Brüssel – Für Bundeskanzler Karl Nehammer ist Österreich ein Autoland. Für Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (beide ÖVP) liegt der Fokus naturgemäß etwas anders: „Österreich ist ein Tourismusland. Ohne Tourismus würde uns ein großer Teil der Wirtschaftsleistung fehlen“, erklärte sie am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten in Brüssel, wo sie heute anlässlich des European Tourism Day an einer Paneldiskussion teilnehmen wird.
Arbeitsmarkt, Nachhaltigkeit und Digitalisierung nannte sie als die derzeit größten Herausforderungen im Tourismus. Fehlende Arbeitskräfte in Tourismusbetrieben seien ein EU-weites Problem, dem man im Ausbildungsbereich, auf der unternehmerischen Ebene (etwa durch attraktivere Arbeitsbedingungen und bessere Mitarbeiterführung), aber auch durch Schaffung von besseren Rahmenbedingungen seitens der Politik begegnen müsse. Ähnlich wie im Bereich der Pflegekräfte müsse man sich auch im Tourismus um qualifizierte Zuwanderung bemühen. Klar sei: „Der Tourismus wächst weiter. Durch immer mehr neue Angebote und verstärkte Hinwendung zum Qualitätstourismus entstehen auch weiterhin neue Arbeitsplätze.“
Nachhaltigkeit sei im Tourismus etwa in der Frage der Mobilität ein großes Thema – nicht nur bei der An- und Abreise, bei der die Bahnkapazitäten im Fernreiseverkehr limitiert und die Fluglinien etwa bei der Verwendung synthetischer Kraftstoffe gefordert seien. Auch die „last mile“ vor Ort sei wichtig – weswegen Kraus-Winkler etwa bei den Verantwortlichen für die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 die Entwicklung eines Mobilitätskonzepts angestoßen hat.
Im Bereich der Digitalität setzt die Staatssekretärin etwa auf die EU-Initiative zu kurzfristigen Vermietungen, mit der europaweit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter von Beherbergungsdiensten sichergestellt werden sollen. Die „Short-Term Rental Initiative“ soll von der kommenden spanischen Ratspräsidentschaft vorangetrieben werden. Zu Gesprächen darüber wird Kraus-Winkler in Brüssel auch ihre ebenfalls aus der Tourismusbranche kommende spanische Amtskollegin Rosana Morillo treffen.
Die derzeitigen Kontrollen an der österreichisch-slowenischen Grenze nannte Kraus-Winkler „aus touristischer Sicht nicht so gut“. Es sei „ein sehr sensibles politisches Thema“, aber im Augenblick kein praktisches Problem: „Es gibt keine großen Beschwerden von Gästen.“
Am kommenden Dienstag wird es in Österreich einen Runden Tisch über die Zukunft des Wintertourismus geben. Man habe zwar gerade einen „sehr schneereichen Winter mit extrem zufriedenen Gästen“ hinter sich, doch sei klar, dass die Regionen, in denen Skifahren „möglich und sinnvoll“ sei, in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels weniger würden. „Wir werden uns überlegen müssen, in tieferen Regionen mit Herbstangeboten wie Mountainbiken auch in den Winter reinzugehen“, so die Tourismus-Staatssekretärin. (5.5.2023)
Schallenberg: „Wir wollen gemeinsame Asylpolitik mit Italien“
Florenz/Wien – Österreich will mit Italien eine gemeinsame Asylpolitik vorantreiben. Dies betonte Außenminister Alexander Schallenberg bei der Konferenz „The State of The Union“ am Freitag in Florenz. „Beim Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer in Rom am Dienstag wurde betont, dass wir mit unseren italienischen Freunden zusammenarbeiten wollen. Wir wollen eine gemeinsame Asylpolitik, die wirklich funktioniert, um nicht alle zwei bis drei Jahre mit neuen Migrationskrisen konfrontiert zu werden, während der Rest Europas tatenlos zusieht“, betonte Schallenberg laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.
Europa habe bisher nur in bestimmten Situationen Einigkeit und Solidarität gezeigt, wie etwa im Krieg in der Ukraine, nicht aber zum Beispiel bei der Migrationsfrage. „Jetzt gibt es eine Krise in Italien, aber die meisten anderen Länder schauen passiv zu. Letztes Jahr hatte Österreich den höchsten Prozentsatz an Asylbewerbern pro Kopf in Europa, jetzt müssen andere Länder mit dieser Situation fertig werden. Das nächste Mal könnten die Slowakei oder Spanien an der Reihe sein“, so Schallenberg weiter. Er rief die EU-Partner dazu auf, „mehr miteinander zu reden“ und gemeinsame Notlagen nicht zu unterschätzen.
Bundeskanzler Nehammer war am Dienstag zu einem Arbeitsgespräch mit der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni gereist. Dabei bekräftigten die beiden Regierungschefs die Absicht zur Zusammenarbeit in Europa zur Bewältigung der Migrationsproblematik. (5.5.2023)
Post-Daten – EuGH: Kein Schadenersatz bei bloßem Verstoß gegen DSGVO
Luxemburg/Brüssel – Der bloße Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) begründet keinen Schadenersatz. Zu diesem Schluss kamen die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg in einem am Donnerstag veröffentlichtem Urteil. Allerdings stellten sie auch fest, der Schadenersatz hänge nicht davon ab, dass der entstandene immaterielle Schaden eine gewisse Mindestschwelle übersteige. Hintergrund ist ein Datenskandal bei der teilstaatlichen Österreichischen Post.
Im Jahr 2019 wurde publik, dass die Post Kundenadressen einer parteipolitischen Präferenz zuordnete. Die Post sah kein Vergehen, die Daten seien anonymisiert erhoben worden. Ein Betroffener sah das anders und verlangte 1.000 Euro Schadenersatz.
Daraufhin wandte sich der Oberste Gerichtshof in Wien an den EuGH, um die Frage zu klären, ob bei der Verletzung des Datenschutzes auch dann Schadenersatz eingeklagt werden kann, wenn immaterieller Schaden entstanden ist. Der Kläger hatte vorgebracht, dass die ihm zugeschriebene politische Affinität eine Beleidigung sowie beschämend und kreditschädigend sei. Das Verhalten der Post AG habe bei ihm das Gefühl einer Bloßstellung ausgelöst.
In der Angelegenheit liegen bereits zwei Urteile vor. Das Erstgericht wies den Schadenersatzanspruch ab, das Berufungsgericht bestätigte dies. Es führte aus, dass nicht mit jedem Verstoß gegen den Datenschutz automatisch ein Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden einhergehe. Gegen das Urteil wurde Revision beim Obersten Gerichtshof eingelegt, der sich wiederum im Mai 2021 an den EuGH wandte.
Nach dem EuGH-Urteil wandert die Causa wieder zurück an die heimische Justiz, die über die konkrete Klage entscheiden muss. Sie ist dabei an die Rechtsauslegung des EuGH gebunden.
Das Urteil sei das erste des EuGH zur Haftung nach der DSGVO und habe erhebliche praktische Bedeutung für eine effiziente Durchsetzung der DSGVO, so der VKI. Zehn weitere Vorabentscheidungsverfahren sind beim EuGH zur Thematik derzeit noch anhängig. (4.5.2023)
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