders in südlichen und mediterranen EU-Ländern sichtbar, wo er bis zu 18 Prozent des BIP beträgt (Kroatien, 2023) und einen erheblichen Anteil an der Beschäftigung hat. In Griechenland waren in den vergangenenJahren mehr als 20 Prozent der Beschäftigten im Tourismus tätig.

Ein Jahr nach den Olympischen Spielen hat sich Frankreich nun das Ziel gesetzt, bis 2030 Tourismuseinnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro durch ausländische Touristen zu erzielen. Um dies zu erreichen, plant die französische Regierung eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung des Sporttourismus, des Geschäftstourismus, des Agrotourismus sowie zur Vereinfachung der Vorschriften.

Wer reist wohin?

Es gibt Unterschiede zwischen den Ländern bei den Einnahmen aus dem Tourismus, aber auch dabei, wie viele Menschen in den Urlaub fahren (können): Während in den Niederlanden oder Frankreich mehr als 80 Prozent der Bevölkerung 2023 als Touristinnen und Touristen Zeit verbrachten, lag der Anteil in Rumänien bei nur 26,8 Prozent.

Spanien ist das Reiseziel Nummer eins in Europa, was den Tourismus zu einer der tragenden Säulen der spanischen Wirtschaft macht. Der Sektor trug 2023 den Daten des Nationalen Statistikamts zufolge 12,3 Prozent zum BIP des Landes bei und stellte 11,6 Prozent der Arbeitsplätze. Im Jahr 2024 stieg die Zahl der internationalen Touristenankünfte um mehr als 10 Prozent und übertraf 98 Millionen Besucherinnen und Besucher, die zudem 16 Prozent mehr ausgaben als im vorangegangenen Jahr.

Spanien verzeichnete laut Eurostat-Daten für das Jahr 2023 insgesamt 302 Millionen Übernachtungen und lag damit vor Italien (234 Millionen), Frankreich (138 Millionen), Griechenland (123 Millionen) und Österreich (91 Millionen).

Deutsche und französische Touristinnen und Touristen geben im Urlaub am meisten aus. Sie sind für fast die Hälfte aller EU-Tourismuseinnahmen verantwortlich, so Eurostat. Deutsche gaben dem Statistischen Bundesamt zufolge trotz der schlechten Wirtschaftslage sowohl im Inland als auch im Ausland viel Geld aus. Befragt nach ihrem Lieblingsreiseziel, nannten die meisten Deutschen ihr eigenes Land. Im Jahr 2024 erreichte Deutschland mit 496,1 Millionen Übernachtungen einen neuen Höchststand. Der Trend setzte sich im ersten Quartal 2025 fort.

Schätzungen zufolge gibt es in der EU mehr als 636.000 touristische Unterkunftsbetriebe mit 29,5 Millionen Betten. Mehr als ein Drittel dieser Betten befinden sich in Italien und Frankreich, während mehr als die Hälfte der Betriebe in Kroatien und Italien angesiedelt sind.

Im ersten Quartal 2025 meldete Eurostat 452,4 Millionen Übernachtungen in touristischen Unterkünften in der EU. Während beispielsweise Lettland und Malta einen Anstieg der Übernachtungsgäste um 18,5 bzw. 17,2 Prozent verzeichneten, meldete Irland einen Rückgang von 23,1 Prozent, was einen bereits im Vorjahr beobachteten Trend bestätigte.

Übernachtungen in EU-Ländern von ausländischen Gästen. Quelle: Eurostat

Das Land verzeichnet seit September 2024 einen Abwärtstrend bei den Tourismuszahlen, so das Zentrale Statistikamt Irlands (CSO). Tourism Ireland kommentierte den Rückgang im Februar mit den Worten: „Einflussfaktoren sind die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Luftverkehrsanbindung in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld.“

Probleme entstehen auch, wenn Touristinnen und Touristen ihr Ziel nicht erreichen können: Slowenien, wo der Tourismus derzeit 5 Prozent des BIP ausmacht, begann mit einer Reihe neuer Investitionen, teils mit europäischen Mitteln. Expertinnen und Experten glauben jedoch, dass dies nicht ausreicht. Besonders vermisst werden Investitionen großer internationaler strategischer Tourismusunternehmen.

Ein Hauptproblem ist die schlechte internationale Anbindung des Landes. Nach dem Zusammenbruch der nationalen Fluggesellschaft Adria Airways im Jahr 2019 hat sich die internationale Anbindung des Flughafens Ljubljana erheblich verschlechtert.

Rumänien gehört zu den Ländern, die noch nicht in dem Maße bei ausländischen Touristinnen und Touristen bekannt sind, wie es sich das Land wünschen würde. Es belegte im ersten Quartal 2025 den vorletzten Platz bei den Übernachtungen ausländischer Gäste mit einer Rate von 20,1 Prozent. Nur Polen stand schlechter da. 

Daten eines auf Urlaube in Rumänien spezialisierten Reiseveranstalters von Juli zufolge zeigten einen leichten Anstieg der Umsätze während der Sommersaison bei einem gleichzeitigen Rückgang an der Zahl der Reisenden. Dieser scheinbar widersprüchliche Trend spiegelt einen sich wandelnden Markt wider: Reisende werden wählerischer und bevorzugen Urlaubspakete, die Komfort, eine Vielzahl von Annehmlichkeiten, Erlebnissen und vollständig personalisierten Dienstleistungen bieten.

Einige Länder haben es noch nicht geschafft, die pandemiebedingte Lücke zu schließen: In Bulgarien wird erwartet, dass der Tourismus im ersten Halbjahr 2025 um 5 bis 7 Prozent wächst, sagte Tourismusminister Miroslav Borshosh. Dennoch bleiben die Zahlen unter dem Niveau vor der Pandemie. Bulgarische Tourismusexpertinnen und -experten erwarten jedoch einen Aufschwung, sobald das Land 2026 der Eurozone beitritt.

EU-Initiativen und Förderungen für den Tourismus

Brüssel unterstützt den Tourismus sowohl mit politischen Maßnahmen als auch mit einer Reihe gezielter Förderprogramme. Die Tourismuspolitik der EU wird durch den Bericht „Transition Pathway for Tourism“ (2022) angeleitet. Der Bericht identifiziert 27 Maßnahmenbereiche für den grünen und digitalen Wandel sowie zur Verbesserung der Resilienz des EU-Tourismus – von der Beseitigung regulatorischer Hürden bis hin zur Erfüllung der Anforderungen an nachhaltigen Tourismus.

Der Deutsche Tourismusverband warnte bereits 2023, dass die Branche nur dann weiter wachsen könne, wenn sie „grüner, digitaler und krisenfester“ werde.

Die „Europäische Agenda für Tourismus 2030“, die im Dezember 2022 verabschiedet wurde und auf dem Bericht basiert, konzentriert sich auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Resilienz und Kompetenzen.

Im Juni startete die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation zu ihrer bevorstehenden Strategie für nachhaltigen Tourismus. „Sie bedeutet weniger Überfüllung, umweltfreundlichere Optionen, bessere digitale Dienstleistungen und reibungslose grenzüberschreitende Reisen. Das wird auch den Mitgliedstaaten dabei helfen, die Koordination zu verbessern, den Zugang zu Unterstützungsmaßnahmen zu erleichtern und die Resilienz des Sektors angesichts neuer Herausforderungen wie den Auswirkungen des Klimawandels und geopolitischer Spannungen zu stärken“, hieß es in einer Erklärung der Kommission.

Die EU finanziert eine Reihe von Programmen, die den Tourismus direkt und indirekt sowie länderspezifisch fördern. Hier einige Beispiele:

  • Erasmus+: Projekte unterstützen die Ausbildung junger Menschen im Tourismus.
  • Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE): Finanziert nachhaltige Tourismusinfrastruktur, insbesondere in weniger entwickelten Regionen.
  • Kohäsionsfonds: Kommt dem Tourismus indirekt durch Investitionen in Verkehrs- und Umweltinfrastruktur zugute.
  • Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+): Finanziert Schulungen und Weiterbildungen für Beschäftigte im Tourismus.
  • Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER): Unterstützt Projekte im Bereich ländlicher Tourismus.
  • Interreg: Finanziert grenzüberschreitende und interregionale Tourismusprojekte.

Anreise und Rückkehr: Schengen und Visa

Das Schengen-Abkommen war einer der größten Meilensteine für den Tourismus in der EU: Die Reiseerleichterungen durch die Schengen-Regelungen haben das Leben europäischer Touristinnen und Touristen erheblich erleichtert und den Tourismus im Block angekurbelt. Der Schengen-Raum umfasst 29 Länder (25 EU, 4 Nicht-EU). Mehr als 450 Millionen Menschen können ohne Grenzkontrollen reisen.

Änderungen in den Visa-Regelungen können ebenfalls Gäste anlocken: Eine Entscheidung der Kommission vom Juli, Regeln für türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger bei der Beantragung von Schengen-Visa zu lockern, wurde von der Tourismusbranche in der Türkei und im benachbarten Bulgarien lautstark begrüßt. Sowohl bulgarische als auch türkische Vertreterinnen und Vertreter des Tourismussektors sind der Meinung, dass die alten Visaregeln ein Hindernis für die Steigerung der Touristenzahlen in Bulgarien waren. 

Menschen demonstrieren am 15. Juni 2025 auf Mallorca gegen den Massentourismus. Foto: Clara Margais, dpa

Overtourism als Problem

Zu viele Besucherinnen und Besucher in beliebten Reisezielen wie Barcelona, Venedig, Amsterdam und Dubrovnik führen zu Staus, Umweltzerstörung und sozialen Spannungen. Die Auswirkungen bedeuten eine überlastete Infrastruktur, steigende Lebenshaltungskosten, die Verdrängung von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Schäden an Kulturerbestätten.

Bewohnerinnen und Bewohner von Hotspots berichten von sinkender Lebensqualität und fordern, die Besucherzahlen, insbesondere in der Hochsaison, zu reduzieren. Es kommt immer wieder zu Protesten und manchmal sogar zu Angriffen auf Touristinnen und Touristen, wie etwa diesen Sommer in Spanien.

In den vergangenen Monaten gab es in spanischen Städten wie Barcelona und Palma de Mallorca Proteste von Anwohnerinnen und Anwohnern. Der Zustrom von Touristinnen und Touristen treibt die Preise für Wohnungen und Dienstleistungen in die Höhe und belastet die lokalen Gemeinschaften zunehmend.

Als Reaktion auf diese Herausforderungen begannen die Behörden in Regionen wie Katalonien, Andalusien, den Balearen und den Kanarischen Inseln, Maßnahmen einzuführen, um die negativen Auswirkungen des Massentourismus zu mildern. Dazu gehören die Einführung von Tourismussteuern, strengere Vorschriften für kurzfristige Ferienvermietungen und Beschränkungen für das Anlegen von Kreuzfahrtschiffen.

In den Niederlanden sind die historischen Windmühlen und die Giebelhäuser in der Region Zaanse Schans ein Muss für jeden Besucher. Doch das Dorf in der Nähe von Amsterdam ist laut lokalen Behörden zu einem „nationalen Symbol für Overtourism“ geworden. Ab dem nächsten Jahr soll eine umstrittene Eintrittsgebühr erhoben werden.

In Griechenland seien beliebte Stadtteile wie Plaka in Athen überlaufen – das sei ein großes Problem, sagte Bürgermeister Haris Doukas. Restaurants nähmen öffentlichen Raum ein, und Verbote für Hotels würden umgangen, indem Gebäude in kurzfristige Ferienwohnungen umgewandelt werden, erklärte der Anwalt Dimitris Melissas. Die konservative Regierung hat daher neue Registrierungen von Wohnungen auf Plattformen für Ferienwohnungen für mindestens ein Jahr im Zentrum von Athen verboten. Dort gab es 2024 mehr als 12.000 saisonale Vermietungen, was die Mietpreise in die Höhe trieb.

Griechenland erhebt auch seit Juli eine Steuer auf Kreuzfahrtschiffe, die auf den Inseln anlegen, um die Zahl der Touristinnen und Touristen zu begrenzen.

Die Quadratur des Kreises: Lösungsansätze für Overtourism

Regionen verfolgen unterschiedliche Ansätze, um Overtourism zu bekämpfen, ohne dabei den Goldesel zu schlachten, der so viel Tourismus-Profit bringt. Beispiele hierfür sind:

  • Investitionen in Infrastruktur: Einnahmen aus Tourismussteuern werden in öffentliche Dienstleistungen und Resilienz reinvestiert – wie etwa in Island, wo Abgaben direkt in den Umweltschutz fließen.
  • Strategische Planung: Die kroatische Stadt Dubrovnik arbeitet mit der Kreuzfahrtlinien-Vereinigung zusammen, um die Liegezeiten der Schiffe zu koordinieren.
  • Einbindung der Anwohnerinnen und Anwohner: Die Beteiligung der Gemeinschaft an der Tourismusplanung – wie es beispielsweise in Flandern mit dem „Travel to Tomorrow“-Projekt praktiziert wird.
  • Diversifizierung: Förderung von Nebensaison- und alternativen Tourismusangeboten – wie in österreichischen Skigebieten, die mit Wanderurlauben locken.
  • Regulatorische Instrumente: Tourismussteuern, Besucherobergrenzen – wie etwa die Zugangsgebühr für Besucherinnen und Besucher in Venedig.

Allerdings sind nicht alle Maßnahmen gleichermaßen effektiv. Das WTTC argumentiert in einem im Juli veröffentlichten Bericht, dass Tourismussteuern die Besucherzahlen nicht reduzieren und die Einnahmen selten in das Tourismusmanagement reinvestiert werden.

Die Branchenorganisation warnt außerdem, dass die Einschränkung des Tourismus in europäischen Städten zu hohen Einkommens- und Arbeitsplatzverlusten führen könnte.

Dieser Artikel ist eine Key Story des enr. Der Inhalt basiert auf der Berichterstattung der teilnehmenden Nachrichtenagenturen.