Brüssel – Die Kriege in Nahost und der Ukraine werden auch das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel dominieren. Für Diskussionen sorgte bereits im Vorfeld die in Entwürfen der Gipfelerklärung geforderte „humanitäre Feuerpause“ in Nahost. Laut Diplomaten könnte die Formulierung zu einem „Fenster“ oder mehreren „Pausen“ geändert werden. Österreich wollte sich der Forderung nach einer „Feuerpause“ bisher nicht direkt anschließen.
Für Österreich nimmt Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) teil. Nehammer hat bei seinem Besuch in Tel Aviv am Mittwoch erneut das Selbstverteidigungsrecht Israels betont. Österreich zählt zu jenen Ländern in der EU, die den derzeitigen Gegenschlag der israelischen Armee auf die Hamas grundsätzlich als legitime Selbstverteidigung ansehen. Auf der anderen Seite gibt es Länder wie Spanien, Irland und Belgien, die Israels Vorgehen im Gazastreifen kritisch sehen und angesichts der vielen zivilen Opfer eine humanitäre Feuerpause fordern.
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte diese gefordert. EU-Ratspräsident Charles Michel rief in seinem Einladungsschreiben die Staats- und Regierungschefs zu einer „scharfen Verurteilung der brutalen Terroranschläge“ auf und dazu, das Recht Israels auf Selbstverteidigung nach Völkerrecht anzuerkennen. Von der umstrittenen Forderung einer „Feuerpause“ ist im Schreiben vom Mittwoch keine Rede.
Zur von der EU-Kommission vorgeschlagenen und von einigen Ländern – darunter Österreich – kritisierten Aufstockung des mehrjährigen EU-Budgets (Finanzrahmen) ist eine Positionierung geplant. Nicht vergessen werden soll auch auf die Ukraine. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird zu dem Gipfel zugeschaltet sein. Für Diskussionen wird auch die Asyl- und Migrationspolitik sorgen. Nachdem ursprünglich kein Passus dazu in der Gipfelerklärung enthalten sein sollte, könnte sich dies laut Diplomaten noch ändern. (25.10.2023)
Bulgariens Innenminister kritisiert Österreich wegen Schengen-Nein
Wien/Sofia – Irreguläre Migration und die Polizeizusammenarbeit sind im Mittelpunkt des Gesprächs zwischen Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und seinem bulgarischen Amtskollegen Kalin Stojanow in Wien gestanden, berichtet die Nachrichtenagentur BTA unter Berufung auf das Innenministerium in Sofia am Mittwoch. „Meine Delegation und ich haben am Dienstag und Mittwoch kein einziges sinnvolles Argument gehört, warum Bulgarien nicht in Schengen aufgenommen werden sollte“, sagte Stojanow danach.
Stoyanov habe die aktuelle Migrationssituation vorgestellt und betont, dass dank der Reorganisation der Grenzpolizei und der guten Zusammenarbeit mit der Türkei die Zahl der an der bulgarisch-türkischen Grenze aufgegriffenen irregulären Migranten um mehr als das Doppelte zurückgegangen sei, so die BTA weiter. In Bezug auf die Maßnahmen, die Bulgarien im Kampf gegen die Schleusung von Migranten ergriffen habe, habe Stoyanov darauf hingewiesen, dass sein Land erhebliche personelle, technische und finanzielle Ressourcen für den Schutz der Migranten bereitgestellt habe.
„Wir haben eine sehr hohe Bewertung der Aktivitäten des Innenministeriums und insbesondere der Grenzpolizei für die bisher erzielten Ergebnisse erhalten. Wir arbeiten weiterhin aktiv daran, die Position Österreichs in Bezug auf die Schengen-Mitgliedschaft Bulgariens zu ändern“, sagte Stoyanow nach dem Treffen, zitiert vom Pressezentrum seines Ministeriums. Er wies darauf hin, dass die Gründe für das bisherige „Nein“ Österreichs nicht in der Tätigkeit der bulgarischen Dienste liegen, sondern im schlechten Funktionieren des derzeitigen Schengen-Raums.
„Die österreichischen Behörden stützen ihre Behauptung, dass der Schengen-Raum im Allgemeinen nicht funktioniert, mit der Tatsache, dass viele Länder innerhalb der Europäischen Union die Kontrollen an ihren Grenzen verschärfen. Aber hier sollte klargestellt werden, dass alle Länder, die die Kontrollen verschärfen, nach wie vor der Meinung sind, dass wir Teil des Schengen-Raums sein sollten“, betonte Stojanow, der Karner offiziell einlud, sich selbst ein Bild davon zu machen, was das Land bei der Sicherung der EU-Außengrenze erreicht habe. (25.10.2023)
EU-Studie: Schwarze leiden unter Rassismus – Besonders in Österreich
Wien/EU-weit/Brüssel – In einer Studie zu Rassismus gegen Schwarze in gut einem Dutzend EU-Staaten haben Deutschland und Österreich am schlechtesten abgeschnitten. Demnach gaben 76 bzw. 72 Prozent der Befragten an, in den vergangenen fünf Jahren wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion benachteiligt worden zu sein, wie die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) in Wien am Mittwoch mitteilte.
Das sind die höchsten Anteile unter den 13 EU-Ländern, in denen Menschen mit afrikanischen Wurzeln zu Rassismus und Diskriminierung befragt wurden. Im Durchschnitt aller 13 Länder hatten 45 Prozent der Befragten von Diskriminierungserfahrungen berichtet, die geringsten Werte wiesen Polen (20 Prozent), Schweden (25 Prozent) und Portugal (26 Prozent) auf.
Laut dem FRA-Bericht ist das Problem deutlich größer geworden. Denn in einer vorigen Studie aus dem Jahr 2016 war der durchschnittliche Anteil noch bei 39 Prozent gelegen. In Österreich gaben damals 51 Prozent der Befragten an, wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert worden zu sein, was um 21 Prozentpunkte weniger ist als im Jahr 2022.
FRA-Direktor Michael O’Flaherty bezeichnete den Trend als „schockierend“. Es müsse sichergestellt werden, „dass auch Menschen afrikanischer Herkunft ihre Rechte wahrnehmen können – ohne Rassismus und Diskriminierung“, sagte er. Die FRA forderte EU-Staaten unter anderem auf, genauere Daten zu rassistischen Vorfällen zu sammeln und rassistisch motivierte Straftaten härter zu bestrafen.
An der Spitze liegt Österreich, was mögliche Polizeidiskriminierung betrifft. So gaben 53 Prozent der befragten Männer und 24 Prozent der befragten Frauen an, in den fünf Jahren vor der Umfrage von der Polizei angehalten worden zu sein – beides absolute Spitzenwerte. Im Durchschnitt aller Länder hatten 38 Prozent der Männer und 13 Prozent der Frauen von Anhaltungen berichtet. Allerdings gaben 23 Prozent der Befragten an, von der Polizei „sehr respektvoll“ behandelt worden zu sein, was dem Durchschnitt betrifft. Lediglich sechs Prozent berichteten von einer „sehr respektlosen“ Behandlung.
Nirgends fühlen sich Schwarze so stark bei der Arbeitssuche diskriminiert wie in Österreich. 59 Prozent berichteten davon, während es im Durchschnitt der 13 Länder 34 Prozent waren. 49 Prozent gaben an, im Wohnbereich diskriminiert worden zu sein (EU-13: 31 Prozent), 45 Prozent bei der Arbeit (EU-13: 31 Prozent), 42 Prozent im Bildungsbereich (EU-13: 18 Prozent) und 36 Prozent im Gesundheitsbereich (EU-13: 11 Prozent).
Bei rassistisch motivierten Übergriffen liegt Österreich laut der Umfrage im vorderen Feld. 46 Prozent der Befragten erlebten Belästigungen. Den höchsten Wert verbuchte auch hier Deutschland mit 54 Prozent. Sechs Prozent der Befragten in Österreich berichteten von persönlichen Gewalterfahrungen, was ebenfalls überdurchschnittlich ist. Den höchsten Wert zeigte in dieser Kategorie Finnland mit elf Prozent. In österreichischen Schulen sind der Umfrage zufolge 37 Prozent der schwarzen Schülerinnen und Schüler mit rassistischen Beleidigungen oder Drohungen konfrontiert. Dieser Wert wird nur von Irland, Finnland und Deutschland knapp übertroffen, während der Durchschnitt bei 23 Prozent liegt. (25.10.2023)
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