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Am 15. September beschloss die Europäische Kommission, das Einfuhrverbot für ukrainisches Getreide – insbesondere Weizen, Mais, Sonnenblumen und Raps –, das für die EU-Nachbarn Polen, Ungarn, Slowakei, Rumänien und Bulgarien galt, nicht zu verlängern.

Einen Tag später entschieden Polen, Ungarn und die Slowakei eigenhändig, selbst Einfuhrverbote für ukrainisches Getreide und andere Waren zu verhängen. Ihre Begründung: Ihre Landwirte müssten vor der Konkurrenz durch die erheblich gestiegenen ukrainischen Importe geschützt werden.

Sowohl die Ukraine als auch die Europäische Kommission haben die drei Staaten aufgefordert, von der einseitigen Ausweitung des Embargos Abstand zu nehmen. Die Kommission prüfe die Maßnahmen der drei EU-Staaten, so eine Sprecherin.

Kiew hat inzwischen bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Beschwerde gegen die drei Länder eingereicht. Der polnische EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sagte, er sei „ziemlich überrascht, dass die Ukraine diesen Weg gewählt hat“, da die Exportmengen in den letzten Monaten trotz der Beschränkungen stark angestiegen seien.

„Für uns ist es prinzipiell wichtig zu beweisen, dass einzelne Mitgliedsstaaten kein Importverbot für ukrainische Waren verhängen können“, ließ Julia Swyrydenko, erste stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin der Ukraine, verlauten. In einer Rede vor der UN-Vollversammlung sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij, das „politische Theater“ um Getreideeinfuhren würde Moskau nur helfen.

Teilzeitsolidarität“ gehe nicht, am Binnenmarkt solle Einheit herrschen

Am Montag trafen sich die Agrarminister der EU zu einer Tagung des Rates für Landwirtschaft und Fischerei. Einige zeigten sich bestürzt über die eigenmächtigen Verbote von Warschau, Bratislava und Budapest, während andere ihre Entscheidungen nachvollziehen konnten.

„Ich halte es nicht nur für einen Fehler, sondern auch für einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht und offensichtlich auch gegen die Grundsätze des Binnenmarktes, wenn ein Mitgliedstaat einseitige restriktive Maßnahmen ergreift“, erklärte der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas, der den Vorsitz der Sitzung führte. Er wies darauf hin, dass die EU-27 die Notwendigkeit der Wahrung der Einigkeit zur Verteidigung der Ukraine in Bezug auf „einseitige“ Verbote von Getreideeinfuhren verteidigt und dazu aufgerufen haben, Maßnahmen „im Konsens aller“ zu ergreifen.

Die slowenische Landwirtschaftsministerin Irena Šinko äußerte sich ebenfalls besorgt über die einseitigen Maßnahmen und betonte die Bedeutung eines einheitlichen EU-Ansatzes. Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir kritisierte den Schritt der Regierungen in Warschau, Budapest und Bratislava als „Teilzeitsolidarität“ mit der Ukraine. „Ich sehe auch nicht, wie dies mit dem EU-Recht in Einklang gebracht werden kann“, fügte er hinzu und sagte, seine Informationen zeigten, dass der Markt mit ukrainischem Getreide gut zurechtkomme.

Sein österreichischer Amtskollege Norbert Totschnig forderte die EU auf, das Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten. Er betonte die Solidarität mit der Ukraine, zeigte aber auch Verständnis für die Nachbarstaaten. Die Infrastruktur solle ausgebaut werden, damit das ukrainische Getreide dorthin gelange, wo es am meisten gebraucht werde – zum Beispiel in Länder des Nahen Ostens und Afrikas, so Totschnig.

Die Exportschwierigkeiten der Ukraine haben weltweit Besorgnis über die Getreideversorgung ausgelöst. Die EU hat die so genannten „Solidarity Lanes“ gestärkt.Foto: Uncredited/AP/dpa

Sorge um die weltweite Getreideversorgung

Die Ukraine, ein bedeutender Getreideproduzent, hat aufgrund der russischen Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen Schwierigkeiten, die Lebensmittel zu exportieren, was weltweit Besorgnis über die Getreideversorgung ausgelöst hat. Dies führte dazu, dass die EU zu einem wichtigen Transitweg und Exportziel für ukrainisches Getreide wurde, das für Afrika und den Nahen Osten bestimmt ist. Mitte Juli kündigte Russland das Schwarzmeer-Getreideabkommen, das der Ukraine zuvor die Ausfuhr von Getreide über die Schwarzmeerhäfen erlaubt hatte, und verstärkte die Angriffe auf ukrainische Exportanlagen.

Die EU hat andere so genannte Solidaritätswege gestärkt, Routen über Land und entlang von Flüssen, über die nach der russischen Invasion über 44 Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine exportiert wurden.

Der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenković erklärte, man habe der ukrainischen Führung die klare Botschaft übermittelt, dass Kroatien ein Transitland sein möchte – und nicht ein Land, das mit billigem Getreide überschwemmt wird, was den örtlichen Landwirten Probleme bereiten könnte. Anfang dieses Monats bestätigten ukrainische Amtsträger, dass ukrainisches Getreide über die kroatischen Donau- und Adriahäfen versandt wird. „Obwohl es sich um eine Nischenhandelsroute handelt, erfreut sie sich bereits großer Beliebtheit“, sagte Julia Swyrydenko.

Maßnahmen, Proteste, Angst und Getreide

Die EU-Maßnahme zum vorübergehenden Einfuhrverbot wurde zunächst im April eingeführt und im Juni bis Mitte September verlängert. Angesichts des Preisverfalls auf den lokalen Märkten und verärgerter europäischer Landwirte wurde das Verbot als Reaktion auf die logistischen Engpässe und die Anhäufung von Weizen, die zu Marktverzerrungen in den fünf osteuropäischen Ländern geführt hatten, erlassen.

Nach Ansicht der Europäischen Kommission sind diese Verzerrungen nun „verschwunden“, so dass die zuvor eingeführten vorübergehenden Beschränkungen „nicht mehr notwendig“ sind. Die Entscheidung wurde getroffen, nachdem Kiew zugestimmt hatte, innerhalb von 30 Tagen Maßnahmen wie ein Exportlizenzsystem einzuführen, um „Getreideschübe zu vermeiden“, so die Kommission.

Der ukrainische Minister für Agrarpolitik und Ernährung, Mykola Solsky, sprach per Videokonferenz auf dem EU-Agrar-Treffen: „Wir glauben, dass dieser Aktionsplan alle Parteien zufrieden stellen wird. Und dass auch die drei Länder, die sich derzeit gegen ukrainische Agrarexporte wehren, sich dem Plan anschließen werden. Denn wir haben alle ein Ziel, nämlich den Sieg in diesem schrecklichen Krieg. Und zu diesem Zweck müssen wir uns gegenseitig verstehen und unterstützen.“

Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki. Die Wahlen in Polen sind für Mitte Oktober angesetzt. Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

Nachdem das EU-Verbot ausgelaufen war, kündigte Ungarn sofort an, seine Grenze für 24 ukrainische Produkte zu schließen, zuvor waren es vier.

Polens rechtspopulistische Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) folgte diesem Beispiel und verlängerte das Embargo auf ukrainisches Getreide. Das Thema ist vor den Wahlen im nächsten Monat besonders heikel, da die derzeitige Regierung in den Agrarregionen starken Rückhalt hat und es zu einem Streit zwischen Warschau und Kiew gekommen ist. „Ich warne die ukrainischen Behörden: Wenn der Konflikt eskaliert, werden wir das Einfuhrverbot für polnisches Hoheitsgebiet auf andere Produkte ausdehnen“, sagte der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki.

Er versicherte jedoch, dass Polen – ein wichtiger Verbündeter der Ukraine – seinem Nachbarn weiterhin helfen werde, aber „nicht um den Preis einer Destabilisierung des polnischen Marktes“. Nach anfänglicher Verwirrung über Äußerungen des Ministerpräsidenten zu Waffenlieferungen am Mittwoch erklärte ein Regierungssprecher am Donnerstag: „Im Zusammenhang mit Fragen zu Waffenlieferungen möchte ich Sie darüber informieren, dass Polen nur vorher vereinbarte Lieferungen von Munition und Rüstungsgütern ausführt. Einschließlich derjenigen, die sich aus unterzeichneten Verträgen mit der Ukraine ergeben.“

Auch die Slowakei hatte zunächst angekündigt, die Einfuhr von vier Rohstoffen, darunter Weizen, bis Ende des Jahres zu verbieten.  „Unsere Position ist, dass wir eigenständige Maßnahmen ergreifen werden, bis das Garantiesystem der Ukraine bewertet wurde und es Garantien gibt, dass die Importe unter Kontrolle sind,“ sagte der slowakische Landwirtschaftsminister Jozef Bíreš. Er führte weiter aus, dass die Europäische Kommission eine Übergangsfrist hätte einführen sollen, um zu testen, ob das System wirksam sei und ob es unkontrollierte Einfuhren verhindere – bevor das Embargo aufgehoben wird.

Der Minister wies jedoch darauf hin, dass trotz der neuen Situation die Unterstützung für die Ukraine und den Transit ihres Getreides zu den Weltmärkten bestehen bleibt. Am Donnerstag einigten sich die Ukraine und die Slowakei darauf, ein Lizenzsystem für den Getreidehandel einzurichten, so dass das Embargo aufgehoben werden kann, sobald das System eingerichtet ist. Am 30. September sollen in der Slowakei vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden, bei denen die Mitglieder des Nationalrats gewählt werden.

Die Verarbeitungsbetriebe importieren billigeres Getreide aus der Ukraine, während sich unsere Kosten seit Beginn des Krieges verdreifacht haben.

Landwirt Yasen Nakov bei einer Protestveranstaltung in Bulgarien

Bulgarien hebt sich von seinen regionalen Nachbarn ab: Viele seiner Sonnenblumenölerzeuger beklagten seit Beginn des Embargos einen ernsthaften Mangel an Saatgut und hohe Preise. Die Landwirte im Land sind jedoch unzufrieden mit der Entscheidung ihrer Regierung, das Verbot auslaufen zu lassen. „Die Verarbeitungsbetriebe importieren billigeres Getreide aus der Ukraine, während sich unsere Kosten seit Beginn des Krieges verdreifacht haben“, sagte Landwirt Yasen Nakov bei einer Protestveranstaltung.

Die Bauernverbände legten eine Liste mit fünf Forderungen vor. Am 20. September wurde eine Einigung erzielt, bei der die Regierung zusagte, die Einfuhr ukrainischer Sonnenblumenkerne zu verbieten, bis Einfuhrquoten vereinbart werden. Das Kabinett stimmte auch der Einführung einer Lizenzregelung für die Einfuhr von Weizen, Mais und Raps zu, um die Fristen für die Zahlung von Agrarsubventionen zu verkürzen und den Verwaltungsaufwand für die Landwirte zu verringern.

In Rumänien, durch das die größten Mengen ukrainischen Getreides exportiert werden, haben die Landwirtschaftsverbände ihre Proteste für 30 Tage ausgesetzt, während die Ukraine die mit Brüssel vereinbarten Maßnahmen im Gegenzug zur Aufhebung des Einfuhrverbots umsetzt. Landwirtschaftsminister Florin Barbu hat den Bauernverbänden zugesichert, dass während dieser 30 Tage keine Importe aus der Ukraine erfolgen werden.

Bukarest hat zugesagt, dass Einfuhrlizenzen für Getreide nur an rumänische Landwirte und Verarbeiter vergeben werden. Ohne die erforderlichen Genehmigungen könne kein Getreide über die Grenze gebracht werden, betonte die Regierung. Sollten diese Auflagen nicht eingehalten werden, würde Rumänien ebenfalls einen einseitigen Einfuhrstopp aus der Ukraine verhängen, worauf die Landwirte „mit massiven Protesten“ reagieren würden.

Dieser Artikel wird wöchentlich veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.
Redaktionelle Anmerkung: Der Absatz über Rumänien wurde aktualisiert, um die jüngsten Entwicklungen abzubilden.