Wien – Eine Mehrheit der Österreicher befürwortet laut einer aktuellen Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) eine einheitliche Linie der EU zur Unterstützung der Ukraine. 29 Prozent der Befragten erklärten, dass die Sanktionen gegen Russland weiter verschärft werden sollten. 20 Prozent halten die bisher von der EU gesetzten Maßnahmen für ausreichend. Etwa ein Viertel (26 Prozent) erachtet die Maßnahmen für zu hart, ein weiteres Viertel ist sich unsicher.
Dass die EU-Mitgliedstaaten eine einheitliche Linie in der Unterstützung der Ukraine einnehmen, halten laut der von 26. bis 28. September durchgeführten Umfrage 30 Prozent der Österreicher für „sehr wichtig“ und 25 Prozent für „eher wichtig“. Für 13 Prozent der Befragten ist dies „eher nicht“ und für 14 Prozent „gar nicht wichtig“. Ein knappes Fünftel äußerte sich nicht dazu (18 Prozent). „Die Zahl jener, die die Sanktionen gegen Russland beibehalten oder ausbauen wollen, ist höher als jene, die sie zurückfahren möchten“, analysierte ÖGfE-Generalsekretär Paul Schmidt das Ergebnis.
Schmidt hält es für wichtig, „mit transparenter und faktenbasierter Kommunikation den wachsenden Sorgen entgegenzuwirken“. Die Maßnahmen der EU würden zwar nur von einer Minderheit in Österreich dezidiert in Frage gestellt, „viele sind dennoch unsicher, ob und wann die Maßnahmen ihre Wirkung entfalten werden. Sanktionen brauchen jedoch Zeit und werden Russland letztlich stärker schaden als der EU. Schon jetzt fehlen Russland wichtige Technologien und Ersatzteile, und Prognosen gehen für heuer von einem massiven Rückgang des russischen Bruttoinlandsprodukts aus“, sagte der ÖGfE-Generalsekretär.
„Die Einigkeit ist Europas wichtigstes Atout, um dem russischen Angriff Einhalt zu bieten“, so Schmidt. Gerade jetzt müsse sich die EU als solidarische Gemeinschaft und Gegenmodell zu Autoritarismus und Repression positionieren. Versuche, einen Keil in die europäische Geschlossenheit zu treiben, nützten einzig den Ambitionen Moskaus.
Abgefragt wurde in der Umfrage auch die Einstellung der Österreicher zur „Europäischen Politischen Gemeinschaft“, einem neuen Format von EU- und Nicht-EU-Staaten in Europa, das sich am Donnerstag erstmals in Prag trifft und das in Bereichen wie Sicherheit und Verteidigung, Energie, Gesundheit und Wirtschaft enger zusammenarbeiten will. Diese Idee wird laut der Umfrage von 42 Prozent der Befragten gutgeheißen, 26 Prozent lehnen sie hingegen ab. Ein Drittel kann sich hierzu noch keine Meinung bilden.
Die Umfrage wurde vom Market-Institut von 26. bis 28. September im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden österreichweit 1.000 Personen im Alter von 16 bis 80 Jahren online. Die maximale statistische Schwankungsbreite beträgt 3,16 Prozent. (6.10.2022)
EU-Erweiterung – Edtstadler: „Nicht auf Westbalkan vergessen“
Warschau – Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat auf dem Warsaw Security Forum darauf gedrängt, die EU-Beitrittsperspektive der Westbalkanländer nicht aus den Augen zu verlieren: „Wir wussten, es war wichtig, der Ukraine den Beitrittsstatus jetzt zu geben. Aber wir sollten nicht auf die Westbalkan-Länder vergessen“, sagte sie auf einem Panel mit dem kroatischen Außenminister Gordan Radman am Dienstag.
Für Radman steht indes fest, dass die EU „präsenter“ sein müsste in den betreffenden Staaten. Andernfalls steige der Einfluss von Russland oder China, warnte er. Geografisch gehörten diese Länder zu Europa. Es sei „harte Arbeit“, die Beitrittskriterien müssten erfüllt werden. „Aber die Perspektive ist für die Gesellschaft gut“, sagte Radmann und nannte als Beispiel den Kampf gegen Korruption. Wenn man in einem Klub sei, teile man dieselben Werte. Und es sei „in unserem Interesse, keine instabilen Nachbarn“ zu haben.
Albanien und Nordmazedonien haben laut Edtstadler „so viel getan“, um der EU näherzukommen. Ein Justizsystem zu reformieren, sei ein „harter Schritt“. Die EU könne nicht die Aufgaben der betreffenden Länder übernehmen. „Wir dürfen aber nicht die Karotte unerreichbar vor ihnen halten.“ Die Westbalkan-Staaten müssten „auch aus Sicherheitsgründen“ integriert werden. (4.10.2022)
Karas spricht sich für „offene und ehrlich gelebte“ Energieunion aus
Straßburg – Der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), hat sich für eine EU-Energieunion ausgesprochen: „Europa braucht eine offene und ehrlich gelebte Energieunion“, sagte Karas in einem Online-Gespräch am Rande der Plenarwoche des EU-Parlaments am Mittwoch. Vorschläge für ein „Maßnahmenbündel“ werde die EU-Kommission am Freitag präsentieren. Dieses umfasse etwa ein gemeinsames Beschaffungswesen, einen Preiskorridor oder eine Vernetzung der Infrastruktur.
Dazu könnte etwa auch eine Entkoppelung von Gaspreis und Strompreis gehören und damit die faktische Aussetzung des bisher auf dem EU-Strommarkt geltenden Merit-order-Prinzips, bei dem der Preis des teuersten Energieträgers den gesamten Marktpreis bestimmt. Vorübergehend sei laut den Vorschlägen bis zur Umstellung des Preisbildungsmechanismus „eine Art Preisdeckel“ denkbar. Das Europäische Parlament werde seinerseits zu dem Thema „eine umfassende Resolution vorbereiten“, kündigte Karas an.
Der ÖVP-Europapolitiker begrüßte das jüngst beschlossene achte EU-Sanktionspaket gegen Russland und sprach sich seinerseits für schärfere Sanktionen aus. Auf die Frage, worin diese bestehen sollten, äußerte er sich allerdings nicht konkret. Man müsse etwa „Lücken schließen“ und den Export von Hochtechnologien weiter reduzieren. „Das Ziel muss sein, dass aus Westeuropa die Kriegskasse (Russlands) nicht gefüllt wird“, betonte Karas. Österreich mache mit seinem Einstehen für die Sanktionen klar, „dass es keine Neutralität zwischen Krieg und Frieden, Demokratie und Diktatur“ geben könne.
Der ÖVP-Politiker hatte in der Vorwoche die ukrainische Hauptstadt Kiew besucht und zeigte sich von der „Entschlossenheit und dem Durchhaltewillen“ der ukrainischen Bevölkerung „tief beeindruckt“. Den just zu diesem Zeitpunkt erfolgten offiziellen Beschluss der Annexion von Gebieten in der Ost-Ukraine durch Russland verurteilte er als „historisches Unrecht“.
Angesichts des weiterhin bestehenden Reformbedarfs in der Ukraine betonte Karas die Bereitschaft des EU-Parlaments, für den Aufbau rechtsstaatlicher, demokratischer Strukturen und die Stärkung des Parlamentarismus Hilfe zu leisten. Auch die nationalen Parlamente könnten dabei mithelfen, unterstrich er. Gleichzeitig sei ein ukrainischer EU-Beitritt nur bei Erfüllung aller Voraussetzungen möglich und bedürfe noch „großer Reformen“, so Karas. (6.10.2022)
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