Auf der Münchner Sicherheitskonferenz betonte der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Auswärtige Angelegenheiten, Josep Borrell, dass die geopolitische Agenda der EU von „drei geografischen Herausforderungen geprägt“ sei, „nämlich der Ukraine, dem Gazastreifen und dem globalen Süden“. Darüber hinaus habe die europäische Verteidigung unter „einer langen Zeit der stillen Abrüstung“ gelitten.
Er warnte, dass „Russland versucht sein“ werde, „seine politischen und militärischen Provokationen gegen NATO-Länder zu verstärken“. Er fügte hinzu: „Die Botschaft ist also klar: Uns erwartet ein russisches Problem.“
Der portugiesische Außenminister João Gomes Cravinho betonte am Dienstag, dass der russische Präsident Wladimir Putin „nicht nur ein Stück ukrainisches Territorium will, er will das europäische Projekt zerstören und deshalb ist es entscheidend, dass wir ihm nicht erlauben, in der Ukraine zu gewinnen“.
Der EU-Chefdiplomat Borrell betonte, dass „der Krieg in der Ukraine und in Gaza den politischen Raum des globalen Südens uns gegenüber enorm vergrößert“ habe. Eine Konfrontation zwischen „dem Rest gegen den Westen“ müsse vermieden werden, denn seit Israels Reaktion nach dem 7. Oktober sei die Position Russlands durch „dieses neue geopolitische Szenario (…) dramatisch gestärkt“, warnte er.
Angesichts des Krieges zwischen Israel und Hamas rief Borrell nach einem Treffen der Außenminister der EU am Montag zu mehr Einigkeit in der EU auf, wenn der Block eine geopolitische Rolle im Nahen Osten spielen wolle. Er sagte, er sehe eine „Zerstreuung der Ansätze und dass viele Mitgliedstaaten ihr eigenes Spiel spielen wollen“.
Ungarn legt Veto gegen humanitäre Pause im Gaza-Streifen ein
Auf der Tagung des Rates für „Auswärtige Angelegenheiten“ am Montag forderten alle EU-Länder mit Ausnahme Ungarns eine „sofortige humanitäre Pause, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand, zur bedingungslosen Freilassung der Geiseln und zur Bereitstellung humanitärer Hilfe führen würde“. Obwohl die Abstimmung Einstimmigkeit erforderte, erreichte zum ersten Mal seit dem 7. Oktober 2023 die große Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten einen Konsens für einen Waffenstillstand in Gaza.
„Ich weiß sehr wohl, dass es keine Position der Europäischen Union gibt, wenn keine einstimmige Entscheidung vorliegt. Aber es kann eine ausreichende Mehrheitsposition geben, die, ohne formell eine Position der Europäischen Union zu sein, die Mehrheitsposition darstellt. Und bei 26 von 27 bedeutet das das auf jeden Fall,“ sagte Borrell.
Sanktionen gegen israelische Siedler im Westjordanland
Nachdem Ungarn am Montag Sanktionen gegen israelische Siedler, die Palästinenser im Westjordanland angegriffen haben, abgelehnt hat, beschlossen Spanien, Frankreich, Irland und Belgien nun, im Alleingang diese Sanktionen zu verhängen.
„Ich habe während des Treffens darauf [auf Einstimmigkeit] gedrängt, aber ein Staat wollte nicht mitmachen. Wir waren 26, die zugestimmt haben“, sagte der spanische Außenminister José Manuel Albares.
Die spanische Regierung bereite eine erste Liste mit Dutzenden von Personen vor, die Gewalttaten gegen Palästinenser im Westjordanland verübt haben, so Albares. Zu den Sanktionen gehöre ein Einreiseverbot nach Spanien.
Andere europäische Länder wie Irland und Belgien haben ebenfalls ihre Bereitschaft signalisiert, Sanktionen gegen einzelne Siedler zu verhängen, wie bereits die Vereinigten Staaten vor ihnen.
Gleichzeitig versicherte Albares, dass Spanien weiterhin mit dem UNO-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) zusammenarbeiten werde, und bestätigte, dass ein neues Finanzpaket zusätzlich zu den bereits angekündigten 3,5 Millionen Euro und den im Dezember bereitgestellten zehn Millionen Euro vorbereitet werde.
„Die Arbeit dieser Organisation ist unerlässlich, um den Bedürfnissen von fast sechs Millionen vertriebenen Palästinensern nachzukommen“, nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im Westjordanland und in anderen Ländern der Region, sagte er. Albares betonte, dass diese Rolle durch „nichts zu ersetzen“ sei.
Albares wies darauf hin, dass er darum gebeten habe, zu überprüfen, ob eine mögliche Verletzung des humanitären Völkerrechts durch Israel auf der Grundlage des Assoziierungsabkommens des Blocks mit diesem Land vorliege.
EU-Mission im Roten Meer, nach zwei Angriffen auf US-Schiff
Als Reaktion auf die Angriffe der vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen im Jemen auf die Route durch das Rote Meer hat die EU am Montag beschlossen, eine offizielle Marinemission zum Schutz der Schifffahrt in diesem Gebiet zu starten. Dutzende von Houthi-Angriffen haben den Schiffsverkehr im Roten Meer in Aufruhr versetzt und einige Unternehmen dazu gezwungen, alternative Routen zu wählen, zum Beispiel einen zweiwöchigen Umweg um die südliche Spitze Afrikas.
Die Houthis schikanieren die Schiffe auf dieser lebenswichtigen Wasserstraße seit November mit ihrer Offensive, um „Solidarität mit den Palästinensern in Gaza während des Krieges zwischen Israel und der Hamas“ zu zeigen.
Die Europäische Union plant, ihre Mission mit dem Titel Aspides (altgriechisch für „Schild“) in „wenigen Wochen“ mit mindestens vier Schiffen zu beginnen, so ein Beamter am 16. Februar 2024.
„Europa wird die Freiheit der Schifffahrt im Roten Meer sicherstellen und dabei mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten,“ sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, in einem Beitrag auf X.
„Die ständigen Angriffe der Houthi-Rebellen bedrohen den Welthandel und gefährden natürlich auch unsere Schiffe. Und ich sage ‚unsere Schiffe‘, weil Griechenland die größte Flotte aller anderen Länder in Sachen Handelsschifffahrt hat. Deshalb hat sich Griechenland sofort für ein koordiniertes Vorgehen eingesetzt, indem es das reguläre Kommando der europäischen Verteidigungsoperation ‚Aspides‘ vom Hauptquartier in Larissa übernommen hat“, sagte der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis.
Die Vereinigten Staaten führen bereits ihre eigene Marine-Koalition in dem Gebiet an und haben Vergeltungsschläge auf Ziele der Houthi im Jemen durchgeführt, ebenso wie Großbritannien.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi erklärte, dass die Einnahmen aus dem Suezkanal, der das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbindet, in diesem Jahr schon um „40 bis 50 Prozent“ zurückgegangen seien. Der Kanal, der im Finanzjahr 2022-23 8,6 Milliarden Dollar (7,95 Millionen Euro) einbrachte, ist eine wichtige Devisenquelle für Kairo, das unter einer schweren Finanzkrise leidet.
Bisher haben Frankreich, Deutschland, Italien und Belgien angekündigt, dass sie Schiffe zur Verfügung stellen wollen. Der Gesamtkommandant der EU-Mission wird ein Grieche sein, während der leitende Offizier für die operative Kontrolle auf See ein Italiener sein wird.
Die EU erklärte, dass das Mandat der Mission, das zunächst auf ein Jahr befristet ist, auf den Schutz der zivilen Schifffahrt im Roten Meer beschränkt ist und dass keine Angriffe „auf jemenitischem Boden“ durchgeführt werden.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht den gefährlichen Einsatz der Fregatte „Hessen“ im Roten Meer als Zeichen, dass Deutschland bereit und in der Lage ist, internationale Verantwortung zu übernehmen. Er bezeichnete den Einsatz aber auch als „den gefährlichsten Einsatz der Marine seit Jahrzehnten“.
Die Ostflanke der NATO: Bulgarien und die Tschechische Republik
Im Anschluss an die Münchner Sicherheitskonferenz erklärte der bulgarische Ministerpräsident Nikolay Denkov nach einem Gespräch mit US-Außenminister Anthony Blinken, Bulgarien sei ein Schlüsselland bei den Bemühungen um den Schutz der Schwarzmeerregion und der Ostflanke der NATO.
Der bulgarische Premierminister wies darauf hin, dass die aktuellen Probleme als Chance für die Entwicklung der Region und für eine stabilitätssichernde Positionierung Bulgariens und der NATO genutzt werden könnten. „Wir sind sehr engagiert und deshalb sind wir mit Mariya Gabriel [Bulgariens stellvertretende Ministerpräsidentin] hier, um dort zusammenzuarbeiten, wo Bulgarien hingehört – in die Strukturen Europas und der NATO, als zuverlässiger Partner“, betonte Denkov.
Der tschechische Präsident Petr Pavel sagte am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die Tschechische Republik habe im Ausland Quellen für Hunderttausende von Artilleriegeschossen gefunden. Diese könnten innerhalb von Wochen an die Ukraine geliefert werden, wenn sein Land und dessen Partner in den Vereinigten Staaten, Deutschland, Schweden oder anderen Ländern die Finanzierung sicherstellen können. Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová fügte hinzu, dass die Länder, die bei den Munitionslieferungen kooperieren könnten, ihre Teilnahme an der Konferenz davon abhängig machen, dass keine spezifischen Details über diese Lieferungen bekannt würden.
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