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Anfang November kündigte die Europäische Kommission ein neues umfassendes Verkehrspaket an. Darin enthalten: Ein Aktionsplan, um den Ausbau des Hochgeschwindigkeitszugnetzes in Europa zu beschleunigen.

Das Ziel: Die Reisezeiten zwischen großen Städten bis 2040 zu halbieren. Dafür sollen neue Strecken gebaut und bestehende modernisiert werden, um Geschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Stunde (km/h) oder mehr zu erreichen. Bahnfahren soll als attraktive Alternative zu Kurzstreckenflügen etabliert werden, die Anbindung verbessert und das Verkehrssystem der EU effizienter und klimafreundlicher gestaltet werden.

Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas sagte: „Hochgeschwindigkeitszüge bedeuten nicht nur kürzere Reisezeiten – sie bedeuten, Europa zu vereinen, unsere Wirtschaft zu stärken und im globalen Wettlauf um nachhaltigen Verkehr führend zu sein.“

Passagiere sollen künftig von Berlin nach Kopenhagen in 4 Stunden reisen können, statt wie bisher in 7 Stunden. Die Reisezeit von Sofia nach Athen soll von derzeit 13 Stunden und 40 Minuten auf 6 Stunden verkürzt werden, und die Bahnfahrt zwischen Wien und Berlin soll 4 Stunden und 30 Minuten dauern, statt wie bisher 8 Stunden und 10 Minuten.

„Die Verbesserung der Reisezeiten zwischen den Hauptstädten Europas ist ein greifbares und pragmatisches Ergebnis unseres Willens, Europa vereinter und effizienter zu machen,“ sagte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Raffaele Fitto.

Brüssel arbeitet deshalb daran, Hindernisse für grenzüberschreitenden Bahnverkehr zu beseitigen – von der Harmonisierung der Ticketingsysteme, für die Anfang nächsten Jahres ein Gesetzesvorschlag erwartet wird, bis hin zur Wettbewerbsförderung, um die Preise zu senken. Der Aktionsplan baut auf dem transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-T) auf und umfasst gesetzgeberische Maßnahmen zur Beschleunigung der Entwicklung des Netzes.

Die Kommission sieht Hochgeschwindigkeitszüge als nachhaltige Alternative zu Kurzstreckenflügen. Züge stoßen deutlich weniger Treibhausgase aus als Flugzeuge, Schiffe, Autos oder Busse. Laut der Kommission entfallen auf den Schienenverkehr nur etwa 0,3 Prozent der Emissionen im Verkehrssektor.

Die EU-Behörde plant außerdem, Mitgliedstaaten, Bahnbetreiber und Finanzinstitute zusammenzubringen, um den enormen Investitionsbedarf zu koordinieren. Der wird bis 2040 auf mindestens 345 Milliarden Euro geschätzt und könnte bis 2050 auf über 500 Milliarden Euro steigen.

Alberto Mazzola, Chef der europäischen Bahnlobbygruppe CER, bezeichnete den Plan als wichtigen ersten Schritt. „Mit diesem zentralen Impuls, der alle Akteure zusammenbringt, kann Europa wirklich von isolierten Inseln mit Hochgeschwindigkeitszügen zu einem integrierten transkontinentalen Netz werden,“ sagte er.

Bei den Bemühungen, Bahnverbindungen in ganz Europa zu integrieren gab es eine Reihe von Rückschlägen, darunter auch ein gescheiterter Neustart der Nachtzüge Paris-Berlin und Probleme mit einer neuen Verbindung von Brüssel nach Venedig, die bei ihrer Jungfernfahrt im Februar schon an der italienischen Grenze zum Stillstand kam.

Die belgische Europaabgeordnete Kathleen Van Brempt (S&D) wies darauf hin, dass auch frühere Kommissionen den Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr bis 2030 im Vergleich zu 2015 verdoppeln wollten. „Doch heute ist der Bahnverkehr gerade mal um 17 Prozent gestiegen. Das liegt vor allem an schlechten Verbindungen und einem Mangel an Infrastruktur,“ sagte Van Brempt.

Von Norden nach Süden, Osten nach Westen: Vernetzte Hauptstädte

Europas Hauptstädte arbeiten bereits an der Verbesserung der Bahnanbindung, wobei eine Neuerung bereits 2026 eingeführt werden soll: die Möglichkeit, Bahnreisen in ganz Europa einfach online zu buchen. Ziel ist es, die Auswahl für Passagiere zu erhöhen, den digitalen Zugang zu allen Tickets zu verbessern und mehr Bahntickets auf großen Ticketplattformen verfügbar zu machen, auch die von kleineren Bahngesellschaften, so die Kommission.

Die 12.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken in Europa seien derzeit noch vor allem in nur wenigen Mitgliedstaaten zu finden – wie Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland, sagte Tzitzikostas, während Mittel- und Osteuropa leider nach wie vor schlecht angebunden seien.

Der französische staatliche Bahnbetreiber SNCF kündigte bereits im Juni an, ab 2026 Hochgeschwindigkeits-Personenverkehrsdienste im benachbarten Italien anzubieten, um mit dem Rivalen Trenitalia auf dessen Heimatmarkt zu konkurrieren.

„Italien ist ein natürlicher Markt für Hochgeschwindigkeitszüge, mit 56 Millionen Passagieren pro Jahr,“ sagte Alain Krakovitch, Leiter der Intercity-TGV-Dienste bei SNCF Voyageurs. Der französische Branchenriese expandierte 2021 mit Intercity-Diensten nach Spanien, während Trenitalia selbst versucht, in Frankreich auf der profitablen Strecke Paris-Lyon Fuß zu fassen.

Spanien verfügt über das größte Netz für Hochgeschwindigkeitszüge in Europa, mit mehr als 4.400 Kilometern innerhalb seines Staatsgebiets. Hochgeschwindigkeits-Verbindungen zu den Nachbarländern sind allerdings eher begrenzt.

Portugal, Spanien und die Kommission einigten sich im Rahmen des Aktionsplans darauf, dass die Verbindung Lissabon-Madrid bis 2030 mit einem konventionellen Zug in fünf Stunden und bis 2034 mit einem Hochgeschwindigkeitszug in drei Stunden möglich sein soll. Das wäre die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den beiden Ländern.

Spanien hat einen einzigen transeuropäischen Hochgeschwindigkeitskorridor mit Frankreich (die Grenzverbindung Perpignan-Figueres, integriert in den sogenannten Mittelmeerkorridor). Kommissar Tzitzikostas sagte, er arbeite „sehr intensiv“ mit den Verkehrs- und Infrastrukturministern Frankreichs und Spaniens daran, die Nadelöhre an den Grenzen zwischen beiden Ländern zu beseitigen.

Tomasz Lachowicz, Vertreter der polnischen Staatsbahn in Brüssel, sagte, die PKP S.A. nehme seit Jahren eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung einer Strategie für das Wachstum des Hochgeschwindigkeitsverkehrs auf EU-Ebene ein. Polen wurde ihm zufolge von seinen europäischen Partnern als das Land mit dem größten Potenzial für Investitionen in den Schienenverkehr identifiziert. Die Finanzierung im nächsten EU-Haushalt werde entscheidend sein.

Die Slowakei erhielt von der EU mehr als 135 Millionen Euro, um Eisenbahnstrecken zu modernisieren und die Sicherheit im Schienenverkehr zu erhöhen. Die Kommission genehmigte die Finanzmittel für slowakische Projekte aus dem „Connecting Europe“-Topf (CEF), so Denisa Žiláková, Staatssekretärin im Verkehrsministerium.

Das Ministerium sagte, dass diese Investitionen kürzere Reisezeiten ermöglichen, die Sicherheit erhöhen und die slowakischen Strecken für den Betrieb moderner Züge mit der Sicherheitstechnologie ETCS (European Train Control System) vorbereiten werden. Verkehrsunternehmen sowie Expertinnen und Experten fordern nach mehreren Unfällen die Einführung dieses Systems.

Die veröffentlichten Pläne der Kommission umfassen eine Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen der slowenischen Hauptstadt Ljubljana und Wien in Österreich, die die Reisezeit von derzeit 6 Stunden auf 4,5 Stunden verkürzen würde.

Diese Verringerung der Reisezeit soll durch österreichische Investitionen in eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Klagenfurt und Wien erreicht werden.  Sloweniens Regierung priorisiert die Strecke von Ljubljana über Celje und Maribor nach Šentilj, wo sie mit dem österreichischen Netz nach Wien verbunden werden kann. Dem Infrastrukturministerium zufolge soll diese Strecke zwischen 2040 und 2050 gebaut werden.

Die Slowenischen Eisenbahnen stehen derzeit vor vielen Problemen in Bezug auf Pünktlichkeit und Reisezeiten, führen das jedoch auf die Einschränkungen der Schieneninfrastruktur und die große Anzahl von Bauarbeiten im Netz zurück.

Die Ambitionen reichen über die aktuellen EU-Mitgliedstaaten hinaus:

Der bulgarische Vizepremier und Verkehrsminister Grozdan Karadjov und sein Amtskollege aus dem EU-Beitrittskandidatenland Nordmazedonien, Aleksandar Nikoloski, unterzeichneten Anfang November eine Vereinbarung über die Vorbereitung, den Bau und den Betrieb eines grenzüberschreitenden Eisenbahntunnels zwischen den beiden Ländern, mit dem Ziel, die beiden Hauptstädte Sofia und Skopje per Bahn zu verbinden.

Nikoloski sagte, dieser Korridor habe eine bedeutende strategische, wirtschaftliche und geopolitische Bedeutung für den Balkan und für ganz Europa, da er auch der NATO helfen werde, die Ukraine zu unterstützen.

Der grenzüberschreitende Tunnel ist ein Schlüsselelement des Westbalkan-Ostmittelmeer-Verkehrskorridors und des strategischen Korridors VIII, der Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-T) ist. Seine Umsetzung soll die fehlende Schienenverbindung zwischen Bulgarien und Nordmazedonien schaffen und den Zugang zwischen dem Schwarzen Meer und der Adria verbessern.

Zu den Plänen der Kommission gehört auch die Eisenbahnstrecke zwischen Sofia und Athen, auf der die Reisezeiten auf 6 Stunden verkürzt werden sollen. Karadjov verkündete im Oktober außerdem Fortschritte von Sofia und Ankara bei einem Bahnprojekt, das Südostbulgarien und die Nordwesttürkei verbinden soll.

Ende September kündigte Nikoloski den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Skopje nach Thessaloniki und Athen in Griechenland an. Die Fahrt von Skopje nach Thessaloniki solle dann nur noch 1 Stunde und 20 Minuten und nach Athen nicht mehr als 4 Stunden dauern. „Ich glaube, dass das das Leben in diesem Teil Europas völlig verändern wird. Die Hochgeschwindigkeitsbahn wird somit zum wichtigsten wirtschaftlich-infrastrukturellen Projekt für ganz Südosteuropa,“ sagte Nikoloski.

Eine alte und stark verrostete Dampflok steht auf einem Abstellgleis auf dem Gelände der Loksammlung im deutschen Falkenberg (Elbe-Elster). Foto: Patrick Pleul/dpa

Abstellgleis Deutschland

Aufgrund seiner Größe und geografischen Lage sollte Deutschland ein zentraler Knotenpunkt im europäischen Bahnnetz sein. Doch da der Betreiber Deutsche Bahn (DB) seit Jahren für immer schlechteren Service in der Kritik steht, ist eine reibungslose Fahrt durch Deutschland derzeit nicht „auf Schiene”. 

Der deutsche Verkehrsminister entließ Anfang des Jahres den Chef des staatlichen Betreibers. Die neue Bahnvorständin, Evelyn Palla, versprach im September einen Neustart. Die DB, einst für ihre Pünktlichkeit und Effizienz gepriesen, ist heute für häufige Verspätungen und Zugausfälle bekannt. Fast 40 Prozent der Fernverkehrszüge kamen im vergangenen Jahr zu spät. Gar nicht mitgerechnet waren jene Züge, die ganz ausgefallen sind oder gestrichen wurden. Und die Situation hat sich seitdem nicht verbessert – im September lag dieser Wert bei etwa 45 Prozent. Darüber hinaus meldete das Unternehmen für das erste Halbjahr 2025 einen Verlust von 760 Millionen Euro.

Palla warnte, dass Verbesserungen Zeit brauchen würden. „Es gibt keinen Qualitätsschalter, den wir plötzlich umlegen können, und dann ist alles gut,“ sagte sie. „Die Erneuerung der Bahninfrastruktur ist ein Marathon, kein Sprint.“

Die Deutsche Bahn strebt nun an, bis 2029 70 Prozent der Fernzüge pünktlich fahren zu lassen – die bisherige Frist 2026 kann sie nicht einhalten. Die Regierung hat 100 Milliarden Euro für die Erneuerung des DB-Netzes bis 2029 bereitgestellt. Kritikerinnen und Kritiker machen jahrelange Unterinvestitionen für den Zustand des Netzes verantwortlich. Die Pro-Kopf-Investitionen in die Bahn stiegen im letzten Jahr um fast 70 Prozent. Die letzte Regierung hatte laut der Fahrgastlobby Pro Bahn Allianz die Erneuerung des Netzes vorangetrieben . Nachbarländer wie Österreich und die Schweiz gäben jedoch immer noch etwa doppelt so viel aus.

Verspätungen und Stillstände

Bemühungen, den grenzüberschreitenden Bahnverkehr in Europa zu fördern, stoßen immer wieder auf finanzielle, politische oder regulatorische Hindernisse.

In Tschechien werde die neue Regierung die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Hradec Králové in Ostböhmen und ins polnische Wrocław aufgrund fehlender Mittel nicht weiterführen, sagte Karel Havlíček, stellvertretender Vorsitzender der rechtspopulistischen ANO-Partei, die aus den Parlamentswahlen Anfang Oktober als Siegerin hervorging.

Die neue tschechische Regierung werde jedoch die Hauptstrecke vom deutschen Dresden,  über Ústí nad Labem in Nordböhmen, Prag und Brünn nach Břeclav in Südmähren fortsetzen, sagte Havlíček.

Eisenbahnfans waren enttäuscht, als die beliebte Nachtzugverbindung von Berlin nach Paris im vergangenen Monat gestrichen wurde. Der französische Betreiber SNCF und die österreichische ÖBB, Europas führender Nachtzugbetreiber, hatten angekündigt, dass die Nachtstrecke ab Mitte Dezember eingestellt wird. Eingeführt worden war sie erst im Dezember 2023.

Allerdings erklärte der belgisch-niederländische Betreiber European Sleeper, dass er einspringen und ab März 2026 dreimal wöchentlich einen Zug zwischen den französischen und deutschen Hauptstädten anbieten werde. Nachtzüge erleben in Europa eine Renaissance, insbesondere bei klimabewussten jungen Menschen.

Regionalzüge, die eigentlich Frankreich und Deutschland verbinden sollten, verkehren derzeit nur in Frankreich, da die deutsche Betriebsgenehmigung fehlt, wie die französische Region Grand Est Anfang November mitteilte. Die Züge, die Städte wie Straßburg mit benachbarten deutschen Regionen verbinden sollten, hätten 2023 geliefert werden sollen, kamen jedoch erst im Mai. In der Zwischenzeit hatte Deutschland die Vorschriften zur Dauer der Notbremsung für Züge verschärft.

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Lokomotiven oder Waggons. Der bulgarische Verkehrsminister sagte beispielsweise, den Bulgarischen Staatsbahnen (BDZ) fehlten etwa 80 Waggons sowie 15 neue Fernverkehrszüge. Einige wurden bereits gekauft und sollen bis Ende 2027 geliefert werden, aber aufgrund fehlender Finanzierung müsse etwa die Hälfte der benötigten Schienenfahrzeuge gemietet oder gebraucht gekauft werden.

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