Podgorica (APA) – „Wenn alles gut geht“, wird Montenegro 2028 der 28. EU-Mitgliedstaat: Dann würde sich der Slogan der montenegrinischen Regierung „28 by 28“ erfüllen, sagte Johann Sattler, derzeit EU-Botschafter in Montenegro, am Dienstag in Podgorica im Gespräch mit europäischen Journalistinnen und Journalisten. Für den Österreicher ist ein EU-Beitritt 2028 „ambitioniert, aber nicht unmachbar“. Wichtig sei dabei politische Stabilität.
Unter den Westbalkanländern wird Montenegro als am weitesten im EU-Beitrittsprozess gesehen, die Beitrittsverhandlungen laufen seit 2012. Sie finden im Rahmen von Regierungskonferenzen mit Vertretern der EU und der Bewerberländer statt. 23 Tagungen fanden bisher statt; 33 Kapitel für Verhandlungen wurden dabei eröffnet, von denen sieben Kapitel bereits vorläufig abgeschlossen sind.
Probleme beim Kampf gegen Korruption
„Bei Rückschritten können Kapitel wieder geöffnet werden“, warnt Sattler aber. Probleme sieht er vor allem beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität. Auch die EU-Kommission fordert in ihren jährlichen Berichten zum Stand der Rechtsstaatlichkeit in der EU hier seit Jahren Reformen ein. Fortschritte werden aber bescheinigt: Sattler betont, es gebe nun bessere Spitzenkräfte in der Justiz sowie Verfahren gegen Beamte wegen Korruption.
Der Österreicher Sattler bezeichnet sich selbst als „Balkans Aficionado“. Er leitet seit zwei Jahren die EU-Botschaft in Podgorica, davor jene in Sarajevo. Für ihn ist das 600.000-Einwohner-Land ein „kleines Juwel am Mittelmeer“. Wirkliche Fortschritte Richtung EU habe Montenegro in den letzten beiden Jahren gemacht, betont er. Die seit 2023 amtierende Regierung beschleunige den Beitrittsprozess. Ein großer Teil des montenegrinischen Rechtsbestands sei bereits an EU-Recht angeglichen; montenegrinische Soldaten würden an EU-Missionen teilnehmen.
Skepsis in Österreich sehr hoch
Österreich ist einer der stärksten Fürsprecher einer raschen EU-Aufnahme der Westbalkan-Länder. Auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hatte in einem Interview mit dem Fachmagazin „Cercle Diplomatique“ Anfang September neuen Schwung in der Frage gefordert. Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sei diese zu einer geopolitischen Notwendigkeit geworden, sagte die NEOS-Politikern. Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien seien „die fehlenden Mosaiksteine Europas“, so das Argument. „Ohne sie ist die EU nicht komplett.“
Die Bevölkerung ist jedoch skeptischer als die Regierung: Die Mehrheit der Österreicher lehnt laut der neuesten Eurobarometer-Umfrage die Aufnahme weiterer Länder in die Europäische Union ab. Demnach sind 56 Prozent der EU-Bürger für weitere EU-Erweiterungen, aber nur 45 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher. Das kleine Kandidatenland Montenegro erreicht mit 40 Prozent noch die höchste Zustimmungsrate unter den Westbalkan-Kandidaten in Österreich. Auch Sattler spricht dies an: Er sieht hier noch viel Überzeugungsarbeit nötig, vergleicht aber mit Umfragen vor 20 Jahren vor der damaligen großen EU-Erweiterungsrunde. Auch damals seien seine Landsleute sehr skeptisch gewesen, mittlerweile zeigten sich aber die Vorteile. (23.09.2025)
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