Brüssel/Straßburg – Eine rasche Umsetzung des umstrittenen EU-Asyl und Migrationspakts, eine volle Aufnahme in den Schengenraum von Bulgarien und Rumänien und ein neues EU-Abschiebegesetz – das sind die Schwerpunkte, die Österreichs nominierter Migrationskommissar Magnus Brunner (ÖVP) in einem am Mittwoch vom EU-Parlament veröffentlichten Dokument nennt. Brunner musste vor dem öffentlichen Hearing am 5. November bereits im Voraus einen Fragenkatalog der Abgeordneten beantworten.
„Wenn Bulgarien und Rumänien weiterhin alle Bedingungen erfüllen, um Vollmitglieder des Schengen-Raums zu werden, ist es die Verantwortung des Rates, über die Abschaffung der verbleibenden Kontrollen an den Landbinnengrenzen zu entscheiden“, heißt es in Brunners Antwort zur Schengen-Frage. Sollte dies vor Amtsbeginn der neuen Kommission nicht geschehen, „werde ich diesen Prozess weiterhin mit der gleichen Intensität wie meine Vorgänger unterstützen. Bulgarien und Rumänien haben ein Recht darauf, die Vorteile des Schengen-Raums in vollem Umfang zu nutzen.“
Österreich blockiert derzeit die volle Aufnahme Bulgariens und Rumäniens, die seit Ende März Mitglied von „Air Schengen“ sind. Die Kontrollen an den Luft- und Seegrenzen wurden damit aufgehoben. Brunners Parteikollege und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte beim letzten Ratstreffen vor zwei Wochen in Luxemburg erklärt, für ihn sei die Zeit noch nicht reif für eine Schengen-Aufnahme Rumäniens und Bulgariens: „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber nicht am Ende des Weges.“
„Die rechtzeitige und vollständige Umsetzung aller Elemente des Asyl- und Migrationspakts wird mein Schwerpunkt sein, wenn ich vom Europäischen Parlament bestätigt werde“, so der Noch-Finanzminister weiter. Er wolle „die Umsetzung des Pakts streng überwachen“, um sicherzustellen, dass „die Mitgliedstaaten alle für die vollständige Anwendung des Pakts erforderlichen Schritte bis Mitte 2026“ unternehmen. Die Unterstützung für die Mitgliedstaaten müsse auch die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel umfassen. Der neue Pakt enthält zahlreiche Verschärfungen der bisherigen Regeln. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.
Brunner kündigt auch an, rasch das vom EU-Gipfel geforderte und von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigte neue EU-Gesetz für schnellere Abschiebungen vorlegen zu wollen. Das bedeute „einen neuen Vorschlag, um Rückführungen zu beschleunigen und zu vereinfachen, klare Kooperationspflichten für Rückkehrende, die wirksame Straffung des Prozesses, die Digitalisierung der Fallbearbeitung und die gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen“. Österreich hatte sich im Vorfeld des Gipfels für diese Punkte eingesetzt.
„Feindliche staatliche Akteure wie Russland und Belarus nutzen nicht nur verzweifelte Menschen, sondern auch unseren Rechtsrahmen aus. Sollte ich bestätigt werden, werde ich fest an der Seite der Mitgliedstaaten stehen, die dieser potenziellen Bedrohung ihrer Sicherheit und territorialen Integrität ausgesetzt sind“, unterstützt Brunner zudem indirekt Polen, das mit einem neuen Gesetz das Recht auf Asyl für irreguläre Migranten an der Grenze zu Belarus vorübergehend aussetzen will.
Brunner betont in seinen schriftlichen Antworten, sollte er als Kommissar bestätigt werden, „die Verpflichtung, im europäischen Interesse zu handeln, in vollem Umfang erfüllen“. Er verspricht den EU-Parlamentariern, die ihn in seiner neuen Aufgabe bestätigen müssen, eine enge Zusammenarbeit. Alle von den EU-Ländern nominierten EU-Kommissarinnen und -Kommissare müssen sich zwischen 4. und 12. November Anhörungen in den für ihre Ressorts zuständigen Fachausschüssen des EU-Parlaments stellen.
Österreichs designierter Kommissar ist am 5. November ab 18 Uhr 30 an der Reihe. Die finale Abstimmung über die gesamte EU-Kommission könnte in der Plenarwoche Ende November erfolgen – vorausgesetzt, alle Anwärterinnen und Anwärter bestehen gleich in der ersten Runde, was bisher kaum der Fall war. Auch bei Brunner erwarten Beobachter ein hartes Hearing, da er bisher im Finanzbereich tätig war und keine Erfahrungen im Migrationsmanagement aufweisen kann. (24.10.2024)
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