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Die EU steht nach dem von den USA vermittelten Friedensabkommen unter wachsendem Druck, ihre Rolle im Nahen Osten neu zu definieren. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament signalisieren Bereitschaft, sich von einem rein humanitären Akteur zu einem aktiveren politischen Player in den Bereichen Wiederaufbau und Schaffung von neuen Regierungsstrukturen in Gaza zu entwickeln.

Die EU-Mitgliedstaaten sind seit dem Angriff der militanten islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 tief gespalten. Nun hoffen sie, zu einer führenden Rolle bei der Umsetzung des Friedensplans für Gaza zurückzufinden. Den Frieden in Gaza zu sichern, werde „außerordentlich komplex“, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas am Montag. „Der Friedensplan erfordert erhebliche internationale Unterstützung, um erfolgreich zu sein,“ betonte sie. Europa wolle dazu umfassend beitragen.

Lob – und der Versuch, sich einen Platz am Verhandlungstisch zu sichern

Die Staatschefs der USA, Katars, Ägyptens und der Türkei hatten bei ihrer feierlichen Zeremonie in Ägypten ein Dokument unterzeichnet, das die geltende Waffenruhe auf Basis des 20-Punkte-Plans von US-Präsident Donald Trump festigen soll. Darin heißt es: „Gemeinsam werden wir diese Vereinbarung so umsetzen, dass Frieden, Sicherheit, Stabilität und Chancen für alle Völker der Region, einschließlich der Palästinenser und Israelis, gewährleistet sind.” Mit Hilfe welcher konkreten Maßnahmen dies gelingen solle, wurde nicht erläutert.

US-Präsident Donald Trump zeigt das unterzeichnente Friedensdokument beim Gaza-Gipfel in Ägypten am 14. Oktober 2025. Foto: Michael Kappeler/dpa

Die EU-Spitzen begrüßten den Friedensplan. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, lobten die Bemühungen und betonten die Bedeutung eines dauerhaften Waffenstillstands. Von der Leyen sagte, die EU werde weiterhin die schnelle und sichere Lieferung humanitärer Hilfe nach Gaza unterstützen. „Und wenn die Zeit gekommen ist, werden wir bereit sein, beim Wiederaufbau und der Wiederherstellung zu helfen.“

Der Wiederaufbau Gazas wird teuer: Laut Schätzungen müssen mehr als 55 Millionen Tonnen Schutt aus dem Küstenstreifen entfernt werden, sagte Jaco Cilliers vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in Jerusalem. Allein in den nächsten drei Jahren könnten dafür rund 17 Milliarden Euro benötigt werden.

Die EU setzt sich seit Langem für die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung – einen palästinensischen und einen israelischen Staat – ein. Sie betrachtet dies als den einzigen Weg, um langfristigen Frieden im Nahen Osten zu schaffen. Doch um dies zu verwirklichen, muss die politisch geschwächte Palästinensische Autonomiebehörde ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Die EU ist entschlossen, bei dieser Reform zu unterstützen.

Der bulgarische Präsident Rumen Radev sieht im Friedensplan eine Chance für die EU: „Hier hat Europa die Möglichkeit, eine Schlüsselrolle zu spielen und einen bedeutenden Beitrag zur schnellen und vollständigen Umsetzung dieses Plans zu leisten. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Zwei-Staaten-Lösung der einzige gangbare Weg zu einer dauerhaften Lösung des Konflikts und zur Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten ist.“

Der slowakische Außenminister Juraj Blanár erklärte, Bratislava werde „die humanitären Bemühungen weiter intensivieren und politische Unterstützung für die Aufrechterhaltung des Friedens leisten“.

Die slowenische Außenministerin Tanja Fajon sagte, der erste Teil des US-Friedensplans für Gaza werde zwar erfolgreich umgesetzt. Es sei jedoch wichtig, sich der „fragilen Situation und der Dilemmata“ bewusst zu sein, die bei den Verhandlungen über die zweite Phase berücksichtigt werden müssten. Die Menge an humanitärer Hilfe, die derzeit in den zerstörten Gazastreifen gelange, sei immer noch unzureichend.

Grenzhindernisse 

Die Verzögerungen beim Neustart der zivilen EU-Mission zur Überwachung des Grenzübergangs Rafah zwischen Gaza und Ägypten zeigen, dass Vorsicht geboten ist. Ursprünglich für Mittwoch geplant, wurde der Einsatz gestoppt, da Israel darauf bestand, dass die Hamas die sterblichen Überreste der letzten toten Geiseln übergibt.

Die EU-Mission bleibe in Bereitschaft und werde am Grenzübergang Rafah eingesetzt, sobald die Bedingungen dies zulassen, sagte ein Sprecher von Kallas in Brüssel.

Die EU-Mission zur Grenzunterstützung in Rafah (EUBAM Rafah) wurde 2005 eingerichtet, um den Grenzübergang im Süden Gazas zu überwachen. Nach der Machtübernahme der Hamas in Gaza zwei Jahre später wurde sie ausgesetzt. 

Rafah ist der einzige Grenzübergang aus dem Gazastreifen, der nicht durch israelisches Territorium führt – und bleibt für den Personenverkehr geschlossen. Direkte Hilfslieferungen von Ägypten nach Gaza sind derzeit ebenfalls nicht möglich. Allerdings gelangen Lastwagen mit Hilfsgütern von der ägyptischen Seite aus in die Region und werden dann zu Grenzübergängen in Israel umgeleitet.

Die Überwachungsmission EUBAM zielt darauf ab, eine neutrale, dritte Partei an diesem wichtigen Grenzübergang zu positionieren. Sie umfasst Polizeikräfte aus Italien, Spanien und Frankreich. Im Januar wurde die Mission kurzzeitig wieder eingesetzt, jedoch im März erneut pausiert.

In einer Erklärung sagte der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto, er habe die Wiederaufnahme der italienischen Operationen im Rahmen der EU-Mission unter denselben Bedingungen wie im Januar genehmigt.

Die deutsche Regierung hat Vorbereitungen für eine mögliche deutsche Beteiligung an einer zukünftigen Mission getroffen.

Eine wichtigere Rolle für Europa

Die EU, der wichtigste Geldgeber der Palästinenser, will auch zum Wiederaufbau Gazas beizutragen. Seit dem 7. Oktober 2023 stellte Brüssel mehr als 550 Millionen Euro an die Palästinenser bereit. Im April hatte die Kommission ein mehrjähriges Programm für den Wiederaufbau in den palästinensischen Gebieten angekündigt, das bis zu 1,6 Milliarden Euro für den Zeitraum 2025 bis 2027 umfassen soll.

Die Kommission hat signalisiert, dass sie über reine Hilfsleistungen hinausgehen möchte und sich bereit erklärt, die Ausgestaltung der übergangsweisen Regierung von Gaza nach dem Waffenstillstand mit zu tragen. Dazu gehört etwa die Nutzung bestehender EU-Missionen für Grenzsicherheit, Polizeiausbildung und der Aufbau institutioneller Kapazitäten.

„Wir sind bereit, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu seinem Erfolg beizutragen,“ sagte Ursula von der Leyen über den Friedensplan. Dies schließe die „Bereitstellung von Unterstützung bei der Regierungsführung und für die Reform der Palästinensischen Autonomiebehörde“ ein. 

Die EU bekundete ihren Wunsch nach einer Rolle im „Board of Peace“, das den Wiederaufbau Gazas überwachen soll. Dies spiegetl Brüssels Wunsch nach einer zentraleren politischen Rolle wider. „Wir glauben, dass Europa eine wichtige Rolle spielt und dass wir auch Teil davon sein sollten,“ sagte Kallas vergangene Woche. „Ich denke, Europa sollte nicht nur ein Zahlender, sondern auch ein Akteur sein,“ fügte sie während eines Besuchs in Kuwait hinzu.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez öffnete die Tür für die Entsendung spanischer Truppen, um den Frieden in Gaza nach dem Waffenstillstand zu garantieren. In einem Radiointerview mit Cadena SER sagte Sánchez, es sei noch unklar, wie die Sicherheit in Gaza gewährleistet werden solle.

Sollte es jedoch zu einem internationalen Einsatz von Truppen kommen, um den Frieden zu garantieren, wolle Spanien sich daran beteiligen und eine „aktive Präsenz“ zeigen – nicht nur beim Wiederaufbau Gazas, sondern auch bei der Friedenssicherung.

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, die Europäer würden ihre Bemühungen verstärken, palästinensische Polizeikräfte in Gaza auszubilden. Gleichzeitig deutete er an, dass Frankreich nicht an der einzurichtenden Stabilisierungstruppe teilnehmen werde.

Politische Bedenken

Es ist unklar, ob das Friedensabkommen zu einem langfristigen Ende der Kämpfe führen wird. Die Details müssen nun in einer zweiten Phase ausgehandelt werden. Der Frieden bleibt fragil, und erste Risse sind bereits sichtbar.

Ein Anlass zu Bedenken ist die Entschlossenheit der Hamas, weiterhin gegen Israel zu kämpfen. „Die Aussagen der Hamas, dass sie ihre Waffen nicht niederlegen wird, sind besorgniserregend,“ sagte der slowakische Chefdiplomat Blanár.

Auch der deutsche Außenminister Johann Wadephul betonte, dass die Hamas entwaffnet und ihr politischer Einfluss beendet werden müsse. „Und das wird die Aufgabe der Palästinenser sein, dass sie sich lossagen von dieser Organisation,“ sagte er im deutschen Fernsehen.

Die Frage, wer den Gazastreifen verwalten wird, gilt als einer der entscheidenden Faktoren dafür, ob sich die Lage in dem blockierten Küstenstreifen nach dem zweijährigen Krieg stabilisieren kann. Ein Machtvakuum könnte den Gazastreifen in weiteres Chaos oder sogar in einen Bürgerkrieg stürzen. Israel und die Vereinigten Staaten bestehen darauf, dass die Hamas keine Rolle in einer zukünftigen Regierung Gazas spielen darf.

Macron versicherte, dass Frankreich eine „sehr besondere Rolle“ dabei spielen werde, sicherzustellen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde in die zukünftige Verwaltung Gazas integriert wird. Er bestand auf eine palästinensische Beteiligung an diesem Prozess.

Ein Sprecher von Kaja Kallas sagte, alle Parteien seien aufgefordert, Zurückhaltung zu üben und von jeglichen Aktivitäten abzusehen, die den Waffenstillstand gefährden könnten. „Wir bekräftigen als EU, dass die Hamas keine zukünftige Rolle in der Verwaltung des Gazastreifens spielen darf.“

Berichte über Gewalt zwischen Hamas-Mitgliedern und bewaffneten Clans im Gazastreifen sorgen ebenfalls für Besorgnis. „Die Europäische Union ist besorgt über die Berichte, die wir gesehen haben, wonach es in Gaza aufgrund von Zusammenstößen zwischen der Hamas und Gangmitgliedern mehrere Todesopfer gegeben hat,“ so der Sprecher von Kallas. 

Es gibt auch Berichte, die darauf hindeuten, dass die Hamas brutal gegen Personen vorgeht, die sie der Zusammenarbeit mit Israel beschuldigt.

Trucks loaded with humanitarian aid cross into the Gaza Strip through the Kerem Shalom crossing.
Mit Hilfsgütern belandene Lastwägen am Kerem Shalom Grenzübergang in Gaza. Foto Abed Rahim Khatib/dpa

Was tun mit Bibi?

Die EU ist auch in Bezug auf die Rolle der israelischen Regierung und die von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu in dem Konflikt gespalten. Diese Spaltungen zwangen die EU oft dazu, sich auf Erklärungen der Hohen Vertreterin oder einzelner Mitgliedstaaten zu beschränken, anstatt einheitliche EU-Positionen zu vertreten. Dies schränkt die Wirksamkeit des Blocks als politischer Akteur ein.

Deutschland etwa war lange Zeit unerschütterlich an der Seite Israels, bewegt sich jedoch langsam in Richtung einer differenzierteren Position und betont seine Besorgnis über das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza. Im August 2025 vollzog die deutsche Regierung eine bedeutende Kursänderung mit der Ankündigung, keine Exporte von militärischer Ausrüstung mehr zu genehmigen, die im Gaza-Krieg eingesetzt werden könnten.

Spanien hingegen hält die israelische Regierung auf mehr Distanz. Ministerpräsident Sánchez betonte, dass bisher nur ein Waffenstillstand erreicht worden sei und dieser nun gefestigt werden müsse, um einen endgültigen Frieden zu erreichen.

Er wies darauf hin, dass die von seiner Regierung gegen Israel beschlossenen Maßnahmen, wie das Waffenembargo, weiterhin in Kraft bleiben, da es sich derzeit nur um einen Waffenstillstand handelt. „Wir werden dieses Embargo aufrechterhalten, bis dieser gesamte Prozess gefestigt ist und sich endgültig auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden befindet,“ sagte er. Ebenso warnte er, dass Frieden nicht bedeuten könne, dass diejenigen vergessen werden oder straffrei bleiben, die sich internationalen Gerichtsverfahren stellen müssen, wie etwa Netanyahu.

Andere Länder, wie Ungarn und die Tschechische Republik, haben EU-Positionen, die Israel kritisieren, blockiert oder abgeschwächt. Sie stehen den US-amerikanischen und israelischen Positionen näher und erkennen die palästinensische Staatlichkeit nicht an. 

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