Auch bei der Europäischen Union (EU) haben die Krisen der vergangenen Jahre ihre Spuren hinterlassen. Nach Corona-Pandemie, Ukrainekrieg und Inflation sind die Löcher im Haushalt der Gemeinschaft so groß, dass die EU-Kommission von den Mitgliedsstaaten kürzlich mehr Geld forderte. Die im Internet kursierende Behauptung, die EU-Kasse sei schon vier Jahre vor dem Ende der laufenden Haushaltsperiode völlig leer, hält jedoch einer genaueren Prüfung nicht stand.

Bewertung

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die EU ihre Mittel von mehr als einer Billion Euro aus dem Haushaltsplan für die Jahre 2021 bis 2027 bereits nach zwei Jahren ausgegeben hat. Laut der Generaldirektion Budget der EU-Kommission wurde 2021 und 2022 zusammen etwa ein Viertel des insgesamt verfügbaren Budgets ausgegeben.

Fakten

Was derzeit durch die sozialen Netzwerken geistert, beruht vermutlich auf Tweets von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Am 29. Juni 2023 schrieb er kurz vor Beginn eines zweitägigen EU-Gipfels, Brüssel gehe nach nur zwei Jahren im Sieben-Jahres-Haushalt das Geld aus («Just 2 years into the 7-year budget, #Brussels is running out of money»).

Der Regierungschef erklärte in einem Video: «Wir wollen wissen, wer dafür verantwortlich ist, die Europäische Union an den Rand des Bankrotts zu bringen». Dass die eine Billion bereits weg sein soll, wie auf Facebook behauptet, sagte Orban allerdings nicht direkt.

Das Sieben-Jahres-Budget der EU – auch langfristiger Haushaltsplan («long-term budget») oder mehrjähriger Finanzrahmen («multiannual financial framework», MFF) genannt – ist der Gesamtetat für die Ausgaben der EU. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 beträgt dieser Haushaltsplan insgesamt 1,2 Billionen Euro. Zusammen mit dem Förderprogramm NextGenerationEU sind rund zwei Billionen Euro vorgesehen.

«In den Jahren 2021 und 2022 belaufen sich die Gesamtausgaben aus dem EU-Haushalt und NextGenerationEU auf 227 996,2 Millionen Euro bzw. 243 321 Millionen Euro», hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur aus der Generaldirektion Budget der EU-Kommission. Zusammen entspreche das etwa 23 Prozent der Gesamtmittel von MFF und NextGenerationEU bis 2027. Die Ausgaben der EU können auch online eingesehen werden – die Zahlen von 2022 finden sich dort aber bislang noch nicht.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte auf Nachfrage von Journalisten, Orban habe beim Gipfel Ende Juni nicht die Gelegenheit genutzt, sein Anliegen anzusprechen. Wenn er gefragt hätte, hätte sie geantwortet, dass «wir alle bezeugen können, dass die EU stark und wohlhabend ist und wir ein sehr transparentes System von Checks und Balances haben: den Rechnungshof, das Parlament, den Rat, um nur drei zu nennen», wird von der Leyen zitiert.

Gegenseitig geäußerte Kritik von Viktor Orban und der EU ist nichts Neues. Ende 2022 hatte sich eine große Mehrheit der EU-Staaten darauf verständigt, für Ungarn vorgesehene Zahlungen von 6,3 Milliarden Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt einzufrieren. Grund ist die Sorge, dass EU-Mittel wegen unzureichender Bekämpfung der Korruption in Ungarn veruntreut werden könnten.

Links

Facebook-Post (archiviert)

Tweet von Orban (archiviert)

Video von Orban (archiviert)

Euractiv-Artikel zu von der Leyen (archiviert)

Politico-Artikel (archiviert)

Spiegel-Artikel (archiviert)

EU Ausgaben(archiviert)

EU long-term budget

NextGenerationEU (archiviert)

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