Brüssel – EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat die Hinrichtung des deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgers Djamshid Sharmahd scharf verurteilt. «Die EU lehnt die Todesstrafe jederzeit und unter allen Umständen entschieden ab», schrieb Borrell auf der Plattform X. «Wir teilen den Schmerz der Familie und der Angehörigen und bekunden unsere Solidarität mit der deutschen Regierung, mit der wir in Kontakt stehen», schrieb er weiter. Die EU erwäge «Maßnahmen» als Reaktion auf die Hinrichtung, schrieb er weiter, ohne Einzelheiten zu nennen.
Die iranische Justiz hatte am Montagabend die Hinrichtung Sharmahds verkündet. Er war im Frühjahr 2023 in einem umstrittenen Prozess nach Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Angehörige hatten die Anschuldigungen vehement zurückgewiesen.
Deutschlands Kanzler nennt Hinrichtung einen Skandal
Bundeskanzler Olaf Scholz und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hatten die Hinrichtung bereits am Montag scharf verurteilt. Scholz nannte sie einen Skandal. Baerbock erklärte, die Tötung «zeigt erneut, was für ein menschenverachtendes Regime in Teheran herrscht». Teheran sei immer wieder unmissverständlich klargemacht worden, «dass die Hinrichtung eines deutschen Staatsangehörigen schwerwiegende Folgen haben wird».
Die ersten Konsequenzen sind jetzt gezogen. Dem Geschäftsträger der Botschaft wurde im Auswärtigen Amt der Unmut der deutschen Regierung mitgeteilt. «Wir haben unseren scharfen Protest gegen das Vorgehen des iranischen Regimes übermittelt & behalten uns weitere Maßnahmen vor», schrieb das Ministerium auf der Plattform X.
Einen iranischen Botschafter gibt es derzeit nicht in Berlin. Der bisherige Botschafter ist im Zuge eines regulären Personalwechsels ausgereist und ein Nachfolger bisher nicht eingetroffen. Nach der Tötung Sharmahds gilt es als unwahrscheinlich, dass zeitnah ein neuer Botschafter entsendet wird.
In Deutschland aufgewachsen, jahrelang in den USA gelebt
Sharmahd wurde 1955 in Teheran geboren, kam im Alter von sieben Jahren nach Deutschland und wuchs in Deutschland auf, wo er in Hannover jahrelang einen Computerladen betrieb. Im Jahr 2003 zog er schließlich nach Kalifornien in den USA, wo er politisch aktiv war. In den USA war Sharmahd in der iranischen Exil-Oppositionsgruppe «Tondar» (Donner) aktiv. Die iranische Staatsführung wirft der monarchistischen Organisation vor, für einen Anschlag im Jahr 2008 in der Millionenstadt Schiras mit mehreren Todesopfern verantwortlich zu sein. Die Vorwürfe lassen sich unabhängig nicht überprüfen – Hinterbliebene hatten Sharmahds Exekution gefordert.
Im Sommer 2020 war Sharmahd unter mysteriösen Umständen während einer Reise aus Dubai in den Iran verschleppt worden; mehrere Berichte sprechen von einer Entführung durch den iranischen Geheimdienst. Seitdem war er in Isolationshaft. (29. Oktober)
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