Kiew – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat der von Russland angegriffenen Ukraine am Mittwoch weitere Unterstützung und Solidarität zugesagt. Österreich sei zwar militärisch neutral, aber nicht wertneutral, betonte Van der Bellen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymr Selenskyj in Kiew. Dieser bedankte sich für die humanitäre Hilfe Österreichs, übte aber auch Kritik.
So sei es inakzeptabel, dass Raiffeisen International (RBI) Soldaten in Russland Kreditstundungen gewähre, erklärte der ukrainische Präsident. Es sei wichtig gewesen, dass der Bundespräsident bei seinen Besuchen in Butscha und Borodjanka mit eigenen Augen gesehen habe, welche Zerstörungen und welches Leid die russischen Aggressoren in der Ukraine verursacht haben: „Man kann nicht neutral bleiben, wenn Menschen ums Leben kommen.“ Es müsse stärkere Sanktionen gegen Russland als Aggressor geben, forderte Selenskyj.
Selenskyj dankte für die humanitäre Hilfe Österreichs. Dennoch könnte sein Land auch andere Produkte, etwa zur Drohnenabwehr, benötigen. Außerdem könnte Österreich Hilfe bei der Entminung leisten. Immer noch würden in seinem Land Menschen bei der Explosion von Minen ums Leben kommen, die von den Russen gelegt worden seien, sagte Selenskyj. Van der Bellen erklärte infolge gegenüber österreichischen Journalisten, er denke nicht, dass eine Beteiligung des Bundesheers an der Entminung in einem Kriegsgebiet mit der Neutralität vereinbar sei.
Van der Bellen erklärte, das ukrainische Volk verteidige nicht nur sich selbst, sondern auch die europäischen Werte. Daher stehe Österreich an seiner Seite: „Das sind gemeinsame europäische Werte, das geht uns alle an.“ Der Bundespräsident erinnerte auch daran, dass er Selenskyj im Jahr 2020 in Wien empfangen habe. Seither sei die Welt eine andere, „der schreckliche Angriffskrieg hat alles verändert.“ Perspektiven auf ein rasches Ende Konflikts sah Van der Bellen nach dem Gespräch mit Selenskyj nicht. Er sehe keine Friedenstauben am Horizont, so der Bundespräsident.
Van der Bellen war Mittwoch früh in Begleitung von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) in Kiew eingetroffen. Vor seinem Treffen mit Selenskyj besuchte Van der Bellen in der Umgebung von Kiew gemeinsam mit Vertretern der Caritas, des Roten Kreuzes, des Gemeindebunds und der Volkshilfe Hilfsprojekte, die von diesen Organisationen unterstützt werden. (1.2.2023)
Nehammer begrüßt Zusage der EU-Kommission zu Grenzschutz
Wien – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat jüngste Aussagen der EU-Innenkommissarin Ylva Johansson begrüßt, die den Streit um EU-Mittel für Grenzzäune „pragmatisch“ lösen will. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt, dass unser Drängen auf konkrete Maßnahmen wichtig war“, erklärte Nehammer laut Aussendung am Mittwoch. Nehammer forderte, beim EU-Gipfel kommende Woche müssten konkrete Maßnahmen folgen, „damit wir illegale Migration verhindern können“.
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht ein „Einlenken der EU-Kommission beim Grenzschutz“. Er begrüßte, „dass die EU-Kommission ihre Aufmerksamkeit auf den Schutz der Außengrenzen richtet und auch die Finanzierung physischer Infrastruktur anspricht“. Dies sei „ein Ergebnis unserer hartnäckigen Überzeugungsarbeit auf europäischer Ebene“.
Die FPÖ kritisierte unterdessen, trotz Rekordasylzahlen werde die Finanzierung von baulichen Grenzvorkehrungen seitens der EU-Kommission weiterhin abgelehnt. „Für ÖVP-Bundeskanzler Nehammer ist die EU-Entscheidung eine klare Abfuhr, nachdem er sich in den letzten Wochen um eine Zwei-Milliarden-Euro-EU-Finanzierung für Bulgariens Grenzzeit bemüht hat“, sagte FPÖ-Europasprecherin Petra Steger laut Aussendung. Sie forderte „die Aussetzung des Asylrechts, Ausreisezentren und selbstverständlich auch baulichen Vorkehrungen an der Grenze“.
Johansson hatte am Dienstag in einem Interview mit der APA und anderen Medien des European Newsroom (ENR) in Brüssel betont, der Bau von Mauern und Stacheldrahtzäunen sei keine Lösung. „Aber wir müssen unsere Außengrenzen schützen und die EU-Mittel so effektiv wie möglich einsetzen, daher schließe ich physische Infrastrukturen nicht aus.“ Ihr Sprecher stellte später klar, dass es sich hierbei nicht um Zäune und Mauern handelt. Johansson stellte auch klar, die EU-Kommission könne nicht alles finanzieren, was sich die Mitgliedstaaten wünschten. Mit EU-Mitteln wird derzeit etwa Personal für den Grenzschutz finanziert.
Einige EU-Länder – darunter Österreich – fordern bereits seit langem, dass die EU-Kommission auch den Bau von Grenzzäunen an den EU-Außengrenzen finanziert. Zuletzt pochte Nehammer auf zwei Milliarden Euro der EU-Kommission für den Ausbau des Grenzzauns in Bulgarien. (1.2.2023)
Korruption – Österreich rutschte im internationalen Ranking weiter ab
Wien – Österreich ist wieder ein Stück korrupter geworden – das zeigt zumindest der internationale Korruptionsindex 2022 von Transparency International (TI). Im Vergleich zum Jahr 2021 hat Österreich weitere drei Punkte eingebüßt und ist damit aus den Top 20 – auf Rang 22 – abgerutscht. Österreich liegt damit nur mehr knapp vor Staaten wie den Seychellen, Taiwan oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Für die Organisation ist die Situation „besorgniserregend“.
Punkte werden etwa danach vergeben, ob eine Regierung Korruption erfolgreich eindämmt und ob korrupte Amtsträgerinnen und Amtsträger strafrechtlich verfolgt oder bestraft werden. Bestechung und Bestechlichkeit, Nepotismus, Entwendung öffentlicher Mittel, die effektive Strafverfolgung von korrupten Amtsträgern sowie wirksame Integritätsmechanismen im öffentlichen Sektor werden unter Korruption erfasst.
Österreich erhielt diesmal nur noch 71 von 100 Punkten. Die Tendenz des „Korruptionswahrnehmungsindex“ („Corruption Perceptions Index“) zeigt damit stetig nach unten: 2019 kam Österreich noch auf 77 Punkte. 2021 fuhr man mit 74 Punkten das bis dahin schlechteste Ergebnis seit 2014 ein.
Wie im letzten Jahr bleibt Dänemark auf Rang Eins. Neuseeland und Finnland erzielen „ex aequo“ den zweiten Platz. Die Schweiz verteidigte Rang sieben und Deutschland belegt Rang neun. Der Oman hat in diesem Jahr mit einem Minus von acht Punkten am meisten verloren. Der Staat landet auf Rang 69. Am Ende der Rangliste finden sich Südsudan und Syrien, mit jeweils 13 Punkten sowie Somalia mit 12 Punkten.
Für Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende TI-Austria, bekommt Österreich nun die Rechnung dafür präsentiert, dass die politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung bisher gar nicht oder nur sehr zögerlich in Angriff genommen haben. „Skandale auf höchster politischer Ebene wurden dazu genutzt, um politisches ‚Kleingeld‘ zu machen.“ Der Fokus sei lediglich auf Fehlverhalten Einzelner und strafrechtliche Relevanz gerichtet gewesen.
Im aktuellen Ranking noch nicht berücksichtigt sind die Mitte Jänner präsentierten Bemühungen der Regierung, Korruption einzudämmen – indem Lücken im Strafrecht geschlossen werden. Künftig wird damit der Kauf eines Mandats strafbar. Gleiches gilt, wenn Politiker oder Beamte für eine Position kandidieren und für den Fall ihrer Kür Versprechungen gegen Zuwendungen abgeben. Striktere Regeln gibt es auch für Vereine mit Politkontakten. (31.1.2023)
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