Brüssel/Straßburg (dpa) – Die neue Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament warnt vor einer zunehmenden Bedeutung von Rechtsextremen in der EU. «Wir haben wachsende rechtsextreme, antieuropäische, autoritäre Bewegungen», sagte Terry Reintke mit Blick auf die Wahlen in Schweden und Italien zur Deutschen Presse-Agentur. Das werde auch Einfluss auf gemeinsame Entscheidungen der EU-Staaten haben, so die 35-Jährige.
«Da wird es für uns sehr wichtig sein als Europäisches Parlament, uns da ganz klar gegen zu positionieren und eben die Grundwerte der Europäischen Union verteidigen – also Dinge wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte.» Dazu wolle sie als Vorsitzende beitragen.
Die rechtsradikalen Fratelli d’Italia in Italien sind bei der Wahl Ende September klar stärkste Partei geworden. Parteichefin Giorgia Meloni verhandelt derzeit mit der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Forza Italia über die Besetzung der Ministerien. In Schweden hatte bei der Wahl am 11. September der Vier-Parteien-Block des konservativen Ulf Kristersson einschließlich der rechtspopulistischen Schwedendemokraten mit 176 Mandaten eine knappe Mehrheit erreicht. (16. Oktober)
Scholz kann sich EU mit 36 Staaten vorstellen
Berlin (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich auf dem Kongress der europäischen Sozialdemokraten für eine Reform und Erweiterung der Europäischen Union stark gemacht. «Eine geeinte Europäische Union aus 27, 30, 36 Staaten mit dann mehr als 500 Millionen freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern kann ihr Gewicht in dieser Welt noch stärker zur Geltung bringen», sagte der Kanzler vor knapp 300 Delegierten der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) in Berlin. «Dass die EU weiter in Richtung Osten wächst, ist für uns alle ein Gewinn.»
Der Kanzler betonte, dass auch die EU selbst sich verändern müsse, um eine Erweiterung zu ermöglichen. Er warb dafür, das Prinzip der Einstimmigkeit für bestimmte Entscheidungen in der Außenpolitik, aber auch in anderen Bereichen wie der Steuerpolitik schrittweise abzuschaffen. «Ich weiß, dass wir da noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen», sagte der SPD-Politiker.
«Wenn ein geopolitisches Europa unser Anspruch ist, dann sind Mehrheitsentscheidungen ein Gewinn und kein Verlust an Souveränität.»
Olaf Scholz
Der EU gehören 27 Staaten an. Es gibt derzeit sieben Beitrittskandidaten. Dazu gehören seit vielen Jahren die Balkanstaaten Albanien, Montenegro, Serbien und Nordmazedonien sowie die Türkei, mit der die Beitrittsverhandlungen aber auf Eis liegen. Im Juni sind die Ukraine und Moldau hinzugekommen. Bosnien-Herzegowina und Georgien haben sich um einen Kandidatenstatus beworben, das Kosovo plant einen Beitrittsantrag. (16. Oktober)
Deutsch-französischer Druck für EU-weites Ende des Kükentötens
Berlin (dpa) – Deutschland und Frankreich machen Druck für ein EU-weites Ende des massenhaften Kükentötens in der Legehennenhaltung. Bundesagrarminister Cem Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur: «In Europa werden noch immer hunderte Millionen männlicher Küken pro Jahr getötet.» Es sei an der Zeit, dem endlich europaweit einen Riegel vorzuschieben. In Deutschland sei die Praxis seit Jahresbeginn Geschichte, das Verbot sei auch höchste Zeit gewesen. «Ein EU-weites Verbot wäre ein Quantensprung für den Tierschutz in Europa und sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen», sagte der Grünen-Politiker.
Bei den Beratungen der EU-Agrarminister an diesem Montag wollen Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Erklärung dazu einbringen, wie das Ministerium in Berlin mitteilte. Die Initiative ziele darauf, ein Verbot des Tötens männlicher Küken in die Überarbeitung der europäischen Tierschutzgesetzgebung aufzunehmen, die die EU-Kommission für das kommende Jahr angekündigt habe. Sie wird demnach auch schon von mehreren anderen Mitgliedsstaaten unterstützt.
In Deutschland greift seit 1. Januar 2022 ein Verbot des Kükentötens, das noch die vorherige Bundesregierung festgelegt hatte. Stattdessen sollen Verfahren eingesetzt werden, um das Geschlecht schon im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen. Ab Anfang 2024 folgt eine zweite Gesetzesstufe. Erlaubt sind dann bei der Geschlechtsbestimmung nur noch Methoden, die früher funktionieren – tabu werden Eingriffe ab dem 7. Tag des Bebrütens.
In Deutschland waren zuvor jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet worden, weil sie für Brütereien wirtschaftlich nicht lohnend sind. Denn sie legen keine Eier und setzen nicht so viel Fleisch an. (16. Oktober)
Scholz berät mit Kollegen aus Spanien und Portugal über Energiefragen
Berlin (dpa) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit den Regierungschefs von Spanien und Portugal, Pedro Sánchez und António Costa, über die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Energieversorgung Europas beraten. Sie einigten sich bei dem Treffen in Berlin auf die Bedeutung gemeinsamer europäischer Antworten auf die hohen Energiepreise, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitagabend mitteilte.
Alle drei hoben demnach hervor, wie wichtig die Diversifizierung der Energiequellen ist, um Europas Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dabei betonten sie die hohe Bedeutung des beschleunigten Baus länderübergreifender Energieleitungen innerhalb der EU, einschließlich grüner wasserstofffähiger Gasinfrastrukturen. Hintergrund dürften die Differenzen mit Paris über den Bau einer neuen Gasröhre von Spanien über die Pyrenäen sein, die Frankreichs Präsident Emmanuel Macron skeptisch sieht. Deutschland und Spanien sind für den Bau. (14. Oktober)
Europäische Staatsanwaltschaft ermittelt zu Impfstoff-Käufen der EU
Luxemburg (dpa) – Die milliardenschweren Corona-Impfstoff-Käufe der EU sind ins Visier der Europäischen Staatsanwaltschaft geraten. «Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) bestätigt, dass sie Ermittlung über den Erwerb von Covid-19-Impfstoffen in der Europäischen Union führt», teilte die Behörde am Freitag mit. Diese Bestätigung erfolge «aufgrund des extrem hohen öffentlichen Interesses». Weitere Einzelheiten würden zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt gegeben.
Während der Pandemie hatte die EU-Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Verträge über Hunderte Millionen Dosen Impfstoff verhandelt und abgeschlossen. Das Vorgehen stand immer wieder in der Kritik, weil die Verträge nur teilweise öffentlich gemacht worden sind oder weil es Verzögerungen bei der Lieferung des Impfstoffs gab.
Wozu die Staatsanwaltschaft nun genau ermittelt, blieb unklar. Besonders kritisiert wird seit Monaten vor allem ein Deal über bis zu 1,8 Milliarden Dosen von Biontech/Pfizer vom Frühjahr 2021. Das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die «New York Times» berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für den Abschluss entscheidend. Dabei sollen sie auch SMS ausgetauscht haben. Einsicht in die fraglichen Textnachrichten lehnte die EU-Kommission gegenüber Journalisten ab. Auch dem Europäischen Rechnungshof legte die Behörde einem Bericht von September zufolge angefragte Informationen zu dem Geschäft nicht vor. (14. Oktober)
Diese Zusammenstellung ist eine redaktionelle Auswahl auf der Grundlage der Europa-Berichterstattung der dpa. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei der dpa. Der EU Digest erscheint jeweils montags und donnerstags.