Brüssel – Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat seine Forderungen nach einer EU-Finanzierung des Grenzschutzes an der EU-Außengrenzen erneuert. Es müssten „Geldmittel zur Verfügung gestellt werden. Ob dann die einen dazu Zaun sagen, die anderen technische Infrastruktur – entscheidend ist, dass Bulgarien geholfen wird“, so Nehammer vor dem EU-Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel. Dabei gehe es um die Verstärkung des Zauns an der bulgarisch-türkischen Grenze sowie um dessen Überwachung.
„Jeder Zaun ist so gut, wie er überwacht wird“, betonte Nehammer. Österreich werde sich dafür einsetzen. Das „Phänomen von irregulärer Migration ist im vollen Umfang wieder zurück und es braucht Maßnahmen dagegen, die auch tatsächlich wirken“, sagte der Kanzler. „Wir müssen in der ganz Europäischen Union die Asylbremse anziehen und jetzt ist er Moment gekommen.“
Vom EU-Gipfel erwartet sich Nehammer „konkrete Beschlüsse“. Wichtig sei, „dass wir tatsächlich substanziell sprechen, dass wir ehrlich zueinander sind, das Problem auch tatsächlich so benennen, wie es sich darstellt und dann Maßnahmen daraus ableiten“, ergänzte ÖVP-Politiker. Der Fokus sollte auf den EU-Außengrenzländern liegen, ihnen müsste signalisiert werden „sie, werden nicht alleingelassen, damit wir nicht allein gelassen werden, wenn wir dann die Sekundärmigration erleben“.
Nehammer hatte im Vorfeld des Gipfels mehrmals die Finanzierung von Grenzzäunen mit EU-Geldern gefordert. Unterstützung erhielt er dabei von Dänemark und Griechenland, während sich Deutschland dagegen aussprach. Auch die EU-Kommission erteilte der Forderung Nehammers eine Absage und betonte, für Grenzmaßnahmen wie Überwachungskameras oder Personal sehr wohl Geld zur Verfügung zu stellen. (9.2.2023)
Uneinigkeit zu Forderung nach EU-finanzierten Zäunen
Brüssel – Uneinig haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs zur Forderung nach EU-finanzierten Grenzzäunen gezeigt. „Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde, mit den europäischen Sternen drauf“, sagte der luxemburgische Premier Xavier Bettel. Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sagte hingegen, er sei „absolut“ für EU-finanzierte Zäune. „Es ist nicht logisch, dass die EU Technologie, Drohnen und Überwachung zahlt, aber nicht die Zäune selbst.“
Bettel wandte ein, eine Mauer habe noch nie eine Lösung gebracht. Auch die Mauer zwischen Mexiko und Amerika habe „nichts gebracht“. Außerdem wäre eine Mauer nur immer ein Teil einer Befestigung. „Wo geht es weiter?“ Er hätte lieber das Geld für Entwicklungshilfe und andere Programme. Eine Mauer wäre „ein schlechtes Zeichen“.
Mitsotakis betonte, die Rückführungspolitik der Europäischen Union sei gescheitert, es brauche eine bessere europäische Koordination und einen effizienteren Grenzschutz. Dies sei nicht nur eine Frage der Sekundärmigration, sondern auch der Zahl der Ankünfte.
„Zäune sollten im Finanzierungspaket enthalten sein“, forderte der griechische Premierminister. „Auf jeden Fall baue Griechenland seinen einen Zaun – mit oder ohne europäischen Geld.“
Italiens Regierungschefin Georgia Meloni sagte auf die Frage nach Nehammers Forderung von zwei Milliarden Euro für den bulgarisch-türkischen Grenzzaun. „Man braucht verschiedene Instrumente je nach den unterschiedlichen Grenzen.“ Sie setze sich für die südliche Grenze ein. „Europa muss seine Außengrenzen kontrollieren.“ Sie stimme allem zu, was dabei helfe, die illegale Migration zu kontrollieren.
Litauens Präsident Gitanas Nauseda forderte: „Wir brauchen nicht nur materielle Zäune sondern auch einen rechtlichen Rahmen.“ Dieser Rechtsrahmen müsse der EU helfen, auch gegen die Instrumentalisierung von illegaler Migration vorzugehen. Litauen habe unter dem Zustrom illegaler Migranten aus Belarus (Weißrussland) gelitten, habe aber mittlerweile einen rund 480 Kilometer langen Zaun selbst gebaut, „wir haben das gut hinbekommen“. Es brauche auch mehr „strategische Kommunikation“ in Drittstaaten, um potenzielle Migranten von der Reise in die EU abzuhalten.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich zur Frage nach Grenzzäunen zurückhaltend. Es gäbe in der Gipfelerklärung eine gute gemeinsame Formulierung, sagte er. Darin ist von der Mobilisierung von EU-Fonds zur Verstärkung von Kapazitäten für die Grenzkontrolle und Infrastruktur sowie zur Überwachung die Rede, nicht aber von Zäunen. (9.2.2023)
Erdbeben in Türkei und Syrien – Bundesheer entsendet Hilfeeinheit
Wien – Nach den verheerenden Erdbeben läuft auch die Hilfe aus Österreich an: Am Dienstag sollten 85 Soldatinnen und Soldaten der „Austrian Forces Disaster Relief Unit“ (AFDRU) in die Türkei abreisen, um dort Verschüttete zu retten. Nach bereits erfolgter Freigabe durch die EU wird sich das Erkundungsteam von Linz-Hörsching auf den Weg machen, am Vormittag am Flughafen Wien-Schwechat weiteres Equipment verladen und am Nachmittag werden die verbliebenen Kräfte abfliegen.
„Die rasche Einsatzfähigkeit unserer Soldatinnen und Soldaten zeigt, wie wichtig es ist, für die Bewältigung extremer Situationen Experten mit dem erforderlichen Know-how und das nötige Material dafür bereitzuhalten“, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Die Folgen in der Türkei und in Syrien seien verheerend und nach wie vor viele Menschen unter den Trümmern begraben. „Für uns ist es wichtig, dort zu helfen, wo helfende Hände ganz dringend benötigt werden.“ Das Bundesheer würde daher gemeinsam mit freiwilligen Helfern und mit den örtlichen Rettungsorganisationen bei der Suche nach Verschütteten helfen. „Ich wünsche allen Soldatinnen, Soldaten und Zivilbediensteten für diesen herausfordernden Einsatz viel Kraft. Kommen Sie gesund wieder nach Hause!“
Der Katastrophenhilfeeinsatz ist nach derzeitigen Planungen für etwa zehn Tage anberaumt. Das AFDRU-Katastrophenhilfeelement ist so strukturiert, dass drei Rette- und Bergegruppen an zwei getrennten Suchorten zum Einsatz kommen können. Sanitäts-, Logistik- und Hygieneexperten des Bundesheeres unterstützen die Retter bei ihrem Einsatz.
Die „Austrian Forces Disaster Relief Unit“ ist das Katastrophenhilfeelement für „Urban Search and Rescue“ (USAR) des Österreichischen Bundesheeres. AFDRU wurde, aufgrund der bei internationalen Katastrophenhilfeeinsätzen im In- und Ausland gesammelten Erfahrungen, 1990 aus der Taufe gehoben und war seit 1997 bereits an vielen Einsätzen direkt und indirekt beteiligt, so das Verteidigungsministerium. Das Kontingent besteht aus einem Führungs-, einem Versorgungs- und einem Einsatzelement.
Aufgestellt wird AFDRU erst im Anlassfall aus Freiwilligen des Aktiv- und Milizstandes und wird bei Bedarf durch zivile Spezialisten, wie zum Beispiel Rettungshundeführer, ergänzt. Die Verantwortung für die Aufstellung und Formierung von AFDRU liegt beim Kommando der ABC-Abwehrschule in Korneuburg. (7.2.2023)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl der APA-Europaberichterstattung. Die redaktionelle Verantwortung für die Veröffentlichung liegt bei der APA. Sie wird montags und donnerstags veröffentlicht.
