Die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung (CULT) im Europäischen Parlament, Nela Riehl, fordert, dass Unternehmen, die Social-Media-Plattformen anbieten und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, in der Regulierung stärker zur Verantwortung gezogen werden. Dies gelte besonders dann, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche vor einer verzerrten Wahrnehmung der Realität zu schützen: „Wir müssen die Verantwortung von den Eltern auf die Unternehmen verlagern“, sagte Riehl im Interview des European Newsroom (enr) in Brüssel.
Riehl, die aus Deutschland stammt, ist Mitglied der Volt-Partei und gehört der Fraktion der Grünen/EFA im Europäischen Parlament an. Sie berichtete von einem Beispiel, das sie auf Instagram gesehen und ihren sechs- und achtjährigen Kindern gezeigt hat. In diesem Beitrag war es nicht mehr möglich, zwischen einem echten Video, in dem eine Person ein Croissant isst, und einem Video derselben Szene, das vollständig mit Künstlicher Intelligenz erstellt wurde, zu unterscheiden.
„Kinder werden allein gelassen“
Riehl sagte, sie wünschte, alle Familien könnten über solche Beispiele sprechen. „Aber natürlich weiß ich, dass es im Alltag (…) schwierig ist und Kinder mit genau solchen Dingen allein gelassen werden.“
Die Vorsitzende des CULT-Ausschusses räumte ein, dass Regeln und Gesetze nicht immer mit der technologischen Entwicklung Schritt hält: „KI ist so schnell, oder? Und wir haben immer das Gefühl: ‚Oh, wir hängen hinterher.‘ Aber das ist keine Entschuldigung, nichts zu unternehmen.“
Stattdessen sollte aus Riehls Sicht der Fokus darauf liegen, die bestehenden Gesetze und Vorschriften der EU auch tatsächlich anzuwenden. Sie verwies zum Beispiel auf den Digital Services Act der EU, der seit November 2022 in Kraft ist und spezifische Anforderungen an Plattformen und Suchmaschinenbetreiber festlegt, wie sie ihre Produkte innerhalb der Europäischen Union anbieten dürfen.
Unterstützung für europäische Social-Media-Plattformen
„Wir müssen sicherstellen, dass wir diese Gesetze tatsächlich umsetzen“, sagte Riehl. „Das ist es, woran wir im Moment scheitern. Wir werden von den USA, aber auch von China herausgefordert.“ Um die Bürgerinnen und Bürger in Europa zu schützen, sollte immer wieder betont werden: „Okay, wir haben diese Gesetze, und wenn ihr auf unseren Markt kommen wollt (…), müsst ihr euch an unsere Regeln halten.“
Riehl sprach sich außerdem dafür aus, Alternativen zu den derzeitigen großen Anbietern stärker zu fördern: „Wir könnten zum Beispiel darüber nachdenken, europäische Social-Media-Plattformen zu unterstützen. Wir können auch selbst ein Markt für Innovationen sein (…), was im Moment nicht genug passiert.“

Bei Einführung eines Mindestalters für die Nutzung von sozialen Medien zeigte sich Riehl grundsätzlich offen: „Ich bin nicht gegen diese Ideen, aber ich habe viele Fragen“ – denn letztlich müssten entweder die Eltern die Einhaltung der Altersbeschränkungen überwachen, oder die Anbieter müssten Mittel zur Überprüfung einsetzen, die mit wichtigen Datenschutzanforderungen kollidieren könnten.
Aus Riehls Sicht wäre es keine Lösung, Kinder völlig ohne Social-Media-Erfahrungen aufwachsen zu lassen und sie dann mit 16 oder 18 Jahren plötzlich mit dem vollen Angebot zu konfrontieren – denn dann könnten sie alles, was sie dort sehen, für bare Münze nehmen. Das Entscheidende sei die Vermittlung von Medienkompetenz: „Ich glaube nicht, dass es all unsere Probleme lösen würde, einfach nur ein bestimmtes Mindestalter festzulegen und sonst nichts zu tun.“
Gleichzeitig plädierte Riehl dafür, sich in der Debatte um die Regulierung von sozialen Medien und KI nicht ausschließlich auf die Gefahren zu konzentrieren: „Soziale Medien sind auch ein wirklich großartiges Werkzeug, um Menschen zu verbinden. Das sollten wir nie vergessen. Es ist nicht nur eine Bedrohung und nicht nur etwas Böses.“ Künstliche Intelligenz könne ebenfalls „ein großartiges Werkzeug für Künstler und Kreative“ sein, deren Kreativität nicht unnötig eingeschränkt werden sollte, sagte Riehl.
Dieser Artikel ist eine enr Key Story. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der am enr teilnehmenden Agenturen.
