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Politiker, Verkehrsexperten und Geschäftsleute kritisieren den Zustand der Eisenbahninfrastruktur, die starke Subventionierung des Flugverkehrs und den scheinbar fehlenden politischen Willen gleichermaßen.    

Im Kampf gegen den Klimawandel will die EU-Kommission, dass bis 2030 doppelt so viele Hochgeschwindigkeitszüge und bis 2050 drei Mal so viele Hochgeschwindigkeitszüge auf europäischen Schienen fahren. Damit sollen die CO2-Emissionen im Verkehrssektor reduziert werden. 

Für die Deutsche Bahn und andere europäische Bahnen ist für den von der EU-Kommission angestrebten Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs in Europa deutlich mehr finanzieller Einsatz erforderlich.

Wenn der sogenannte Green Deal gelingen soll, „müssen die EU und die Mitgliedsstaaten erhebliche zusätzliche Investitionen tätigen und europaweit in den Netzausbau investieren“, kündigte die Deutsche Bahn im Juli an. Die derzeit in Planung oder im Bau befindlichen Infrastrukturmaßnahmen reichen nicht aus, um eine Verdoppelung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs bis 2030 zu erreichen.

Teure Züge, billige Flüge – „Bruchlandung“ für den Klimaschutz

Die klimafreundliche Bahn ist auf der gleichen Strecke oft teurer als das Flugzeug. Zu diesem Ergebnis kommt die Umweltorganisation Greenpeace, nachdem sie die Ticketpreise für beide Verkehrsmittel auf 112 Strecken in Europa zu verschiedenen Buchungszeiten verglichen hat. Nach Angaben der Organisation waren 71 Prozent der Tickets für Bahnreisen teurer als die für klimaschädlichere Flugreisen. 

Den krassesten Preisunterschied registrierten die Tester auf der Strecke Barcelona–London, die mit dem Zug bis zu 384 Euro kostete. Diese Reise war 30 Mal teurer als mit dem Flugzeug bei einem Ticketpreis von 12,99 Euro.

„Immer mehr Menschen wollen mit der Bahn reisen und auf Flüge verzichten, doch die fehlende Kerosinsteuer und weitere klimaschädliche Subventionen für die Flugindustrie verzerren die Preise. Das ist eine Bruchlandung für die vielen guten Vorsätze und den Klimaschutz“, sagte Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer und forderte eine europaweite Kerosinsteuer von 50 Cent pro Liter. Die würde jährliche Einnahmen von 46,2 Milliarden Euro bringen. Diese Mittel müssten in die Schieneninfrastruktur fließen. Auch der deutsche Grünen-Bundespolitiker Anton Hofreiter forderte eine Verteuerung des Fliegens und sprach sich ebenfalls für eine europäische Kerosinsteuer aus. 

Immer mehr Menschen wollen mit der Bahn reisen und auf Flüge verzichten, doch die fehlende Kerosinsteuer und weitere klimaschädliche Subventionen für die Flugindustrie verzerren die Preise.

Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer

Der Schienenverkehr unterliege „verschiedenen Steuern und Gebühren“, vor allem für die Nutzung der Infrastruktur, so Philipp Kosok, Analytiker bei der deutschen Denkfabrik Agora. Es gebe zudem keine zentrale Seite, auf der man Fahrpläne einsehen und Preise vergleichen könne.

„Es existiert im Moment kein wirklich europäisches Konzept für Zugreisen“, sagte Chris Engelsman. Der Mitgründer des belgisch-niederländischen Start-Ups European Sleeper, das im Mai eine Nachtlinie zwischen Berlin und Brüssel eröffnete.

Ein weiterer Mitbegründer eines Zug-Start-Ups, der Franzose Adrien Aumon, erklärte: „Mir ist aufgefallen, dass es fast unmöglich gewesen ist, in Europa zu reisen (ohne zu fliegen). Man erwartet von den Leuten, nicht mehr zu fliegen, ohne ihnen jedoch entsprechende Alternativen anzubieten.“ Sein Start-Up Midnight Trains arbeitet mit einem Nachtzughersteller zusammen, um die einst beliebte Strecke Paris–Mailand–Venedig im Jahr 2025 wieder aufzunehmen.

Experten fordern eine europaweite Kerosinsteuer. Greenpeace stellte fest, dass 71 Prozent der Tickets für Bahnreisen teurer waren als die für klimaschädlichere Flugreisen. Foto: Boris Roessler/dpa

Die Modernisierung läuft, aber der Wandel braucht Zeit 

Es scheint, dass die Eisenbahninfrastruktur und ihre Instandhaltung in verschiedenen europäischen Ländern aufgrund unzureichender Investitionen in der Vergangenheit etwas vernachlässigt wurde. Die Konzentration auf die Straßennetze oder die Folgen von Konflikten in den letzten Jahren haben die Notwendigkeit von Verbesserungen deutlich gemacht. Sowohl die Regierungen als auch die Bahnbetreiber und die EU stellen Milliarden von Euro zur Verfügung. Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis die Verjüngung und der Ausbau abgeschlossen sein werden.

In Bosnien und Herzegowina (BiH) wird beispielsweise der prekäre Zustand der Eisenbahninfrastruktur auf den Krieg in den 1990er Jahren und unzureichende finanzielle Investitionen zurückgeführt. Edin Forto, der Minister für Verkehr und Kommunikationd es Landes, hat jedoch den Bau und die Wiederbelebung der Eisenbahninfrastruktur im In- und Ausland zur Chefsache gemacht.

Die Fortschritte wurden durch den Wiederaufbau der Strecke Sarajevo–Mostar erzielt. Neue Personenzüge, die eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h erreichen können, wurden angeschafft; das Projekt kostete rund 67,5 Millionen Euro. Die Bahnlinie befindet sich auf dem paneuropäischen 5C-Korridor, der Budapest (Ungarn) mit Ploče (Kroatien) verbindet. Das bedeutet, dass mehr als 50 Prozent der Strecke auf dem Gebiet von Bosnien und Herzegowina liegen und modernisiert und gewartet werden müssen. 

In Kroatien, wo der 5C-Korridor endet, wurde jahrzehntelang vor allem in das Autobahnnetz statt in die Schieneninfrastruktur investiert. Die Regierung ist bestrebt, die Situation zu verbessern, aber das erfordert Zeit und Geld. Derzeit laufen Bau- und Modernisierungsprojekte, die darauf abzielen, 30 Prozent (780 Kilometer) des gesamten Netzes nach EU-Standards zu revitalisieren und zu modernisieren. Dazu sollen die Kapazität der Bahnstrecken, die Reisegeschwindigkeit und die Sicherheit erhöht werden. 

Die prognostizierte Geschwindigkeit von Personenzügen beträgt 160 Kilometer pro Stunde, während Güterzüge eine Geschwindigkeit von 120 km/h erreichen können, was nicht als Hochgeschwindigkeit gilt. Bis zum Jahr 2030 sind dafür 5,4 Milliarden Euro vorgesehen, wobei rund 85 Prozent der erforderlichen Mittel aus einer EU-Kofinanzierung stammen.

In Kroatien werden derzeit etwa 25 große Infrastrukturprojekte durchgeführt. Der Großteil der Investitionen entfällt auf Projekte in zwei Verkehrskorridoren: Im RH1, der von der slowenischen bis zur serbischen Grenze verläuft, und im RH2, der sich von der nordadriatischen Hafenstadt Rijeka bis zur Grenze zu Ungarn erstreckt. Der RH2 soll die Iberische Halbinsel mit dem europäischen TEN-V-Netz verbinden.

Die EU-Netzpolitik TEN-V zielt auf die Entwicklung einer kohärenten und effizienten Verkehrsinfrastruktur in der gesamten Europäischen Union ab, die Eisenbahnen, Straßen, Wasserstraßen, Häfen, Flughäfen und Terminals umfasst. 

Zwei europäische Kernkorridore des transeuropäischen Verkehrsnetzes – der Mittelmeerkorridor und der Baltisch-Adriatische Korridor – verlaufen durch slowenisches Gebiet. Das Land fungiert als Transitland und verfügt über etwas mehr als 1.200 km Eisenbahnstrecken. 875 km davon sind noch eingleisig.

Die wachsende Bedeutung der umweltfreundlichen Mobilität und die Notwendigkeit höherer Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur haben jedoch zu einer erneuten deutlichen Aufstockung des Investitionsbudgets des Landes geführt. Im Jahr 2023 stehen der slowenischen Infrastrukturdirektion 423,7 Millionen Euro für Investitionen in der Schieneninfrastruktur zur Verfügung. Das Land nutzt auch die Möglichkeiten verschiedener Mechanismen der Europäischen Union. 

Die Bundesregierung plant, die Deutsche Bahn mit zusätzlichen Mitteln in Milliardenhöhe aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) auszustatten. Bis 2027 soll die bundeseigene Bahn 12,5 Milliarden Euro aus dem Fonds erhalten, heißt es in einem Entwurf für den neuen Haushalt des Fonds.

Das Schienennetz des Landes ist zum Teil marode und muss grundlegend saniert werden, aber es werde wohl einige Jahre dauern, bis die Maßnahmen für die Fahrgäste spürbar werden.

Wir werden alles daransetzen, den gewaltigen Investitionshochlauf in den kommenden Jahren fortzusetzen – mit dem im Koalitionsbeschluss vom März bekräftigten Ziel, bis 2027 insgesamt bis zu 45 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen

Volker Wissing, deutscher Bundesverkehrsminister

Die deutsche Regierung räumt dem Thema nur langsam Priorität ein. „Wir werden alles daransetzen, den gewaltigen Investitionshochlauf in den kommenden Jahren fortzusetzen – mit dem im Koalitionsbeschluss vom März bekräftigten Ziel, bis 2027 insgesamt bis zu 45 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen“, bekräftigte der deutsche Bundesverkehrsminister Volker Wissing kürzlich.

Das deutsche Schienennetz ist mit rund 38.000 Kilometern das größte und eines der komplexesten in Europa und stellt die Betreiber daher vor besondere Herausforderungen – wie etwa eine hohe Verspätungsquote der Züge. Das hat Folgen für den grenzüberschreitenden Verkehr. 

So haben die Schweizerischen Bundesbahnen SBB angekündigt, dass sie in Basel mehr Ersatzzüge einsetzen, um pünktliche Verbindungen in der Schweiz anbieten zu können. Reisende, die aus Deutschland ankommen, müssen für die Weiterreise dann in der Schweiz den Zug wechseln. 

93 Prozent der Schweizer Züge sind pünktlich. Seit dem Frühjahr soll ein neues Tool helfen, Energieeffizienz und Pünktlichkeit zu verbessern. Eine Stunde vor der Abfahrt errechnet die SBB anhand der Wetter- und Verkehrslage die optimale Reisestrategie. Mit dem Tool wissen die Lokführer genau, wie viele Sekunden sie sich während der Fahrt verspäten, um gegensteuern zu können. 

Doch nicht alle sind mit den Plänen zum Ausbau der Eisenbahnnetze zufrieden. Im Juni geriet die französische Polizei mit Tausenden von Demonstranten aneinander, die den Bau einer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankreich und dem benachbarten Italien verhindern wollten.

Die von der Europäischen Union geförderte neue Strecke soll das französische Lyon und das italienische Turin mit einem 57,5 km langen Tunnel durch die Alpen verbinden. Die Kosten werden auf mehr als 26 Milliarden Euro geschätzt. Die Befürworter sprechen von einer erheblichen Entlastung des Straßengüterverkehrs, die Gegner dagegen von verheerenden Umweltschäden und dem bereits wegen der Bauarbeiten beginnenden Austrocknen von Quellen.

Ein Passagier an Bord der ersten Verbindung des European Sleeper im Mai. Foto: Eva Plevier/ANP/dpa

Bedenken wegen des Klimawandels führen zu einer Renaissance des Nachtzugs

Nachtzüge haben in Europa dank ihrer geringen CO2-Bilanz ein Comeback erlebt, doch nach jahrelanger Vernachlässigung hat diese Renaissance einen holprigen Verlauf genommen. „Der Betrieb von Nachtzügen ist sehr schwierig, komplex und teuer“, sagte der deutsche Denkfabrik-Analytiker Kosok und fügte hinzu, dass die Infrastruktur selbst nachts, wenn hauptsächlich Güterzüge die Schienen befahren, „überlastet“ sei .

Trotz der Herausforderungen geben die nationalen Bahnbetreiber den Nachtzügen eine neue Chance, und Start-ups springen auf den Zug auf, da die Sorge um das Klima die Reisenden dazu bringt, Kerosin-nutzende Flugzeuge durch sauberere Verkehrsmittel zu ersetzen. 

Die österreichische Bahngesellschaft ÖBB, ein Pionier in diesem Sektor, verfügt über die größte Nachtzugflotte Europas, die 1,5 Millionen Fahrgäste in Waggons mit Bettabteilen befördert. Das staatliche Unternehmen hatte schon mal erwogen, den Nachtzugverkehr einzustellen, entschied sich dann aber für den umgekehrten Weg und investierte stattdessen in diesen Bereich. „Unsere Nachtzüge sind fast ausgebucht“, sagte ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder, während die Sommerreisezeit in Europa in vollem Gange ist.

Über 25 Jahre gab es keine Nachfrage und keinen Bedarf an Nachtzügen.

ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder

Die ÖBB betreibt 20 Strecken, die Wien mit anderen Städten in ganz Europa verbinden. Im Jahr 2018 bestellte die ÖBB 33 neue Nachtzüge beim deutschen Mischkonzern Siemens, um ihre Reichweite zu erhöhen und einen Teil ihrer alternden Flotte zu ersetzen. Rieder räumt ein, dass die Qualität der Dienstleistung „heute nicht immer so hoch ist, wie wir es unseren Kunden bieten wollen“. Die Produktion sei zum Stillstand gekommen, da es „über 25 Jahre keine Nachfrage und keinen Bedarf an Nachtzügen gab“.  

Diese Einschätzung wird von den beiden Start-Up-Gründern von Zugunternehmen geteilt: Aumont sagte, der Service habe sich im Laufe der Zeit „verschlechtert“ und Engelman fügte hinzu, dass „der Zug nicht immer den modernen Standards entspricht“, und beschuldigt den „jahrzehntelangen Mangel an Investitionen“. In Österreich werden die ersten Züge – mit modernem Design, mehr Privatsphäre und mehr Duschmöglichkeiten – voraussichtlich Ende dieses Jahres für die ÖBB in Betrieb gehen.

Dieser Artikel wird wöchentlich veröffentlicht. Der Inhalt basiert auf Nachrichten der teilnehmenden Agenturen im enr.