EU-weit/Brüssel – Österreichische EU-Abgeordnete von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS bewerten den am Mittwoch von der EU-Kommission vorgestellten „Clean Industrial Deal“ für eine wettbewerbsfähigere und emissionsärmere Industrie grundsätzlich positiv. Die Omnibus-Vorschläge, die umwelt- und arbeitnehmerfreundliche Gesetze aufweichen, wurden in einem gemeinsamen Pressegespräch hingegen auch teils kritisch gesehen: Bürokratieabbau ja, aber mit Augenmaß, so die Parlamentarier.
Der Clean Industrial Deal (CID) verspreche „Reindustrialisierung und Dekarbonisierung unter einem Hut“, so ÖVP-EU-Delegationsleiterin Angelika Winzig. „Wenn wir das schaffen, ist es die größte Errungenschaft, die die EU je geschafft hat.“ Energieintensive Betriebe in Europa brauchten „dringend Unterstützung“ wegen hoher Energiekosten oder „Überbürokratisierung“. Auch für ihren SPÖ-Amtskollegen Andreas Schieder ist die „Frage der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gerade in Zeiten, wo von Seiten (US-Präsident Donald, Anm.) Trumps Handelskrieg und Ankündigungen von Zöllen“ drohen, besonders wichtig.
Schieder: Lage extrem ernst
Europa habe mit seinen wissenschaftlichen Leistungen und Patenten zwar „gute Voraussetzungen, auf alle Fragen, die auf uns zukommen, zu reagieren“, gab sich Schieder überzeugt. Die Lage sei aber trotzdem „extrem ernst“. Der CID sei daher ein „sehr wichtiger Ansatz“. Es sei „das Gebot der Stunde, das Unternehmertum zu entfesseln“, sagte NEOS-EU-Abgeordnete Anna Stürgkh. Sie begrüßt den „ganzheitlichen Ansatz“ der neuen Industriestrategie, die Energie, Finanzierung und Arbeitsplätze umfasst.
Europas Unternehmen würden im Durchschnitt doppelt soviel für Energie bezahlen wie ihre US-Kollegen, so Stürgkh. Sie fordert daher, die Energiewende voranzutreiben. Die Kommission will für grüne Technologien über 100 Mrd. Euro an Förderungen mobilisieren, sowie zusätzliche Garantien in Höhe von 1 Mrd. Euro im Rahmen des aktuellen mehrjährigen EU-Budgets. Die Förderungen sollen zudem schneller und unkomplizierter fließen können.
Schilling: Licht und Schatten
Die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling sieht in den heute präsentierten Gesetzesvorschlägen „Licht und Schatten“. Gut sei, dass es um eine klimagerechte Transformation der Industrie gehe und die Kommission weiterhin sage, „wir müssen unsere Klimaziele erreichen“. Es brauche eine „Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft“, es sei dabei „mehr als 5 nach 12“. Sie sieht aber auch „viel Frustration“, da sie sich lange für das EU-Lieferkettengesetz eingesetzt habe, das nun aufgeweicht werden soll.
Das EU-Lieferkettengesetz soll große Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Die Kommission hat heute im Rahmen ihres „Omnibus“-Pakets für weniger Bürokratie eine Verschiebung des Inkrafttretens um ein Jahr und inhaltliche Aufweichungen vorgeschlagen. Sie sei nicht gegen Bürokratieabbau, betonte Schilling: „Setzen wir uns zusammen und machen es besser. Aber setzen wir uns zusammen und sagen es ab, dafür bin ich nicht zu haben.“
Winzig begrüßt Teile der Änderungen am Lieferkettengesetz
Dem Bessermachen pflichtet ihre NEOS-Kollegin bei: „Wenn wir sicherstellen wollen, dass KMU in der großen Liga mitspielen können, müssen wir sicherstellen, dass sie das nicht mit gebundenen Händen tun.“
Bei der „Vielzahl an europäischen Regelungen muss man hinschauen, ob es nicht Widersprüchlichkeiten gibt“, so wiederum Andreas Schieder. Er sei aber gegen eine „Hühott-Politik“, wo man „mitten im Fluss die Pferde wechselt“. Er betont, die Omnibus-Vorschläge der Kommission müssten von Rat und Parlament noch abgesegnet werden; diese könne nicht „einseitig Gesetze ändern“. ÖVP-Politikerin Winzig begrüßt Teile der vorgeschlagenen Änderungen.
SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner, die das Lieferkettengesetz mitverhandelte und sich insbesondere für den Schutz von Arbeitnehmerrechten eingesetzt hatte, äußerte in einer Aussendung scharfe Kritik:“Unter dem Deckmantel von Vereinfachung und Bürokratieabbau wirft von der Leyen die am härtesten erkämpften EU-Erfolge für Umweltschutz und Arbeitsstandards unter den (Omni)Bus. (…) Unternehmen, die vorbildlich bereits angefangen haben, ihre Aktivitäten an die neuen Gesetze anzupassen, werden jetzt dafür bestraft.“ (27.02.2025)
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