Brüssel – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Donnerstag nach Ende des EU-Gipfels betont, dass es Österreich mit Unterstützung der Niederlande gelungen sei, ein gemeinsames Problembewusstsein zum Thema Migration entstehen zu lassen. „Wir haben dieses Thema jetzt wieder in den Mittelpunkt der europäischen Diskussion gestellt“. Am 9. Februar soll es dazu einen Sondergipfel geben, sagte der Kanzler. Ein Schengenbeitritt von Rumänien und Bulgarien sei bis dahin aber nicht realistisch.
Hintergrund ist auch, dass die Niederlande die EU-Kommission aufgefordert haben, einen Rechtsstaatlichkeitsbericht zu Bulgarien vorzulegen, der erst im Juni erwartet wird. Vor dem Sommer ist daher auch keine Teilnahme beider Länder am grenzkontrollfreien Schengenraum zu erwarten.
Das Problem sei, dass man bei einer Verschiebung der Außengrenzen, zunächst die Grenzen nach innen wirklich kontrollieren müsse, sagte Nehammer. „Das ist derzeit nicht der Fall. Wir haben in Österreich mehr als 75.000 Personen, die aufgegriffen wurden, die nicht irgendwo registriert worden sind, obwohl sie durch eine EU-Land durchgegangen sind“, erklärte Nehammer. Nun brauche es Ursachenforschung, warum Österreich so stark betroffen sei und wie man das Problem lösen könne.
Dennoch sei die Diskussion zur Migration „sehr ordentlich gewesen“, betonte der Kanzler. So hätten Rumänien und Bulgarien die Hoffnung ausgedrückt, dass 2023 zum Jahr der Lösung werde. Ihm sei es jedenfalls wichtig gewesen, dass nur mit den beiden Staaten gemeinsam eine Lösung gefunden werde könne. Nun gelte es abzuwarten, welche Maßnahmen konkret umgesetzt werden.
So gebe es immer wieder Möglichkeiten, den Grenzschutz zu verstärken, das fordere auch Bulgarien. „Aber es ist ja nicht nur eine Frage eines Zauns an sich, sondern viel wichtiger ist auch die Überwachung der Grenze, die technischen Möglichkeiten, das Personal dazu und auch die Möglichkeiten, um eben gegen organisierte Kriminalität und Schlepper vorzugehen“, so der Kanzler. (15.12. 2022)
Schengen-Veto Österreichs für Rumäniens Ministerpräsidenten „unfair“
Brüssel/Wien – Der rumänische Premier Nicolae Ciuca hat das österreichische Veto gegen den Schengen-Beitritt des Landes am Donnerstagabend auf einer Pressekonferenz in der rumänischen Botschaft in Paris als „unfair“ bezeichnet. Ciuca sagte laut der rumänischen Agentur Agerpres, dass Rumänien den Beitritt zum Schengen-Raum verdiene und nun Schritte unternehmen werde, um dieses Ziel im Jahr 2023 zu erreichen, wie auch Präsident Klaus Johannis (Iohannis) am EU-Gipfel am Donnerstag erklärte.
Ciuca betonte zudem, dass die von europäischen Institutionen wie Frontex, Europol oder Eurodac bereitgestellten Daten die vom österreichischen Innenministerium bekannt gegebenen Zahlen zur Migration nicht bestätigen würden. Die Entscheidungen rumänischer Bürger gegenüber österreichischen Unternehmen seien zu respektieren, die Regierung wolle jedoch auf diplomatischem Wege eine Änderung der österreichischen Position erreichen.
Nach Österreichs Veto hatte es in Rumänien zahlreiche Boykottaufrufe gegenüber österreichischen Unternehmen gegeben. So regten etwa von den mitregierenden Sozialisten (PSD) geleitete Ministerien zahlreiche Staatsunternehmen sowie untergeordnete Behörden dazu an, ihre Konten bei den in Rumänien vertretenen österreichischen Banken zu schließen, was in vielen Fällen auch geschehen sein soll. Präsident Johannis rief jedoch umgehend zur Mäßigung auf. Auch am EU-Gipfel war der Präsident sichtbar um eine Beruhigung der hochkochenden Emotionen bemüht. Er habe „zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass sich eine diplomatische Krise oder Ähnliches abzeichnet. Wir werden so etwas nicht haben“, sagte der Staatschef laut Agerpres.
PSD-Chef Marcel Ciolacu schickte am Freitag laut der rumänischen Agentur einen Brief an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), in dem er betonte, dass Rumänien und die Rumänen es verdienten, Teil des Schengenraumes zu sein. Er habe Nehammer nach Rumänien eingeladen, damit sich der Bundeskanzler selbst ein Bild von den Anstrengungen des Landes und seiner Menschen machen könne, schrieb Ciolacu demnach auf Facebook. (16.12. 2022)
EU-Kommission will Bulgarien bei Grenzsicherung weiter unterstützen
Brüssel/Wien – Die EU-Kommission hat am Freitag auf die Forderung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Geld für Grenzzäune in Bulgarien bereitzustellen, reagiert. Es liege an Bulgarien zu entscheiden, welche Mittel es brauche, um seine Grenzen zu schützen, dann sei man gerne bereit, weitere Unterstützung zu leisten, sagte ein Kommissionssprecher. Zur Zeit sei etwa die EU-Grenzschutzagentur Frontex mit 137 Mitarbeitern und Ausrüstung in Bulgarien vertreten.
Zudem seien im mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 205 Millionen Euro für Überwachungsausrüstung und Trainingsmaßnahmen für Bulgarien vorgesehen. Weiters dürfe man nicht vergessen, dass der Schutz der bulgarischen Grenze auch durch Maßnahmen entlang der gesamten Migrationsroute erfolge. So stelle die EU etwa 220 Millionen Euro für die Sicherung der Grenzen in der östlichen Türkei zur Verfügung, wovon auch Bulgarien profitiere. „Wir sind in einer Partnerschaft mit Bulgarien, um sicherstellen, dass es die Arbeit erledigen kann“, so der Sprecher.
Nehammer unterstrich am Freitag in einer Reaktion, Bulgarien brauche „unsere volle Unterstützung im Außengrenzschutz“. Dass die Kommission nun bereit sei, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, sei „ein erster bedeutender Erfolg“ und „ein sehr positives und wichtiges Signal, dass wir Bulgarien beim Außengrenzschutz nicht alleine lassen“, so Nehammer in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Nun müssten in Gesprächen mit Bulgarien „die nächsten Schritte gesetzt werden und konkrete Maßnahmen folgen“. (16.12. 2022)
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