Prag – Die EU-Staaten sind weiter uneins darüber, wie ein europäischer Gaspreisdeckel im Kampf gegen die hohen Energiepreise aussehen könnte. «Detailliertere Vorschläge werden in den kommenden Wochen von der EU-Kommission kommen», sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag nach einem informellen EU-Gipfel in Prag. Darüber wollen der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine EU-Kollegen dann beim nächsten Gipfel in knapp zwei Wochen beraten. Der tschechische Premierminister Petr Fiala sagte immerhin, dass man sich in Richtung gemeinsamer Lösungen bewege.
Mehr als die Hälfte der EU-Staaten fordert inzwischen einen Maximalpreis für Gas, Deutschland und etwa die Niederlande zeigen sich bislang aber skeptisch und verweisen auf mögliche Probleme bei der Versorgungssicherheit. Für den Gaspreisdeckel gibt es verschiedene Vorschläge, die von der Leyen zuletzt in einem Brief erläutert hatte, etwa den Preis für in der EU gehandeltes Gas im Großhandel zu begrenzen oder nur für jenes Gas, das zur Produktion von Strom genutzt wird. Auf dieser Basis will von der Leyen nun Konkreteres vorschlagen. (7. Oktober)
EU-Staaten wollen Tausende ukrainische Soldaten ausbilden
Brüssel – Die EU-Staaten wollen künftig rund 15 000 ukrainische Soldaten ausbilden. Es gebe eine entsprechende Einigung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK), erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen. Im PSK kommen die Botschafter der EU-Staaten unter dem Vorsitz des Auswärtigen Dienstes der EU zusammen. Die Entscheidung muss noch formell von den EU-Ländern bestätigt werden. Zuvor hatten die «Welt am Sonntag» und der «Spiegel» über das Vorhaben berichtet. (9. Oktober)
Neue EU-Mindestlohnvorgaben: Arbeitsministerium sieht Handlungsbedarf
Brüssel/Berlin – Das Bundesarbeitsministerium sieht angesichts einer neuen EU-Mindestlohn-Richtlinie Handlungsbedarf für Deutschland. Zwar ist der Mindestlohn in der Bundesrepublik hoch genug, aber es profitieren zu wenige Menschen von Tariflöhnen, wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur hervorgeht. Die EU-Länder seien durch das neue EU-Gesetz aufgerufen, bei einer Tarifbindung von weniger als 80 Prozent einen Aktionsplan vorzulegen. «In der Bundesrepublik haben wir eine Tarifbindung von über 80 Prozent selbst in der Blütezeit der Sozialpartnerschaft nicht erreicht», hieß es weiter. Das Arbeitsministerium teilte weiter mit, dass der Koalitionsvertrag Maßnahmen vorsehe, «die wir nun zügig angehen wollen». Kommendes Jahr soll ein Gesetz vorgestellt werden.
Tarifverträge regeln die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und können für Firmen oder auch in ganzen Branchen gelten, etwa wenn der Arbeitgeber in einem Arbeitgeberverband ist. Die EU-Staaten hatten in einem finalen Schritt am Dienstag den Weg für die neuen EU-Regeln frei gemacht. Das Gesetz beinhaltet Leitlinien, wie angemessene Mindestlöhne festgelegt und Tarifverhandlungen gefördert werden können. (7. Oktober)
EU-Chefdiplomat fordert vom Iran Ende der Gewalt
Brüssel/Teheran – Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat auf ein Ende der Gewalt im Iran und die Freilassung festgenommener Demonstranten gedrungen. Borrel erklärte am Donnerstag auf Twitter, er habe gegenüber seinem iranischen Kollegen Außenminister Hussein Amirabdollahian auch betont, dass die für den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit müssten gewährt sein, forderte Borrel. «Die EU erwägt alle Optionen», sagte er mit Blick auf mögliche EU-Maßnahmen wegen der Unterdrückung der Proteste im Iran.
Teheran wiederum warnte die Europäische Union vor voreiligen Schritten aufgrund der Demonstrationen. «Friedliche Proteste gehören zu den Grundrechten der iranischen Bürger, aber Brandanschläge auf Banken, Krankenwagen und öffentliche Einrichtungen haben mit Protesten nichts mehr zu tun», sagte Amirabdollahian. Der Fall der verstorbenen Amini werde untersucht. Aber die EU solle keine unsachlichen Maßnahmen ergreifen, so der iranische Außenminister. «Falls aber doch, dann wird der Iran auf die adäquat reagieren», warnte er – ohne Details zu nennen.
Auslöser der anhaltenden Demonstrationen im Iran war der Tod der 22-jährigen Amini Mitte September. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich «unislamischen Outfits» festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der Frau demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung der islamischen Republik sowie den Kopftuchzwang. (6. Oktober)
Neues EU-Sanktionspaket gegen Russland formell beschlossen
Brüssel – Das neue Sanktionspaket gegen Russland ist nun auch formell beschlossen.
«Wir setzen Russlands Kriegswirtschaft weiter zu, begrenzen Russlands Import-/Exportkapazitäten und sind auf dem besten Weg, uns aus der russischen Energieabhängigkeit zu befreien»,
sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag.
Bevor die Strafmaßnahmen in Kraft treten, muss der Rechtstext im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Dies war noch für den Donnerstag geplant.
Teil des Pakets ist unter anderem die rechtliche Grundlage für einen von den G7-Staaten unterstützten Preisdeckel auf Ölimporte aus Russland. Dieser soll die Einnahmen Moskaus deutlich reduzieren. In Kraft treten soll der Preisdeckel für russisches Rohöl Anfang Dezember, wenn auch ein EU-Einfuhrverbot über den Seeweg gültig wird, und für Erdölprodukte im Februar 2023. Die weiteren Vorbereitungen müssen nun auf Ebene der G7 wirtschaftsstarker Demokratien fortgesetzt werden.
Ebenfalls Teil der neuen Sanktionen sind Import- und Exportverbote. So dürfen bestimmte Stahlprodukte künftig nicht mehr in die EU eingeführt werden. Außerdem führt die EU Einfuhrbeschränkungen unter anderem für Zigaretten, Kunststoffe, Leder, Keramik, bestimmten Schmuck und Kosmetika ein. Nach Angaben der EU-Kommission haben die neuen Einfuhrverbote einen Wert von sieben Milliarden Euro.
Zudem wird Ausfuhr von Produkten, die Russland für den Krieg gegen die Ukraine einsetzt, weiter beschränkt. Dazu gehören etwa bestimmte elektronische Teile, Chemikalien, Kleinwaffen und Güter, die zur Folter genutzt werden können. Architektur- und IT-Dienstleistungen sowie Rechtsberatung dürfen Russland nicht mehr angeboten werden.
Auch soll es EU-Bürgern künftig verboten sein, Sitze in Führungsgremien bestimmter russischer Staatsunternehmen einzunehmen. Hinzu kommen etwa Strafmaßnahmen gegen Personen, die bei der Durchführung der Scheinreferenden in den mittlerweile durch Russland annektierten Gebieten auf ukrainischem Gebiet geholfen haben. Sie werden mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt. (6. Oktober)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.